Rechtsfragen der terrestrischen und kabelgesttzten Verbreitung des Jugendradios DasDing durch den Sdwestrundfunk

Von , Freiburg[*]

Stand: 17. 12. 1998

Inhaltsbersicht:

  1. Einfhrung und Problemstellung
  2. Programmrechtliche Zulssigkeit
    1. Der Staatsvertragsvorbehalt des 3 Abs. 1 SWR-StV
    2. DasDing als weiteres Programm im Sinne des 3 SWR-StV
    3. Ausnahme zum Staatsvertragsvorbehalt
    4. DasDing als Versuchsprojekt
      1. Versuchsklausel des 3 Abs. 3 S. 2 SWR-StV
      2. Ungeschriebenes Versuchsrecht
      3. Rechtfertigung durch den Grundversorgungsauftrag
    5. Zwischenergebnis
  3. Frequenzrechtliche Zulssigkeit
    1. Grundzge der Frequenzvergabe in Baden-Wrttemberg und Rheinland-Pfalz
    2. Grundsatz der programmneutralen Kapazittszuweisung
    3. Frequenzoptimierung nach SWR-StV und Landesmedien- bzw. -rundfunkgesetzen
    4. Zwischenergebnis
  4. Rechtsschutzmglichkeiten - Handlungsoptionen
    1. Handlungsmglichkeiten der Rechtsaufsicht
    2. Handlungsmglichkeiten der Landesmedienanstalten
    3. Handlungsmglichkeiten der Konkurrenten
  5. Zusammenfassung


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Innerhalb von nur zwei Jahren treten zwei Regelungswerke in Kraft, die die Rahmenbedingungen des ffentlich-rechtlichen wie privaten Rundfunks im Sdwesten modifizieren: zum einen wurde durch den Staatsvertrag ber den Sdwestrundfunk vom 31.5.1997 (SWR-StV) die Fusion von SWF und SDR zur nunmehr zweitgrten Anstalt innerhalb der ARD, dem Sdwestrundfunk (SWR) vollzogen[1]. Zum zweiten befindet sich die Novellierung des Landesmediengesetzes Baden-Wrttemberg (LMedienG) im Gang. Das neue LMedienG soll nach bisherigem Planungsstand Mitte 1999 in Kraft treten.

Beide - SWR-StV und LMedienG - wirken sich in besonderem Mae auf die Hrfunklandschaft im Sdwesten aus, die durch eine Vielzahl von lokalen, regionalen und (ffentlich-rechtlichen) landesweiten Anbietern geprgt ist.

Dabei spielt das im April 1997 von SWF und SDR noch vor deren Fusion ins Leben gerufene Programm "DasDing" eine besondere Rolle, da es nicht nur den Anspruch des ffentlich-rechtlichen Rundfunks dokumentiert, an neuen Hrfunkformen teilzunehmen, sondern gleichzeitig dazu dienen soll, im Wettbewerb mit privaten Anbietern um junge Zuhrer Boden zu gewinnen.

Der folgende Beitrag[2] soll die rechtlichen Probleme beleuchten, die ein Ausbau der Verbreitung von "DasDing" aufwirft.

A. Einfhrung und Problemstellung

Bei "DasDing" handelt es sich um ein Jugendprogramm, welches sich als "Jugend-Multimedia-Projekt" (so die Eigenwerbung des SWR[3]) in erster Linie an die Zielgruppe der 14 bis 20jhrigen richtet. "DasDing" ist gegenwrtig auf drei Wegen zu empfangen: ber das Internet[4], ber den Satelliten ASTRA 1C mit Hilfe eines ADR-Receivers[5] und schlielich ber Digital Audio Broadcasting (DAB) im Rahmen des von der Landesanstalt fr Kommunikation Stuttgart (LfK) durchgefhrten DAB-Versuchsbetriebs[6]. Hinzu kommt die Mglichkeit, montags bis freitags von 6 Uhr bis 7 Uhr 30 "DasDing" im Fernsehprogramm von Sdwest3 zu hren bzw. zu sehen, und zwar in Form von Computeranimationen und Textinformationen, die das Radioprogramm begleiten.

"DasDing" ist ein Musikprogramm mit nur vereinzelten redaktionell gestalteten Beitrgen und Informationen. Strker als bei herkmmlichen Programmen baut "DasDing" auf die Zusammenarbeit mit dem Zuhrer. Vor allem ber das Internet kann dieser eine Vielzahl von Zusatzinformationen zu dem laufenden Programm erhalten und eigene Fragen und Anregungen per e-mail direkt an die Redaktion ("Labor") richten, deren Mitglieder "Coaches", "Piloten" und "Operators" heien. Verstrkt betont "DasDing" auch das Zusammenspiel von akustischen und visuellen Effekten (im Internet und Fernsehen) und versteht sich als "Radio der Zukunft". In diesem Sinne sollen auch Jugendliche an die Produktion von Radioprogrammen herangefhrt werden. Zu diesem Zweck veranstaltet "DasDing" Radioworkshops in Schulen und Jugendzentren, durch die Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren an die Ttigkeit als Programmacher herangefhrt werden sollen.

Auf die genannten, "zukunftstrchtigen" Verbreitungswege mchte sich der SWR aber nicht beschrnken. Nach einer Pressemitteilung des SWR vom 26.11.1998 hat der Ausbau von "DasDing" fr den SWR-Hrfunkdirektor "hohe Prioritt"[7]. So soll "DasDing" ab Frhjahr 1999 auch terrestrisch verbreitet werden, zunchst im Sendegebiet des Saarlndischen Rundfunks (SR)[8]. Hierfr wird der SR auf drei Fllsendern das 24-Stunden-Angebot von "DasDing" bernehmen und zu bestimmten Zeiten das saarlandspezifische Programm "UnserDing" (so der neue Programmname) aufschalten.

Auch im eigenen Sendegebiet des SWR erscheint eine terrestrische Verbreitung von "DasDing" kapazittsmig nicht unwahrscheinlich, insbesondere aufgrund fusionsbedingter "Doppel- oder Mehrfachversorgungen": es handelt sich dabei um Frequenzen, die dem SWR zur Versorgung eines Gebietes ber den tatschlichen Bedarf hinaus zur Verfgung stehen, da sie vorher von SWF und SDR genutzt wurden. Nach Berichten fhrt der SWR im Raum Mainz/Wiesbaden Messungen durch, um eine Low-Power-Frequenz fr "DasDing" nachzukoordinieren. Auch eine Verbreitung in den Kabelnetzen erscheint von der Kapazitt her nicht ausgeschlossen; ob diese Verbreitungswege rechtlich realisierbar sind, wird im folgenden zu untersuchen sein.

Eine ausgedehnte Verbreitung von "DasDing" diente damit einer Verbesserung der Stellung des SWR im Wettbewerb mit privaten Hrfunkanbietern. Sie wre auch eine Antwort auf die Einfhrung eines landesweiten privaten Hrfunkprogrammes "als Hrfunkprogramm vorwiegend fr junge Menschen von 12 bis 18", die durch die Novellierung des LMedienG geplant ist: Nach dem bisher bekannten Referentenentwurf sieht 16 des neuen LMedienG vor, da die Verbreitungsgebiete der analogen Hrfunkfrequenzen so geplant werden, da eine private Jugendwelle landesweit entstehen kann[9].

Bei der Beurteilung der Rechtsfragen, die durch eine terrestrische und kabelgesttzte Verbreitung eines zustzlichen Programmes durch den SWR aufgeworfen werden, sind zwei Themenkreise zu unterscheiden: Zum einen die programmrechtliche Beurteilung, also die Frage, unter welchen Bedingungen dem SWR die Veranstaltung eines zustzlichen Programms erlaubt ist (dazu unten B.). Zum anderen die frequenzrechtliche Beurteilung, also die Frage, wie sich eine neue Nutzung der bisher dem ffentlich-rechtlichen Rundfunk zustehenden Kapazitten auf die Frequenzverwaltung nach Magabe des jeweiligen Landesrechts auwirkt (dazu unten C.). Bei der Beantwortung beider Fragenkreise sind die Besonderheiten zu bercksichtigen, die durch das lnderbergreifende Sendegebiet des SWR (Baden-Wrttemberg und Rheinland-Pfalz) entstehen, sowie fusionsbedingte Besonderheiten nach dem SWR-StV.

Schlielich sollen Handlungsoptionen der zustndigen Stellen und Rechtsschutzmglichkeiten privater Konkurrenten geprft werden (dazu unten D.).

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B. Programmrechtliche Zulssigkeit

Bei der programmrechtlichen Zulssigkeit geht es um die Klrung der Frage, ob dem SWR die Veranstaltung eines weiteren Programmes gestattet ist.

I. Der Staatsvertragsvorbehalt des 3 Abs. 1 SWR-StV

1. DasDing als weiteres Programm im Sinne des 3 SWR-StV

Die Rechtsgrundlagen der verschiedenen Rundfunkanstalten sehen unterschiedliche Bestimmungen ber die zu veranstaltenden Programme vor. Whrend manche Rechtsgrundlagen nur allgemein von der Verbreitung von Rundfunksendungen sprechen[10], beschrnken andere die Anzahl der zu veranstaltenden Programme. So sieht etwa 6 NDR-StV vor, da der NDR "im bisherigen Umfang" Rundfunkprogramme veranstalten darf[11]. 3 MDR-G bestimmt die Veranstaltung von "drei Hrfunkprogramme, die ber UKW verbreitet werden"; davon darf eines auch ber Satellit verbreitet werden. Ein zustzliches berregionales Hrfunkprogramm kann ber Mittelwelle veranstaltet werden[12]. Auch 4 des Staatsvertrages Berlin-Brandenburg koppelt eine Programmzahlbeschrnkung an bestimmte bertragungsmglichkeiten.

Nach der Konzeption des 3 Abs. 1 SWR-StV ist die Gesamtzahl der Hrfunkprogramme des SWR auf zwei Landesprogramme und zwei gemeinsame Programme festgelegt. Weitere Programme sind nach 3 Abs. 3 S. 1 SWR-StV nur auf der Grundlage besonderer staatsvertraglicher Vereinbarung zulssig; hierdurch soll der Bestands- und Entwicklungsgarantie des ffentlich-rechtlichen Rundfunks Rechnung getragen werden. Verfahrensrechtlich wird diese Bestimmung durch 42 Abs. 1 SWR-StV aufgegriffen, der eine regelmige berprfung der Angemessenheit der Regelungen des SWR-StV und eine bedarfsgerechte Anpassung gewhrleistet. Die Veranstaltung von Programmen, die ber die bisherigen Programme hinausgehen, steht somit unter "Staatsvertragsvorbehalt"[13]. Dabei soll hier nur kurz darauf verwiesen werden, da nach ganz einhelliger Meinung die Programmzahlbeschrnkung des 3 SWR-StV trotz des damit verbundenen Eingriffs in die Programmautonomie des SWR mit Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG vereinbar ist[14].

Auf den ersten Blick scheint daher wegen dieses "Staatvertragsvorbehalts" die Veranstaltung von "DasDing" unzulssig zu sein, denn dabei handelt es sich um ein weiteres Programm im Sinn des 3 SWR-StV[15]. Es kann auch kein Zweifel darber bestehen, da eine Veranstaltung von Programmen ber die bisherigen hinaus unabhngig von der Verbreitungsart unzulssig ist; dem SWR-StV ist kein Anhaltspunkt zu entnehmen, da nur eine weitere terrestrische Verbreitung unzulssig ist, jede andere hingegen zulssig. Der Staatsvertragsvorbehalt umfat daher jede Art der Verbreitung.

2. Ausnahme zum Staatsvertragsvorbehalt

Allerdings ist die weitergehende Verbreitung von "DasDing" im Lichte des 3 Abs. 3 S. 2 SWR-StV zu untersuchen; nach dieser Vorschrift bleibt nmlich die "Teilhabe des SWR an neuen rundfunktechnischen Mglichkeiten zur Herstellung und Verbreitung von Rundfunkprogrammen sowie die Mglichkeit der Veranstaltung neuer Formen von Rundfunk (...) unberhrt". Dies bedeutet, da der SWR keine gesonderte staatsvertragliche Regelung bentigt, um an diesen neuen Mglichkeiten teilzunehmen. Diese Regelung stellt eine "besondere Ausformung der Entwicklungsgarantie" dar[16].

Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, da die terrestrische oder kabelgesttzte Verbreitung von "DasDing" eine solche neue Nutzungsmglichkeit darstellt: Denn die terrestrische Verbreitung stellt ein herkmmliches Mittel der Rundfunkkommunikation dar. Dies macht auch die Amtl. Begrndung deutlich, die beispielhaft fr neue technische Mglichkeiten DAB, Digital Video Broadcasting (DVB) und das Internet auffhrt. Ebensowenig kann davon ausgegangen werden, da die Nutzung einer terrestrischen oder Kabelfrequenz eine "neue Angebotsform" im Sinne des 3 Abs. 3 SWR-StV darstellt. Beide Verbreitungwege sind die klassischen des Rundfunks.

Letztlich macht gerade die Verbreitung von "DasDing" ber das Internet und DAB die Intention des SWR-StV deutlich, dem SWR die Teilhabe an neuen Rundfunkformen zu ermglichen; daraus kann aber nicht die Zulssigkeit einer herkmmlichen terrestrischen oder kabelgesttzten Verbreitung abgeleitet werden.

II. DasDing als Versuchsprojekt

1. Versuchsklausel des 3 Abs. 3 S. 2 SWR-StV

Die weitergehende Verbreitung von "DasDing" kann auch nicht auf die Versuchsklausel des 3 Abs. 3 S. 3 SWR-StV gesttzt werden, wonach sich die Zulssigkeit von Versuchen nach dem jeweiligen Landesrecht richtet. Hierdurch wird nmlich auf 55 LRG Rheinland-Pfalz bzw. 8 a LMedienG Baden-Wrttemberg verwiesen, die die nhere Durchfhrung eines Versuchsprojektes regeln[17]. Die Vorschrift des 3 Abs. 3 S. 3 SWR-StV stellt somit die Teilnahme an Versuchsprojekten der Landesmedienanstalten vom Zulassungsvorbehalt frei; sie kann aber nicht als Rechtfertigung fr die herkmmliche Verbreitung von Programmen unter Versuchsaspekten dienen.

2. Ungeschriebenes Versuchsrecht

Soweit eine terrestrische Verbreitung von "DasDing" auf ein eigenes, ungeschriebenes Versuchsrecht fr Neue Medien gesttzt wird[18], ist zu fragen, was Ziel und Inhalt eines Versuches sein soll, bei dem "DasDing" auf herkmmlichem Wege verbreitet wird. Hier knnte man zwar das Argument ins Feld fhren, eine terrestrische oder kabelgesttzte Verbreitung von "DasDing" diene der Markteinfhrung neuer Techniken auf einer breiteren Grundlage, da sie die ffentlichkeit auf die anderen Verbreitungsformen von "DasDing" (Internet, DAB) aufmerksam mache (sozusagen die terrestrische oder kabelgesttzte Verbreitung als notwendiger Annex zur Erprobung neuer Techniken); schlielich nimmt auch etwa die LfK bei Versuchen gem 8 a LMedienG in der Praxis ein Bndel von Versuchszielen fr sich in Anspruch, um eine mglichst flexible Handhabung zu ermglichen[19]. Allerdings ist der grundlegende Unterschied von Erprobungsprojekten einer Landesmedienanstalt und solchen des SWR zu beachten: dienen Erprobungsprojekte von Landesmedienanstalten dazu, gem des Auftrags einer Landesmedienanstalt neue Techniken und Angebote im dualen System zu erproben[20], wrde demgegenber ein Versuch, der vom SWR durchgefhrt wrde, allein den eigenen Zwecken dienen. Dies ist bei der Wertung von Versuchszielen zu bercksichtigen. Liee man hier fr den SWR das Versuchsziel der Marktakzeptanz eines neuen Programmes gelten, kme dies einer Umgehungsmglichkeit des Zulassungsvorbehalts gleich, die der Absicht der staatsvertragsschlieenden Bundeslnder diametral entgegegenliefe. Im brigen ist auch der ffentlich-rechtliche Rundfunk seinem Wesen nach nicht dem Markt verpflichtet und mu seine Programme - bereits wegen der Gebhrenfinanzierung - nicht nach diesem ausrichten. Eine Marktakzeptanz ist aus diesen Grnden zwar auch ein Gesichtspunkt der Programmttigkeit, sie zu erproben stellt aber fr eine versuchsweise Ausstrahlung von Programmen keine ausreichende Rechtfertigung dar.

3. Rechtfertigung durch den Grundversorgungsauftrag

Schlielich kann eine terrestrische Verbreitung von "DasDing" auch nicht unabhngig von den staatsvertraglich getroffenen Regelungen auf die Aufgabe der ffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Grundversorgung gesttzt werden. Dabei bedarf es keiner nheren Untersuchung, ob "DasDing" zur Grundversorgung zu zhlen ist oder nicht - ein erster Blick legt eher letzteres nahe. Denn die Mglichkeit der Wahrnehmung der Grundversorgungsaufgabe wird gerade durch den Zulassungsvorbehalt des 3 Abs. 3 S. 1 SWR-StV betont. Stellt sich heraus, da die Veranstaltung der bisherigen Programme zur Grundversorgung nicht ausreichen, ist eine staatsvertragliche Erweiterung des Aufgabenkreises des SWR vorzunehmen. Durch diese ffnungsklausel findet der dynamische Charakter der Grundversorgung[21] gerade seine Entsprechung. Da der Gesetzgeber u.U. eine Pflicht zur Erweiterung der zu veranstaltenden Programme hat[22], ndert an diesem Befund nichts.

III. Zwischenergebnis

Eine ber die bisherige Verbreitung von "DasDing" hinausgehende Verbreitung im Regelbetrieb stellt eine Veranstaltung eines "weiteren Programms" im Sinne des 3 Abs. 3 SWR-StV dar und ist ohne eine gesetzliche Zulassung rechtswidrig.
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C. Frequenzrechtliche Zulssigkeit

Die unter B. erfolgten Ausfhrungen haben ergeben, da die weitergehende Verbreitung von "DasDing" nach dem SWR-StV nicht zulssig ist. Nun soll untersucht werden, wie sich dies auf die konkrete Frequenznutzung durch den SWR auswirkt.

I. Grundzge der Frequenzvergabe in Baden-Wrttemberg und Rheinland-Pfalz

Die Entscheidung darber, wer eine freie Frequenz zu Rundfunkzwecken nutzen kann, obliegt den zustndigen Stellen des jeweiligen Bundeslandes[23].

In Baden-Wrttemberg erfolgt dies nach dem LMedienG Baden-Wrttemberg ( 5 Abs. 1 iVm. 49 Abs. 3, 51 LMedienG) durch die Erstellung eines Nutzungsplans in der Gestalt einer Nutzungsplanverordnung[24], die die landesrechtlichen Vorgaben der Frequenzvergabe in eine konkrete Ausweisung von Kontingenten umsetzt. Zu diesen Vorgaben gehrt gem 7 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2 Ziff. 1 LMedienG, da vorrangig die Aufgabenerfllung des ffentlich-rechtlichen Rundfunks (Grundversorgung) gesichert sein mu[25].

In Rheinland-Pfalz ist die Rechtslage insofern anders, als sich der Gesetzgeber fr ein Einigungsverfahren mit Schiedsstelle entschieden hat. Die Landesregierung teilt die bertragungskapazitten gem einer zuvor erzielten Verstndigung zwischen LPR und den ffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu ( 38 Abs. 2 LRG). Kann eine Verstndigung nicht erreicht werden, ist ein Schiedsverfahren nach 38 Abs. 3 LRG durchzufhren, dessen Ergebnis dann Grundlage einer Zuteilung durch die Landesregierung ist ( 38 Abs. 4 LRG). Nach 41 LRG ist bei der Rangfolge von Programmen bei der Kanalbelegung in Kabelanlagen der Kreis der gesetzlich vorgesehenen Programme vorrangig zu bercksichtigen.

In beiden Bundeslndern hat die verfassungsrechtliche Vorgabe, dem ffentlich-rechtlichen Rundfunk ausreichende Kapazitten zur Erfllung des Grundversorgungsauftrags zur Verfgung zu stellen[26], somit einfachgesetzliche Ausprgung erhalten.

II. Grundsatz der programmneutralen Kapazittszuweisung

Auf der Ebene der kapazittsrechtlichen Zulssigkeit ist danach zu fragen, ob die Rechtmigkeit der Nutzung einer Frequenz dadurch entfllt, da bisherige Merkmale der Nutzung entfallen oder sich ndern. Denn wenn eine nderung der Merkmale der Nutzung einer Frequenz dazu fhrt, da eine neue Frequenz entstanden ist, ist grundstzlich eine erneute Zuteilungsentscheidung der zustndigen Landesmedienanstalt vonnten. Aus diesem Grund mu zunchst entschieden werden, welche Merkmale der Frequenznutzung sich gendert haben. Von der bloen Programmnderung ist die nderung technischer Parameter, etwa die Verlagerung des Senderstandortes zu unterscheiden[27]. Ein anschauliches Beispiel hierfr liefert der jahrelange (und noch nicht beendete) Streit um die Nutzung der Frequenz 94,2 MHz in Hamburg fr die Ausstrahlung des Jugendprogrammes "N-Joy" durch den NDR[28]. Nach der - nicht rechtskrftigen - Entscheidung des VG Hamburg vom 9.9.1998[29] erfolgte durch die Verlagerung des Senderstandortes eine Frequenznderung, da sich ihre - im Zusammenspiel verschiedener Kriterien zu ermittelnde - Identitt gendert hat. Infolgedessen bedrfe es einer neuen Zuteilungsentscheidung der zustndigen Stelle, hier Hamburg[30].

Bezglich des SWR erfolgt nach dem oben dargestellten Szenario bei der terrestrischen Verbreitung von "DasDing" im eigenen Sendegebiet aber keine Vernderung entsprechender frequenztechnischer Merkmale. Denn die terrestrische Verbreitung wird gerade dadurch ermglicht, da bestehende Doppel- oder Mehrfachversorgungen bestehen und somit fr den SWR Kapazitten frei werden, die zur Versorgung des Sendegebiets mit den bestehenden Programmen nicht bentigt werden. Demnach erfolgt eine reine nderung des ausgestrahlten Programmes, eine "Umwidmung" der zugeteilten Frequenz[31]: ein "altes" Programm des SWR wird durch von "DasDing" ersetzt.

Grundstzlich entfllt durch eine solche "Umwidmung" - ungeachtet fusionsbedingter Besonderheiten, die sogleich zu behandeln sein werden (unten C. III.) - die Zuteilungsgrundlage nicht. Zwar knnte eine neue Zuteilungsentscheidung gewhrleisten, da die Interessen privater konkurrierender Hrfunkveranstalter bercksichtigt werden, die die Frequenz bentigen[32]. Aber die Zuweisung von Kapazitten an den ffentlich-rechtlichen Rundfunk erfolgt grundstzlich "programmneutral"[33]. Dies legt bereits das in Baden-Wrttemberg und Rheinland-Pfalz anwendbare einfache Recht nahe. Denn wesentliche Aussage der einschlgigen Landesmedien- und Rundfunkgesetze ist, da dem ffentlich-rechtlichen Rundfunk Frequenzen "zur Verbreitung der von ihnen veranstalteten Programme" zugewiesen sind (vgl. nur 7 Abs. 1 NutzungsplanVO Baden-Wrttemberg).

Verfassungsrechtliche Erwgungen sttzen diesen einfachrechtlichen Befund: Denn liee man eine "Frequenzaufsicht" durch die Landesmedienanstalten unter programmlichen Aspekten zu, stnde die Veranstaltung neuer Programme letztlich unter dem Vorbehalt externer Stellen; gerade in Fllen, in denen die Vereinbarkeit eines neuen Programmes mit dem Grundversorgungsauftrag in Frage steht, erhielten die Landesmedienanstalten durch die Zuteilungsentscheidung ein Instrument der Programmaufsicht in die Hand, das ihnen nicht zusteht und auch nicht zustehen darf[34]. Denn die Veranstaltung ffentlich-rechtlichen Rundfunks hat staatsfrei zu erfolgen und unterliegt in erster Linie der Aufsicht hierfr gebildeter pluralistischer Gremien[35]. Erst in zweiter Linie besteht eine Rechtsaufsicht durch staatliche Organe (vgl. etwa 37 SWR-StV), die jedenfalls nicht durch Landesmedienstalten wahrgenommen wird[36]. Die Entscheidung ber die Zuteilung einer Frequenz darf demnach kein Einfallstor sein zur Beurteilung rein inhaltlicher bzw. programmrechtlicher Fragen. Die beiden Ebenen frequenz- und programmrechtlicher Fragen drfen grundstzlich nicht vermischt werden. Infolgedessen entfllt durch eine Programmnderung auch nicht die Grundlage der Frequenzzuteilung[37].

Fr den Fall der Veranstaltung von "DasDing" durch den SWR erfhrt dieser Grundsatz aber z.T. gewichtige Ausnahmen:

III. Frequenzoptimierung nach SWR-StV und Landesmedien- bzw. -rundfunkgesetzen

Im Fall des SWR ist die Frage nach der kapazittsrechtlichen Auswirkung einer programmlichen nderung differenziert zu beantworten. Denn durch die Fusion wird ein bestimmtes Verfahren eingeleitet, dessen Ziel eine Optimierung der vorhandenen Frequenzen ist[38].

Bei diesem Verfahren ist das Zusammenspiel der Normen des SWR-StV und der Landesmedien- und rundfunkgesetze von Baden-Wrttemberg und Rheinland-Pfalz zu beachten, durch die die strikte Trennung von programm- und frequenzrechtlicher Ebene modifiziert wird:

Nach 41 Abs. 1 S. 4 SWR-StV ging zum 1.10.1998 der Programmauftrag von SDR und SWF auf den SWR ber. Nach 41 Abs. 8 SWR-StV werden die den bisherigen Anstalten zugeteilten Frequenzen vom SWR weitergenutzt. Gleichzeitig ist der SWR nach 42 Abs. 3 SWR-StV verpflichtet, "die Nutzung der bertragungswege (...) fortlaufend zu optimieren"[39]. Darin drckt sich die wesentliche kapazittsrechtliche Implikation des StV aus, wonach die bisherige Frequenzaufteilung und -nutzung mit dem Ziel berprft wird, "vermeidbare Doppel- und Mehrfachversorgung (...) so rasch wie mglich abzubauen, um eine bessere Gesamtversorgung mit Hrfunkprogrammen fr die Bevlkerung zu erreichen" (Prambel zum SWR-StV). Es handelt sich dabei um eine der wesentlichen Motivationen fr die beiden staatsvertragsschlieenden Bundeslnder[40]. hnliche Formulierungen finden sich auch in der Prambel zum Rundfunkstaatsvertrag (RStV).

Die konkrete Umsetzung dieser Frequenzoptimierung erfolgt im Rahmen eines konsensualen Verfahrens, welches dem oben beschriebenen Verfahren des 38 Abs. 2 LRG Rheinland-Pfalz vergleichbar ist. In diesem Sinne bestimmt Ziff. III der Gemeinsamen Protollerklrung der staatsvertragsschlieenden Bundeslnder zum SWR-StV, da eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des SWR und der Landesmedienanstalten in einem vorgelagerten Schritt die Doppelversorgungen feststellen und Vorschlge zu deren Abbau unterbreiten soll[41]. Intention der Vertragsparteien war es demnach, ein Verfahren zur Frequenzoptimierung zu installieren, welches die Bercksichtigung der verschiedenen Interessen ermglicht. Dadurch wird auch der berlegung Rechnung getragen, da das schwierige Unterfangen einer Frequenzoptimierung auf mehr Akzeptanz stoen kann, wenn es auf Abstimmung und Kooperation angelegt ist. Whrend dieser konsensualen Phase geniet der SWR bezglich seiner Frequenzen Bestandsschutz.

Am Ende der konsensualen Phase der Frequenzoptimierung steht damit eine Neu- bzw. Umverteilung solcher Frequenzen, die eine Doppel- oder Mehrfachversorgung bewirken. Dies ergibt sich daraus, da dem SWR die Weiternutzung bisheriger Frequenzen nur solange ermglicht ist, bis abweichende Regelungen nach Magabe des jeweiligen Landesrechts getroffen werden ( 42 Abs. 8 S. 1 SWR-StV). Damit ist die konkrete Verteilung der bertragungskapazitten durch die Landesmedienanstalten gemeint; denn zwar trifft den SWR aufgrund 42 Abs. 3 SWR-StV eine spezifische Optimierungspflicht, da sein Kapazittsbestand betroffen ist[42]. Dessen ungeachtet haben aber die Landesmedienanstalten eine allgemeine Optimierungsaufgabe mit dem Inhalt, Kapazitten so zu verteilen, da die Empfangsmglichkeiten verbessert und erweitert werden (vgl. nur 6 Abs. 1 Ziff. 2 LMedienG; 38 Abs. 3 LRG: "optimale Ausnutzung technischer Mglichkeiten").

Im Rahmen dieser Neuverteilung sind die gesetzlichen Vorgaben nach den Landesmedien- und rundfunkgesetzen zu beachten (vgl. 7 LMedienG Baden-Wrttemberg, 38 Abs. 3 Ziff. 2 LRG Rheinland-Pfalz). Insbesondere die Formulierung des 7 LMedienG Baden-Wrttemberg macht dabei deutlich, da die Ausweisung vorhandener Kapazitten so vorzunehmen ist, da die "Landesrundfunkanstalten ihre gesetzlichen Aufgaben erfllen" knnen; die Ausweisung hat daher bedarfsorientiert zu erfolgen. Der Bedarf wiederum ergibt sich aus dem SWR-StV fr die dort zugelassenen Programme. Fr den hier gegebenen Zusammenhang mit "DasDing" bedeutet dies zweierlei:

Erstens, da dem SWR nur soviel Kapazitten zuzuweisen sind, wie er zur Verbreitung der vier Hrfunkprogramme gem 3 Abs. 1 SWR-StV bentigt; eine Kapazittsausweisung zur Verbreitung von "DasDing" kann nach den oben unter B. ausgefhrten Erwgungen daher nicht erfolgen.

Zweitens, da die bis dahin zur Verbreitung von "DasDing" in Frage kommenden Frequenzen fr eine Neu- bzw. Umverteilung zur Verfgung stehen. Denn nach dem SWR-StV ist deutlich, da der SWR nur diejenigen Frequenzen behalten knnen soll, die er bentigt; der Frequenzbestand ist damit durch den Programmauftrag begrenzt.

Im Rahmen der Frequenzoptimierung fhren die Landesmedienanstalten daher die staatsvertraglichen Vorgaben der Programmzahlbeschrnkung aus und weisen Kapazitten entsprechend diesen Vorgaben zu.

Von diesen fusionsbedingten Besonderheiten unberhrt bleibt die obige (C. II.) grundstzliche Feststellung, da eine erfolgte (bedarfsorientierte) Zuweisung programmneutral ist: sollte etwa der SWR nach durchgefhrter Frequenzoptimierung in einem Versorgungsgebiet das Programm SWR 3 gegen "DasDing" austauschen, um sich den genderten Bedrfnissen von Jugendlichen anzupassen, so wre den Landesmedienanstalten der Zugriff auf die betroffene Frequenz verwehrt. In einem solchen Fall htte die Rechtsaufsicht einzugreifen[43]. Bei einer Verbreitung von "DasDing" im knftigen "non-must-carry"-Bereich in den Kabelnetzen Baden-Wrttembergs gilt diese Erwgung erst recht, denn eine Kapazittszuteilung durch die Landesmedienanstalten entfllt wegen der Freiheit des Netzbetreibers in der Belegung seiner Netze. Anders ist der Fall nur, wenn eine nachtrgliche Umwidmung durch eine weiterbestehende Doppelversorgung ermglicht wird (die es nach dem Konzept der Frequenzoptimierung eigentlich dann nicht mehr geben drfte). In einem solchen Fall sind wiederum die Landesmedienanstalten gefragt, die den Kapazittsbedarf fortlaufend zu prfen haben.

IV. Zwischenergebnis

Im Rahmen des vom SWR-StV vorgesehenen Verfahrens der Frequenzoptimierung ist zu bercksichtigen, da dem SWR die Veranstaltung eines weiteren Programms nicht gestattet ist. Bei der ausstehenden Neuverteilung bestehender Frequenzen erhlt der SWR demnach nur soviel Kapazitten, wie er zur Erfllung seines Programmauftrags bentigt; zu diesem Auftrag gehrt die Veranstaltung von "DasDing" nicht.

Unabhngig vom Verfahren der Frequenzoptimierung verbleibt es bei dem Grundsatz der programmneutralen Kapazittszuweisung; tauscht der SWR nach erfolgter Frequenzoptimierung auf einer ihm zugewiesenen Frequenz sein Programm gegen "DasDing" aus, knnen die Landesmedienanstalten auf diese Frequenz nicht zugreifen; anders ist dies nur bei weiterbestehender Doppelversorgung.

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D. Rechtsschutzmglichkeiten - Handlungsoptionen

Die obigen Ausfhrungen haben ergeben, da die terrestrische und kabelgesttzte Verbreitung von "DasDing" aus programmrechtlichen Erwgungen rechtswidrig ist und da dies im Rahmen der Frequenzoptimierung zu beachten ist. Abschlieend soll nun untersucht werden, welche Handlungsmglichkeiten bestehen. Dabei ist jeweils zwischen aufsichtsrechtlichen Manahmen durch die Landesregierungen, Manahmen der Landesmedienanstalten und Konkurrentenklagen zu unterscheiden:

I. Handlungsmglichkeiten der Rechtsaufsicht

Manahmen bezglich der Veranstaltung eines nicht zugelassenen Programms knnen lediglich von den Landesregierungen Baden-Wrttemberg oder Rheinland-Pfalz im Wege der Rechtsaufsicht getroffen werden, 37 SWR-StV[44]. Beide Landesregierungen nehmen die Rechtsaufsicht im zweijhrigen Wechsel wahr, beginnend mit der Landesregierung Baden-Wrttemberg ( 37 Abs. 1 S. 2 SWR-StV).

Allerdings kommt eine Manahme der Rechtsaufsicht erst in Betracht, wenn die zustndigen Organe des SWR (Intendant, Verwaltungsrat und Rundfunkrat, 13 Abs. 1 SWR-StV) die ihnen obliegenden Pflichten in einer angemessenen Frist nicht erfllen, 37 Abs. 2 SWR-StV. Durch diese Subsidiaritt der Rechtsaufsicht soll die Anstaltsautonomie des SWR gewahrt werden[45].

Ein Anspruch Dritter auf Einschreiten der Aufsichtsbehrde gegen den SWR besteht nicht, da die Rechtsaufsicht ausschlielich im ffentlichen Interesse wahrgenommen wird und damit nicht den individuellen Interessen privater Konkurrenten dient. Dies hat das VG Stuttgart in einer ersten (im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen) Entscheidung zum SWR-StV ausgefhrt[46]. Anla dieser Entscheidung war das Begehren eines privaten Konkurrenten, die Verbreitung des Programmfensters "SWR 3 Metro" in Stuttgart zu untersagen, da es sich dabei um ein unzulssiges fnftes Hrfunkprogramm des SWR handele und weil das Programm SWR 3 am 1.9.1998 verfrht auf Sendung gegangen sei.

II. Handlungsmglichkeiten der Landesmedienanstalten

Handlungsmglichkeiten der Landesmedienanstalten bestehen im Rahmen der Frequenzoptimierung bei der Kapazittsausweisung. Diese ist in einer Weise vorzunehmen, da dem SWR die Veranstaltung der staatsvertraglich zugelassenen Programme ermglicht wird, wozu "DasDing" nicht gehrt.

Aufsichtsmanahmen ber den SWR bezglich der unzulssigen Verbreitung eines weiteren Programmes stehen den Landesmedienanstalten nicht zu. Hierfr sind allein die Gremien des SWR und - subsidir - die die Rechtsaufsicht fhrende Landesregierung zustndig.

III. Handlungsmglichkeiten der Konkurrenten

Fr den privaten Konkurrenten ergeben sich aus der weitergehenden Verbreitung von "DasDing" unangenehme Konsequenzen, wenn sich seine bisherigen Hrer dem neuen Programm zuwenden; diese Abwanderung kann unmittelbare Auswirkung auf die Werbeeinknfte des privaten Veranstalters haben[47]. Die Rechtswidrigkeit der Veranstaltung eines weiteren Programmes durch den SWR kann hier als Hebel fr Rechtsschutzmglichkeiten dieser Konkurrenten dienen.

Das VG Stuttgart hat jedoch in seiner oben erwhnten Entscheidung ausgefhrt, da "ausschlielich wirtschaftliche Grnde, die den privaten Anbietern eine verbesserte Ausgangsposition im Wettbewerb verschaffen sollen, keine Eingriffe in die Programmautonomie des ffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalters rechtfertigen"[48]. Da es sich daher lediglich um wirtschaftlichen Wettbewerb handele, knne "der Regelung in 3 SWR-StV bereits aus verfassungsrechtlichen Grnden (...) kein Drittschutz zukommen"[49]. Nach dieser Entscheidung des VG Stuttgart stehen den privaten Konkurrenten daher keine Handlungsmglichkeiten offen, um sich gegen die terrestrische oder kabelgesttzte Verbreitung von "DasDing" zu wehren[50]. Davon unberhrt bleiben die den Konkurrenten offenstehenden wettbewerbsrechtlichen Klagemglichkeiten[51].

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Zusammenfassung

1. Die terrestrische und kabelgesttzte Verbreitung von "DasDing" ist rechtswidrig, denn sie stellt die Veranstaltung eines weiteren Programmes im Sinne des 3 SWR-StV dar, was dem SWR ohne entsprechende staatsvertragliche Zulassung verwehrt ist. Eine Rechtfertigung der weitergehenden Verbreitung von "DasDing" als Erprobungsprojekt scheidet ebenfalls aus.

2. Bezglich der Kapazittszuweisung nach der vom SWR-StV vorgesehen Frequenzoptimierung bedeutet dies, da dem SWR nur solche Kapazitten zugewiesen werden knnen, die er zur Veranstaltung der bisherigen Programme, nicht aber fr "DasDing" bentigt. Diese Kapazittszuweisung wird - mit Ausnahme der zuknftigen "non-must-carry"-Bereiche der Kabelnetze in Baden-Wrttemberg - durch die Landesmedienanstalten vorgenommen.

3. Nach erfolgter Frequenzoptimierung ist die Kapazittszuweisung programmneutral; bei Umwidmung einer zugeteilten Frequenz ist den Landesmedienanstalten der Zugriff auf diese Frequenz verwehrt; anders ist dies, wenn die Umwidmung durch weiterbestehende Doppelversorgung ermglicht wird.

4. Konkrete Handlungsmglichkeiten ergeben sich fr die Rechtsaufsicht (z. Zt. Landesregierung Baden-Wrttemberg) bezglich der Verbreitung von "DasDing" als zustzlichem Programm. Den Landesmedienanstalten kommt die Aufgabe zu, im Proze der Frequenzoptimierung die Kapazitten bedarfsorientiert zuzuweisen; die fehlende Berechtigung des SWR zur Veranstaltung eines weiteren Programms ist dabei zu beachten. Private Konkurrenten knnen jedenfalls auf dem Verwaltungsprozeweg gegen die Veranstaltung von "DasDing" als weiterem Programm des SWR nach der bisherigen Entscheidungspraxis des VG Stuttgart zu 3 SWR-StV nicht klagen.

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Im Internet herausgegeben von Patrick Mayer - Informationen zu Artikel 5 Grundgesetz



Funoten:

[*] Der Verfasser ist Rechtsreferendar am Landgericht Offenburg.

[1] GBl.-BW 1997, S. 297 und GBl.-RP 1997, S. 260. Der Vertrag trat zum 1.1.1998 in Kraft; der SWR nahm seine Programmttigkeit zum 1.10.1998 auf. Zum ganzen Scherer in ZUM 1998, S. 8 ff.

[2] Fr Anregungen und Hinweise gilt den Referenten der Landesanstalt fr Kommunikation Baden-Wrttemberg besonderer Dank, in erster Linie Herrn Dr. Patrick Mayer.

[3] http://www.dasding.de/dtv. Vgl. auch die Darstellung von Schuler, "Mehr als Radio fr Jugendliche", ARD-Jahrbuch 1998, S. 75 ff.

[4] http://www.dasding.de/real/technik.html

[5] http://www.swr-online.de/frequenzen/satellit.html

[6] Vgl. zum DAB-Versuchsprojekt Baden-Wrttemberg die umfassende Studie von Faehndrich, DAB-Pilotprojekt Baden-Wrttemberg (Sdfunk-Hefte, Bd. 24, 1998).

[7] http://www.swr-online.de/presse/news/981126_1.html

[8] Kabel & Satellit vom 30.11.1998; FAZ vom 2.12.1998.

[9] Funkkorrespondenz vom 4.12.1998.

[10] So z.B. Art. 2 BR-G; 2 HR-G; 2 RB-G; 18 Abs. 2 LRG Saarland; 2 Abs. 1 SFB-Satzung; 3 Abs. 1 WDR-G; 4 Abs. 1 ORB-G.

[11] Ausfhrlich Nowosadtko, Frequenznutzung durch ffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten 1998 (i. Vb.), S. 157 ff.; die Auslegung der sog. "Bestandsschutzklausel" erlangt gerade im Rechtsstreit um die Verbreitung von "N-Joy" Bedeutung.

[12] Die Veranstaltung von Fernsehprogrammen richtet sich nach 3 Abs. 2 MDR-G.

[13] Amtl. Begrndung zu 3 SWR-StV. Inhaltlich ist der Staatsvertragsvorbehalt des 3 Abs. 3 SWR-StV an 19 Abs. 3 RStV angelehnt.

[14] Dazu nher Scherer aaO. (Fn. 1), S. 15 f.; Hertel in Flechsig (Hrsg.), SWR-StV-Kommentar 1998, S. 105 Rz. 22, wonach sich der Gesetzgeber "nahe an die Grenze zur Verfassungswidrigkeit" begeben hat; Oppermann, Der Staatsvertrag ber den SWR und die Rundfunkfreiheit des knftigen SWR (1997), im Internet unter http://www.digital-law.net/artikel5/artikel/swr-gutachten.html abrufbar.

[15] Es kann auch kein ernsthafter Zweifel bestehen, da es sich bei "DasDing" um ein Hrfunkprogramm handelt; denn auch wenn eine zustzliche Verbreitung ber das Internet stattfindet, so handelt es sich dabei lediglich um ein Angebot, welches als Annex zu der herkmmlichen Verbreitung zu betrachten ist und welches seine Berechtigung vor dem Hintergrund der spezifischen Entwicklungsgarantie erhlt, wonach dem ffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Teilhabe an Zukunftstechnologien nicht verwehrt sein darf (BVerfGE 83, 238 [299 f.]; s. dazu sogleich). Kritisch Ricker in AfP 1998, S. 437 (445 ff.).

[16] Amtl. Begrndung zu 3 Abs. 3 SWR-StV. Kritisch zur Ausweitung der ffentlich-rechtlichen Aktivitten bei interaktiven Medienangeboten Ricker aaO. (Fn. 15), S. 437 ff.

[17] Vgl. Hertel in Flechsig (Hrsg.), SWR-StV-Kommentar 1998, S. 113, Rz. 49.

[18] Fr die Existenz eines solchen ungeschriebenen Rechts Hertel in Flechsig (Hrsg.), SWR-StV-Kommentar 1998, S. 113, Rz. 48.

[19] Vgl. Ziff. III der Ausschreibung zum DAB-Versuchsprojekt durch die LfK im Staatsanzeiger Baden-Wrttemberg Nr. 23 vom 3.6.1996, S. 43. Zu den Versuchszielen des DAB-Projektes auch Faehndrich aaO. (Fn. 6), S. 21 ff.

[20] Mayer/Motz in ZUM 1998, S. 133 ff.; vgl. im brigen auch die Ausschreibung des DVB-C-Projektes durch die LfK, Staatsanzeiger Baden-Wrttemberg Nr. 19 vom 20.5.1997, S. 63.

[21] BVerfGE 83, 238 (299); Scheble, Perspektiven der Grundversorgung 1995, S. 383 (385).

[22] Fr eine solche Pflicht Oppermann aaO. (Fn. 14); dagegen Ory in AfP 1998, S. 550 (551).

[23] Zur Frequenzplanung durch Landesmedienanstalten ausfhrlich Nowosadtko aaO (Fn. 11), S. 36 ff.

[24] Rechtsverordnung der Landesanstalt fr Kommunikation ber einen Nutzungsplan fr die drahtlosen Frequenzen und fr die Kabelnetze (NutzungsplanVO) vom 24.7.1998.

[25] Vgl. ausfhrlich VGH Baden-Wrttemberg in ZUM 1995, S. 151 ff. (S 4-Entscheidung).

[26] Zur Rangfrage bei der Rundfunkverbreitung allgemein Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht 1997, S. 448 ff. und S. 463 ff.

[27] Zur Abgrenzung der Vernderung sendetechnischer Merkmale zur bloen Umwidmung einer zugeordneten Frequenz vgl. Nowosadtko aaO. (Fn. 11), S. 157 ff.

[28] Der NDR plante im Jahre 1994 die Einfhrung eines fnften Hrfunkprogrammes unter dem Namen "N-Joy", das sich nach Musikfarbe und Art der Prsentation primr an Jugendliche richten sollte. Zur technischen Realisierung wurde die bis dahin zur Ausstrahlung eines anderen Programmes genutzte Frequenz 94,2 MHz nach Hamburg verlagert. Unter Berufung auf die angebliche Rechtswidrigkeit der Frequenznutzung erwirkte der in Hamburg ttige Sender "OK-Radio" eine einstweilige Anordnung des VG Hamburg, die es dem NDR verbot, die Frequenz 94,2 MHz fr das Programm N-Joy zu nutzen (Entscheidung vom 24.3.1994, ZUM 1994, S. 565 ff.). Auf die Beschwerde des NDR hin setzte das OVG Hamburg die Vollziehung der Anordnung aus (Entscheidung vom 31.3.1994, ZUM 1994, S. 569, im Anschlu an die Entscheidung des VG) und hob schlielich den Beschlu des VG auf (Entscheidung vom 4.5.1995, ZUM 1995, S. 221). Im Hauptsacheverfahren hielt das VG Hamburg an seiner Auffassung fest und untersagte dem NDR die Nutzung der Frequenz 94,2 (Entscheidung vom 9.9.1998, bislang unverffentlicht). Der NDR hat gegen diese Entscheidung die Zulassung der Berufung beantragt. Vgl. zum ganzen Nowosadtko in ZUM 1996, S. 223 ff. und Engel in ZUM 1994, S. 536 ff.

[29] Az. 17 VG 748/94 (unverffentlicht).

[30] S. 15 des Entscheidungsumdrucks.

[31] Vgl. Nowosadtko aaO. (Fn. 11), S. 157 ff.; ders. aaO. (Fn. 11), S. 224.

[32] Engel, Medienordnungsrecht S. 120 und aaO. (Fn. 28), S. 541. Abwgend Nowosadtko aaO. (Fn. 11), S. 164 ff.

[33] Nowosadtko aaO. (Fn. 11), S. 163. Vgl. auch Astheimer in Flechsig (Hrsg.), SWR-StV-Kommentar 1998, S. 410, Rz. 39.

[34] Nowosadtko aaO. (Fn. 11), S. 224; OVG Hamburg in ZUM 1995, S. 221 (227).

[35] Ricker/Schiwy aaO. (Fn. 26), S. 91; BVerfGE 20, 99.

[36] 3 S.2 LRG Rheinland-Pfalz bringt dies klar zum Ausdruck: "Der LPR stehen keine Befugnisse ihnen gegenber (i.e. den ffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern, d. Verf.) zu". Ricker/Schiwy aaO. (Fn. 26, S. 250) gehen demgegenber davon aus, da wegen der pluralistischen Zusammensetzung der Landesmedienanstalten diese am ehesten in der Lage sind, bei einer Entscheidung dem Gebot der Staatsferne Rechnung zutragen.

[37] A.A. Engel aaO. (Fn. 28), S. 538 ff.

[38] Vgl. dazu ausfhrlich Scherer in VBlBW. 1998, S. 321 ff.

[39] Hertel in Flechsig (Hrsg.), SWR-StV-Kommentar 1998, S. 58, Rz. 17, weist darauf hin, da das Gebot zur Frequenzoptimierung nicht nur den Abbau von Doppelversorgungen beinhaltet, sondern auch die Schlieung bestehender Versorgungslcken fr den SWR.

[40] Vgl. Scherer aaO. (Fn. 1), S. 13. Vgl. auch Hertel in Flechsig (Hrsg.), SWR-StV-Kommentar 1998, S. 58, Rz. 15 ff.

[41] Abgedruckt bei Flechsig (Hrsg.), SWR-StV-Kommentar 1998, S. 49. Der erste Zwischenbericht der Arbeitsgruppe wurde zum 31.12.1998 vorgelegt.

[42] Den SWR trifft auch eine Berichtspflicht bezglich des Standes der Frequenzoptimierung an die Landtage und an die Landesregierungen, 42 Abs. 2 SWR-StV; vgl. dazu auch Scherer aaO. (Fn. 38), S. 322.

[43] S. dazu unten unter D.

[44] Vgl. allgemein Ricker/Schiwy aaO. (Fn. 26), S. 225 ff.

[45] Amtl. Begrndung zu 37 SWR-StV.

[46] VG Stuttgart, Beschlu vom 28.10.1998, Az. 1 K 4787/98 (unverffentlicht), S. 7 des Entscheidungsumdrucks.

[47] Ausfhrlich zur Konfliktlage privater Konkurrenten bei Umwidmung einer Frequenz Nowosadtko aaO. (Fn. 11), S. 164 ff. Zum Konflikt in Nordrhein-Westfalen wegen der Veranstaltung eines sechsten Hrfunkprogrammes durch den WDR vgl. AfP 1998, S. 496. Im Fall der Ausstrahlung des Jugendsenders Sputnik durch den MDR haben die Privatsender ihre Klage mittlerweile zurckgezogen (AfP 1998, S. 499).

[48] VG Stuttgart aaO. (46), S. 8 f.

[49] VG Stuttgart aaO. (Fn. 46), S. 9.

[50] Das VG Hamburg (aaO., Fn. 28) leitet subjektive Rechte unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ab. Die pauschale Begrndung unter Verweis auf den Beschlu des BVerfG vom 20.2.1998 (NJW 1998, S. 2659 [2660]), dessen Ausfhrungen "erst recht" glten (S. 11 des Entscheidungsumdrucks) ist aber wenig berzeugend.

[51] Auch hier liegt erste Entscheidungspraxis zum SWR-StV vor. Im Gegensatz zu der Entscheidung des VG Stuttgart war aber nicht der verfrhte Sendestart von SWR 3 Gegenstand des Rechtsstreits, sondern die Frage, ob die Ausstrahlung von Werbung in diesem regionalen Fenster rechtswidrig ist. Das LG Stuttgart (Entscheidung vom 8.9.1998, unverffentlicht) und das OLG Stuttgart (Entscheidung vom 24.9.1998, unverffentlicht) lehnten den Erla einer einstweiligen Verfgung ab, da 8 SWR-StV die Durchschaltung von Werbung zulasse. Allerdings wurde bersehen, da es sich infolge des verfrhten Sendestarts von SWR 3 zum 1.9.1998 immer noch um Programme des SDR und des SWF und folglich deren Programmverantwortung handelte (so ausdrcklich 41 Abs. 1 S. 3 SWR-StV) und aus diesem Grund bis zum 1.10.1998 die strengere Regelung des 14 Abs. 2 LMedienG anwendbar blieb, die eine Durchschaltung nicht erlaubt (OLG Stuttgart, AfP 1996, S. 174 ff.).

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