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Rechtsschutzmglichkeiten privater Rundfunkveranstalter
gegen die Programmexpansion ffentlich-rechtlicher Anstalten
Die Programmzahlbegrenzung nach 3 SWR-Staatsvertrag
auf dem Prfstand des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Wrttemberg*

von Dr. Patrick Mayer


Inhaltsbersicht:

I. Sachverhalt II. Prozessuale Fragen III. Materielle Rechtslage IV. Ausblick

Am 1. 1. 1998 ist der Staatsvertrag ber den Sdwestrundfunk (SWR-StV) in Kraft getreten[1]. Das Inkrafttreten eines mittlerweile zum dritten Mal novellierten Landesmediengesetzes[2] in Baden-Wrttemberg steht unmittelbar bevor[3].

In dieser Situation hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Wrttemberg (VGH) einen ausfhrlich begrndeten Beschlu verkndet, wonach ein privater Rundfunkveranstalter keine Mglichkeit hat, die Landesregierung zum Einschreiten gegen einen seiner Meinung nach bestehenden Versto gegen 3 Abs. 1 SWR-StV zu zwingen. Diese Vorschrift bestimmt, da der Sdwestrundfunk (SWR) in Baden-Wrttemberg vier Hrfunkprogramme veranstaltet.

Der Beschlu fllt mit einer politischen Diskussion ber die Frage zusammen, ob dem SWR neben den vorhandenen Programmen die Verbreitung seines derzeit nur versuchsweise ausgestrahlten Jugendprogramms "DasDing" gestattet werden soll[4].

Der Verwaltungsgerichtshof folgt mit seinem Beschlu auch nach dem Wechsel der Zustndigkeit fr Rundfunkfragen vom zehnten auf den ersten Senat weiterhin einer dem ffentlich-rechtlichen Rundfunk wohlgesonnenen Linie und hat sich den politischen Forderungen nach einer Begrenzung der Programmzahl beim ffentlich-rechtlichen Rundfunk soweit mglich entgegengestellt.

I. Sachverhalt

1. Vorgeschichte und Verfahrenssituation

Der Staatsvertrag ber den Sdwestrundfunk verfolgte neben der Strkung des Sdwestens in der (ffentlich-rechtlichen) Rundfunk-Landschaft der Bundesrepublik das politische Ziel, auch dem privaten Rundfunk in Baden-Wrttemberg greren Freiraum zu schaffen[5]. So erklrten Landesregierung und CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Wrttemberg, durch die Fusion sei die Mglichkeit geschaffen worden, die privaten Hrfunkveranstalter im Land mit mehr Frequenzen auszustatten[6]. Auch die gemeinsame Erklrung von SWR, Landesanstalt fr Kommunikation Baden-Wrttemberg (LfK) und Landeszentrale fr Privaten Rundfunk Rheinland-Pfalz (LPR) vom 14. 7. 1998 ("Mannheimer Erklrung") spricht davon, da zwanzig durch den Abbau von Doppel- und Mehrfachversorgungen freigewordene Frequenzen "fr private Veranstalter zur Verfgung stehen" und sich fr den Radiohrer "ein ausgeweitetes Angebot privater Programme bei einer nach wie vor guten Versorgung mit ffentlich-rechtlichen Programmen"[7] ergebe.

Diese Zielsetzung war auch im Verfahren der Staatsvertragsverhandlungen vorhanden und Gegenstand der Gesprche; sie wurde jedoch nicht Inhalt des Staatsvertrages selbst und ist auch in der Amtlichen Begrndung nicht angesprochen.

2. Frequenzsituation des SWR nach der SWR-Fusion

Nach der Fusion stellt sich die Situation des SWR bei der Ausstattung mit terrestrischen Frequenzen zur Verbreitung seiner Programme nach wie vor komfortabel dar. Trotz des erreichten Abbaus von Doppel- und Mehrfachversorgungen sind insbesondere die beiden Programme SWR 3 und SWR 4 aufgrund der in diese Programme eingefgten Regionalfenster in Teilen des Sendegebietes mehrfach zu empfangen. Aber auch bei den Programmen SWR 1 und SWR 2 bestehen berlappungen, die allerdings aufgrund der topografischen Situation und der Notwendigkeit einer flchendeckenden Versorgung der Bevlkerung technisch kaum vermeidbar sind.

3. Situation der privaten Veranstalter

Die privaten Hrfunkveranstalter in Baden-Wrttemberg fhren immer wieder Klage ber eine mangelhafte Frequenzausstattung. Diese Klagen sind jedoch nur teilweise und selten in der pauschalen Form gerechtfertigt, in der sie gefhrt werden. Insbesondere die Bereichssender, von denen einer im vorliegenden Verfahren vorgegangen ist, verfgen ber eine gute Abdeckung der von ihnen nach Magabe des Landesmediengesetzes und der Verbreitungsgebietsplanung der LfK zu versorgenden Gebiete[8].

Ihre Frequenzausstattung soll demgem nach den Planungen der LfK durch die in der "Mannheimer Erklrung" mit dem SWR ausgehandelten Frequenzen nur in besonderen Fllen weiter verbessert werden. Die freigewordenen Frequenzen sollen nach dem Willen der Politik und der LfK vielmehr fr die Zulassung eines vierten berregionalen privaten Hrfunkprogramms in Baden-Wrttemberg verwendet werden[9]. Dieses Programm soll sich - wie "DasDing" - vorwiegend an "junge Menschen" wenden[10]. Eine nhere Definition des Begriffes "jung" wird nicht gegeben; offen bleibt, ob damit eine Zielgruppe unterhalb oder parallel zu den von SWR 3 auftragsgem ( 3 Abs. 1, 2. Spiegelstrich, SWR-StV) angesprochenen "jngeren Menschen" gemeint ist. Faktisch liegt der Altersdurchschnitt der SWR 3-Hrer dem Vernehmen nach deutlich ber 30; vom Programmchef werden die 20- bis 39jhrigen Zuhrerinnen und Zuhrer als Kernzielgruppe bezeichnet[11].

4. Sachverhaltsfeststellungen des Gerichts

Der VGH beschrnkt sich in seinem Beschlu auf die Feststellung, da der SWR zur Veranstaltung von sechs Hrfunkprogrammen verpflichtet sei, wovon es sich bei jeweils zweien um Programme fr Rheinland-Pfalz bzw. Baden-Wrttemberg handele (SWR 2 und SWR 4) und bei zwei weiteren um gemeinsame Programme fr beide Lnder (SWR 1 und SWR 3)[12]. Fr die Verbreitung von SWR 3 verfge der SWR ber 43 Frequenzen, darunter zwei mit Standort Stuttgart, sowie zwei Kurzwellen-Frequenzen. Auf beiden Stuttgarter Frequenzen verbreite der SWR von Montag bis Freitag in der Zeit von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr und von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr sowie samstags in der Zeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr ein Programmangebot mit der Bezeichnung "SWR 3 Metro Stuttgart" (RDS-Kennung "SWR 3 STG"). Daneben sei in Stuttgart je nach der rtlichen Empfangssituation weiterhin das SWR 3-"Hauptprogramm" (ohne das "Metro-Fenster" Stuttgart) auf anderen Frequenzen empfangbar.

II. Prozessuale Fragen

Gegen die Veranstaltung und Verbreitung der unterschiedlichen Programmvarianten des Programmes SWR 3 in Stuttgart wandte sich die Antragstellerin. Sie veranstaltet ein privates Hrfunkprogramm fr die Region Wrttemberg (Bereichssender), das sich an eine mit SWR 3 vergleichbare Zielgruppe junger Erwachsener wendet. Sie ist der Auffassung, die Verbreitung der Programmfenster in dem dargestellten zeitlichen Umfang stelle keine Fensterprogramme, sondern unzulssige zustzliche Programme des SWR dar. Damit und mit den erheblichen Gebietsberschneidungen der vorhandenen Sender verstoe der SWR gegen die Programmzahlfestsetzungen in 3 Abs. 1 SWR-StV.

Die Ast. hatte zunchst ein Eingreifen der Rechtsaufsicht (Land Baden-Wrttemberg) beantragt; nachdem dies vom Staatsministerium Baden-Wrttemberg abgelehnt worden war, hatte sie beim VG Stuttgart erfolglos einen Eilantrag auf eine entsprechende Verpflichtung des Landes gestellt und diesen in der Beschwerde beim VGH weiterverfolgt.

Der VGH hielt die Beschwerde fr zulssig, aber unbegrndet.

1. Antragsbefugnis

Der VGH bejaht die Antragsbefugnis der Ast. Dabei war das Problem zu lsen, da dessen Antragsbefugnis eng mit der materiellen Sachfrage verknpft ist, ob die Programmfestsetzungen des 3 SWR-StV privaten Veranstaltern einen subjektiv-rechtlichen Anspruch auf Unterlassung weiterer Programme durch den SWR gewhren. Der VGH hat sich dafr entschieden, die materielle Hauptfrage nicht im Zulssigkeitsteil zu prfen. Er hat mit der Erwgung, ein Schutz subjektiver Rechte durch die genannte Vorschrift sei nicht auszuschlieen, die Zulssigkeit bejaht. Diese Lsung ist prozessual gangbar und vermeidet eine "Kopflastigkeit" der Entscheidung im Zulssigkeitsteil.

Das Verwaltungsgericht hatte in seinem Beschlu schon die Zulssigkeit abgelehnt. Es hatte dabei auf das fehlende Rechtsschutzbedrfnis der Ast. abgehoben, die es mit dem fehlenden Anspruch auf ein Ttigwerden der Rechtsaufsicht begrndete. Diese Auffassung des Verwaltungsgerichts verkannte aber, da nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Bestehen der Mglichkeit einer Rechtsverletzung bereits zur Zulssigkeit des Antrags fhrt, auch wenn Konsequenz bei darauffolgender Ablehnung eines tatschlichen Anspruchs im materiellen Teil sein kann.

Die Annahme der Mglichkeit einer Rechtsverletzung zu Lasten der Ast. sttzt der VGH auf zwei Gesichtspunkte. Zum einen knne aufgrund der "Besonderheiten des Rundfunkwesens" nicht schon - wie sonst im Zusammenhang mit der staatlichen Rechtsaufsicht - aus der "Erkenntnis, da Rechtsaufsicht im allgemeinen ausschlielich zu dem Zweck ausgebt wird, das staatliche Interesse an einer gesetzmigen Verwaltung durchzusetzen" darauf geschlossen werden, da "demgem unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Anspruch auf rechtsstaatliches Ttigwerden besteht"[13]. Zum zweiten sei eine subjektiv wirkende Begnstigung der Ast. aus der Programmzahlfestsetzung in 3 SWR-StV nicht von vornherein auszuschlieen; deren genaue Feststellung sei Teil der Begrndetheitsprfung.

Offen bleibt, welche berlegungen den VGH dazu bewegt haben, fr das Rundfunkwesen Besonderheiten der staatlichen Aufsicht anzunehmen, die mglicherweise ein Eingreifen ber den Zweck der Durchsetzung des staatlichen Interesses an einer gesetzmigen Verwaltung hinaus rechtfertigen wrden. Die staatliche Rechtsaufsicht im Rundfunkwesen ist - auch nach den im materiellen Teil folgenden Ausfhrungen des VGH selbst - nur sehr begrenzt und vorsichtig zu begrnden und erst recht wahrzunehmen. Inwiefern hier eine Anspruchsgrundlage fr rechtsaufsichtliche Manahmen im Interesse anderer als der genannten Ziele denkbar sein knnte, bleibt offen.

Im Ergebnis gibt die gewhlte Lsung dem VGH Gelegenheit, eine Grenzziehung zwischen Zulssigkeit und Begrndetheit des Antrags herauszuarbeiten, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dogmatisch geboten ist.

2. Passivlegitimation des Landes Baden-Wrttemberg

Der VGH fhrt aus, das Land Baden-Wrttemberg sei passiv legitimiert. Der SWR-Staatsvertrag sieht eine zeitliche Aufteilung der Ausbung der Rechtsaufsicht ber den SWR zwischen den beiden staatsvertragsschlieenden Lndern vor ( 37 Abs. 1 Satz 2 SWR-StV). Demnach war zum gegebenen Zeitpunkt allein das Land Baden-Wrttemberg mit der Rechtsaufsicht ber den SWR betraut und damit alleinige Adressatin des gewhlten Antrags; eine notwendige Streitgenossenschaft zwischen den beiden Staatsvertrags-Lndern bestand daher nicht.

III. Materielle Rechtslage

In materiell-rechtlicher Hinsicht lehnt der VGH mit insgesamt tragfhiger Begrndung einen subjektiv-rechtlichen Anspruch auf ein rechtsaufsichtliches Eingreifen zugunsten des privaten Konkurrenten ab. Diese Entscheidung hat die politisch und rundfunkrechtlich ttigen Kreise zwar berrascht; bei genauer Betrachtung zeigt sich aber, da die Auffassung des VGH vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Lage und der einfachrechtlichen Ausgestaltung der Rundfunkordnung Bestand hat. Insbesondere hat der VGH sich vom politischen Hintergrund der SWR-Fusion nicht beeindrucken lassen, sondern seine Entscheidung allein am geltenden Recht, der dafr gegebenen Begrndung und seiner systematischen Auslegung ausgerichtet.

Der VGH prft im materiellen Teil das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs der Ast. anhand der Vorschriften des SWR-StV selbst (1.) und geht dabei auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben ein, die die Rundfunkfreiheit in der Ausgestaltung des Bundesverfassungsgerichts erfahren hat (2.). Das Ergebnis gleicht er mit der einfachgesetzlichen Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit in Baden-Wrttemberg anhand des SWR-StV (3.) und des Landesmediengesetzes ab (4.).

1. Bedeutung der Programmfestsetzungen in 3 Abs. 1 SWR-StV

Der VGH stellt zunchst fest, die Programmfestsetzungen in 3 Abs. 1, 1. und 2. Spiegelstrich, SWR-StV enthielten keine Programmzahlbegrenzung, sondern stellten vorwiegend eine Beschreibung des status quo dar. Trotz im einzelnen teilweise unterschiedlicher Rechtslage befindet sich der VGH damit in bereinstimmung mit Gerichten in Sachsen und dem Bundesverwaltunggericht, die in einer vergleichbaren Situation hnlich entschieden hatten[14]. Eine "subjektive Begnstigungstendenz" dieser Vorschriften liee sich weder aus dem Gesetz selbst noch aus der amtlichen Begrndung ableiten. Vielmehr enthielten die Vorschriften eine Mindestzahl von Programmen, die der SWR veranstalten msse. Dies ergebe sich daraus, da die Zulassungsfhigkeit weiterer Programme nicht nur aus der Entwicklungsgarantie des ffentlich-rechtlichen Rundfunks geboten sei[15], sondern sich auch aus dem Staatsvertrag selbst - wenn auch unter der Voraussetzung einer eigenstndigen staatsvertraglichen Regelung - ergebe ( 3 Abs. 3 SWR-StV). Auch diese Vorschrift habe keinen drittschtzenden Charakter.

2. Programmzahlbegrenzung aus Grnden der Konkurrenz innerhalb des dualen Rundfunksystems

Der VGH wendet sich insbesondere gegen die Auffassung der Ast., nach 3 Abs. 1 SWR-StV und generell im dualen System der Rundfunkordnung in Baden-Wrttemberg komme ihr ein Schutzanspruch gegen unzutrgliche ffentlich-rechtliche Programmkonkurrenz zugute. Der VGH erklrt vielmehr, eine Ausweitung des Programmangebots des ffentlich-rechtlichen Rundfunks msse mglich bleiben, sofern es dessen Grundversorgungsauftrag oder die Entwicklungsgarantie verlangten. Die Vorschriften zur Festsetzung der Programmzahl und ihrer Inhalte im SWR-StV dienten nicht der Verhinderung einer verfassungsrechtlich gerechtfertigten Expansion und sollten nicht den privaten Rundfunk vor Konkurrenz schtzen. Der VGH befindet sich mit dieser Auffassung im Einklang mit anderen Gerichten[16].

3. Ergebnis

Der VGH stellt mit tragfhiger Begrndung fest, da ein Anordnungsanspruch eines privaten Konkurrenten gegen den SWR nicht besteht. Dieses Ergebnis wirft allerdings die rundfunkpolitische Frage auf, wie der - aus Sicht der Politik - gebotenen Eingrenzung programmlicher Expansionen des ffentlich-rechtlichen Angebotes entgegengewirkt werden kann. Diese Frage hatte der VGH nicht zu beantworten; er hat jedoch einige Lsungsmglichkeiten angedeutet.

IV. Ausblick

1. Alternative Rechtsschutzmglichkeiten fr private Veranstalter

Die Ast. htte neben dem von ihr eingeschlagenen und nunmehr gescheiterten Weg auf andere Rechtsschutzmglichkeiten zurckgreifen knnen, die hier kurz skizziert werden sollen.

Der VGH deutet selbst an, da die Landesanstalt fr Kommunikation bei der Frequenzvergabe an den ffentlich-rechtlichen Rundfunk im Rahmen der Erstellung der NutzungsplanVO nach 5, 7 LMedienG mglicherweise Spielrume haben knnte, einer bertriebenen Programmexpansion der ffentlich-rechtlichen Seite entgegenzutreten. Darin knnte ein leiser Hinweis darauf gesehen werden, da in der heutigen Situation die Rechtsprechung des VGH zu neuen ffentlich-rechtlichen Programmen sich an strengeren Kriterien ausrichten knnte als noch im S 4-Beschlu[17].

Aus dieser Mglichkeit, im Verfahren der Nutzungsplanung auf die Sendemglichkeiten des SWR Einflu zu nehmen, ergibt sich zwanglos die Mglichkeit, gegen die NutzungsplanVO in der den SWR nach Meinung der Ast. widerrechtlich begnstigenden Form Normenkontrollklage zu erheben. Die Normenkontrollklage ( 47 VwGO) ist zulssig, wenn die Mglichkeit eigener rechtlicher Betroffenheit durch die angegriffene Rechtsvorschrift besteht ( 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Nach den Ausfhrungen des VGH im hier besprochenen Verfahren wre die Zulssigkeit wohl zu bejahen; die NutzungsplanVO der LfK wurde bereits (erfolgreich) vor dem VGH angegriffen[18]. Ob allerdings ein Erfolg in der Sache denkbar wre, kann nicht sicher prognostiziert werden, da sich der VGH in der Frage, ob es sich bei den Metro-Fenstern von SWR 3 um eigene Programme oder um echte Fenster handelt und welche Frequenzausstattung fr deren Ausstrahlung nach 5, 7 LMedienG verlangt werden kann, bedeckt hlt. Der Hinweis auf 5, 7 LMedienG deutet jedoch an, da Rechtsschutz auf diesem Weg mindestens fr denkbar gehalten wird. Allerdings ist auch hier fraglich, welche Ansprche ein privater Konkurrent daraus herleiten will, da es sich zunchst um Planungsgrundstze zur Nutzungsplanung durch die LfK handelt. Dieser will der VGH aber offenbar durchaus einen Spielraum fr die Vergabe von Frequenzen an zustzliche Programmangebote der ffentlich-rechtlichen Anstalten zubilligen.

Schlielich htte der Ast. mglicherweise auch eine Unterlassungsklage aus unlauterem Wettbewerb ( 1 UWG) offengestanden. Allerdings stellt sich hier in besonderer Schrfe die Frage, ob das Wettbewerbsrecht neben den spezialgesetzlichen Regelungen des SWR-StV und ggf. des LMedienG noch anwendbar sein kann. Immerhin haben Zivilgerichte in vergleichbaren Fllen die Anwendbarkeit des UWG bejaht[19]. Im konkreten Fall wurde allerdings - mit hnlichen Erwgungen, wie sie der VGH anstellt - geurteilt, da die Veranstaltung eines weiteren Hrfunkprogramms nicht wettbewerbswidrig ist, solange sie der Grundversorgung dient oder der Entwicklungsgarantie der ffentlich-rechtlichen Anstalt entspricht.

Auch mit anderen prozessualen Anstzen wre das Bestreben der Ast. daher vermutlich nicht erreichbar gewesen. Eine Einschrnkung programmlicher Expansion des ffentlich-rechtlichen Rundfunks ist daher rechtlich nur schwer erreichbar. Der VGH scheint diese Begrenzungsmglichkeiten nur im objektiven Recht der Anstalt selbst sowie allenfalls bei der Frage der Frequenzvergabe durch die LfK zu sehen.

2. Die Novellierung des Landesmediengesetzes Baden-Wrttemberg

Nicht ohne Ironie ist - aus heutiger Sicht - die Feststellung des VGH, da "bei der Frequenzvergabe Interessen privater Rundfunkveranstalter bercksichtigungsfhig sein" knnten. Denn die fr ffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk nach dem bisherigen Landesmediengesetz geltende "Oberkompetenz" der LfK fr die Frequenzplanung und -vergabe mit dem Instrument der Nutzungsplanverordnung[20] wird im neuen Landesmediengesetz voraussichtlich aufgegeben werden. Jedenfalls fehlen Vorschriften, die entsprechend den heutigen 5, 7 LMedienG die Bercksichtigung der Interessen des ffentlich-rechtlichen Rundfunks bei der Frequenzplanung durch die LfK verlangen. Stattdessen werden die nach Magabe des SWR-StV veranstalteten Programme schon von Gesetzes wegen als "Must-Carry"-Programme eingestuft, die jeder Anlagenbetreiber (Kabelnetzbetreiber oder Betreiber terrestrischer Rundfunkanlagen) vorrangig zu verbreiten hat. Der Novellierungsentwurf sieht nmlich vor, das Instrument der Frequenzplanung, das die NutzungsplanVO vor allem darstellt, durch eine gesetzgeberische Festsetzung grundstzlich vorrangiger Programme zu ersetzen und im brigen den Anlagenbetreibern weitgehende Freiheit bei der Vergabe der brigen Kapazitten einzurumen.

3. Bewertung des VGH-Beschlusses

Es kann offen bleiben, wie der VGH angesichts dieser Entwicklung die Frage einer "doppelten Rundfunkordnung" in Baden-Wrttemberg ansehen wrde und ob er mit dem Hinweis auf die SSsect; 5, 7 LMedienG heutiger Fassung eine vorsichtige Korrektur seiner Rechtsprechung zum Grundversorgungscharakter neuer ffentlich-rechtlicher Programme gegenber der "S 4"-Entscheidung erkennen lassen wollte. Denn vermutlich kommt diese - aus Sicht der LfK an sich erfreuliche - Besttigung der "Frequenzoberhoheit" der Landesanstalt zu spt, um die Absichten des deregulierenden Gesetzgebers noch beeinflussen zu knnen.

Insgesamt ist dem Verwaltungsgerichtshof einmal mehr ein rundfunkrechtlich erfreulich klarer Beschlu gelungen, der sich durchaus in der Tradition des Gerichtes befindet. Die Landespolitik und der private Rundfunk mssen sich (einmal mehr) ins Stammbuch schreiben lassen, da politische Bemhungen nicht ausreichen, um die wichtige Stellung des ffentlich-rechtlichen Rundfunks nachhaltig in Frage zu stellen.

Der VGH konnte sich allerdings auch leicht aus der Verantwortung fr ein insgesamt ausgewogenes duales Rundfunksystem begeben. Die Frage, wie schwer den privaten Rundfunkveranstaltern das Leben gemacht werden darf, brauchte er nicht einmal zu stellen. Bedauerlich ist insoweit, da durch die geplante Novelle des Landesmediengesetzes das Instrument der Nutzungsplanung in Baden-Wrttemberg entfllt, das bundesweit einen beachtlichen Versuch darstellte, die Interessensphren von ffentlich-rechtlichem Rundfunk und Privatfunk rechtssicher und in einem von planerischen Grundstzen getragenen Verfahren abzugrenzen. Damit konnte der in der Entwicklungsgarantie der ffentlich-rechtlichen Sender angelegten (und an sich zulssigen, im einzelnen aber durchaus bedenklichen) Programmexpansion ein einerseits unabhngiges, andererseits aber ebenfalls von direkter staatlicher Einflunahme freies Kontrollinstitut zur Seite gestellt werden, da migenden Einflu hatte. Nunmehr traut sich der Gesetzgeber zu, diese sensiblen Fragen in einem nur schwerfllig zu ndernden Gesetz direkt zu regeln.

Im Ergebnis ist festzuhalten, da sich die hchst- und obergerichtliche Rechtsprechung festigt, nach der Programmzahlbegrenzungen der ffentlich-rechtlichen Sender bisher nicht gerichtlich durchgesetzt werden konnten. Die Untersagung der Verbreitung von zustzlichen Programmen ist bisher weder privaten Veranstaltern noch anderen Landesregierungen gelungen[21].

[*] Zugleich Anmerkung zu VGH Mannheim, Beschlu vom 27. 4. 1999, Az.: 1 S 165/99

[1] Gesetz zu dem Staatsvertrag ber den Sdwestrundfunk, vom 21. 7. 1997, GBl. (Baden-Wrttemberg) S. 297, 300.

[2] Entwurf des Gesetzestextes.

[3] Das Inkrafttreten des Gesetzes ist zum 1. 8. 1999 geplant.

[4] Vgl. epd medien, "Teufel ist gegen Jugendradio", Nr. 21 vom 20. 3. 1999, S. 16; zur Verbreitung von DasDing Diesbach, Martin, Rechtsfragen der terrestrischen und kabelgesttzten Verbreitung des Jugendradios "DasDing" durch den Sdwestrundfunk, ZUM 1999, 228.

[5] Zur Entstehungsgeschichte des SWR-StV vgl. Scherer, Frank, Der Staatsvertrag ber den Sdwestrundfunk und die ARD-Reform, ZUM 1998, 8.

[6] Gemeinsame Pressemitteilung des Staatsministeriums und der CDU-Landtagsfraktion von Baden-Wrttemberg vom 16.01.1999, "Eckpunkte fr die Weiterentwicklung des Privatfunks in Baden-Wrttemberg stehen fest"

[7] "Gemeinsame Presseerklrung: Einigung ber Frequenzen - ,Mannheimer Erklrung' von LfK, LPR, SDR und SWF zur Frequenzoptimierung im Sdwesten Deutschlands" vom 14.07.1998.

[8] Vgl. Amtliche Begrndung zum Entwurf eines Landesmediengesetzes, Stand 6. 5. 1999, Zu 18, Absatz 2, Seite 53 (http://www.mfg.de/mdgesnov 060599.pdf); sowie die Sendegebietsdarstellungen der Bereichssender in Baden-Wrttemberg durch die LfK

[9] Amtliche Begrndung zum Landesmediengesetz 1999 (Entwurf), Zu 18, Absatz 2, S. 53; Pressemeldung der LfK vom 10.03.1999, "Landesmediengesetzentwurf ist gute Grundlage fr Novellierung - Dr. Thomas Hirschle: ,Privates Jugendradio ist Bereicherung fr Hrfunklandschaft'"; Gemeinsame Pressemitteilung des Staatsministeriums und der CDU-Landtagsfraktion von Baden-Wrttemberg vom 16. 1. 1999, aaO; vgl. auch Schneider, Guido, Das Ohr dicht am Nachwuchs, HORIZONT, Heft 22/1999.

[10] Vgl. 18 Abs. 2 Nr. 3 LMedienG-E in der Fassung vom 6. 5. 1999; Amtliche Begrndung, Zu 18, Abs. 2, S. 53 (aaO).

[11] Schneider, Guido, aaO.

[12] VGH Baden-Wrttemberg, aaO; 3 SWR-StV.

[13] VGH Baden-Wrttemberg, aaO.

[14] BVerwG, Urt. vom 21. 10. 1998, Az.: 6 A 1.97, abgedruckt in epd medien-Dokumentation, Heft 31/32 vom 28. 4. 1999, S. 15 ff.; OLG Dresden, Urt. vom 26. 7. 1995, Az.: 12 U 58/95, GRUR 1996, 73, bei Klagabweisung in der Sache (5. Hrfunkprogramm des MDR - "Sputnik").

[15] Unter Bezugnahme auf BVerfGE 90, 60 (91); 83, 238 (299).

[16] BVerwG, aaO; OLG Dresden, aaO.

[17] VGH Baden-Wrttemberg, Urteil vom 30. 8. 1994, Az.: 10 S 3152/93, VBlBW 1995, 93.

[18] VGH Baden-Wrttemberg, aaO.

[19] OLG Dresden, aaO.

[20] Vgl. 5, 7 LMedienG sowie die Verordnung der LfK ber einen Nutzungsplan fr die drahtlosen Frequenzen und fr die Kabelnetze (NutzungsplanVO) vom 21. 9. 1994 (GBl. S. 504), zuletzt gendert durch VO vom 24. 7. 1998 (GBl. S. 523).

[21] Vgl. hinsichtlich der Verbreitung eines 5. Hrfunkprogramms durch den MDR die Entscheidungen des OLG Dresden, aaO, und des BVerwG, aaO.


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Patrick Mayer, 1999 / Alle Rechte vorbehalten / Stand: 1999-06-04 / URL: http://www.artikel5.de/artikel/antenne.html