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Bundesgesetzblatt 1997, Teil 1, 24. November 1997, S. 2710

Gesetz
ber die Anwendung von Normen fr die bertragung von Fernsehsignalen
(Fernsehsignalbertragungs-Gesetz - FG)

vom 14. November 1997
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

1
Anwendungsbereich

Dieses Gesetz dient der Frderung und der Entwicklung fortgeschrittener Fernsehdienste sowie dem chancengleichen Zugang zu fortgeschrittener Fernsehtechnologie. Es dient zugleich der Umsetzung der Richtlinie 95/47/EG des Europischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 ber die Anwendung von Normen fr die bertragung von Fernsehsignalen (ABl. EG Nr. L 281 S. 51).

2
Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes ist
  1. fortgeschrittener Fernsehdienst

    a) ein mit PAL oder SECAM kompatibler nicht voll digitaler Fernsehdienst im Breitbildschirmformat,

    b) ein nicht voll digitaler Fernsehdienst im Breitbildschirmformat mit 625 Zeilen (D2-MAC) oder hochauflsend mit 1 250 Zeilen (HD-MAC) und

    c) ein voll digitaler Fernsehdienst;

  2. Breitbildschirmformat ein Fernsehformat mit Bildschirmseitenverhltnis 16:9 (Bildbreite zu Bildhhe);
  3. ein bertragungssystem ein System zur bertragung von Fernsehbild-, Fernsehton- und. Fersehdatensignalen zwischen Signalquellen und -senken. Ein digitales bertragungssystem umfat folgende Bestandteile: Erzeugung von Programmsignalen (Quellenkodierung der Audio- und der Video-Signale, Multiplexen der Signale) sowie Anpassung an die bertragungsmedien (Kanalkodierung, Modulation- und gegebenenfalls Verteilung der Energie);
  4. ein Zugangsberechtigungssystem ein System zur Verschlsselung von Fernsehsignalen und zur Realisierung des Zugangs zu diesen Signalen;
  5. Programmverteiler jeder, der auf vertraglicher Grundlage den Zugang zu Fernsehprogrammen fr Fernsehzuschauer anbietet.

3
bertragungssysteme von Fernsehdiensten

(1) Anbieter von fortgeschrittenen Fernsehdiensten, die zu Fernsehzuschauern bertragen werden, mssen
  1. fr Fernsehdienste im Breitbildschirmformat mit 625 Zeilen, die nicht voll digital sind, das 16:9-D2-MAC-bertragungssystem oder ein 16:9-bertragungssystem, das mit PAL oder SECAM voll kompatibel ist, verwenden,
  2. fr hochauflsende Fernsehdienste, die nicht voll digital sind, das HD-MAC-bertragungssystem verwenden und
  3. fr voll digitale Fernsehdienste ein bertragungssystem verwenden, das von einer anerkannten europischen Normungsorganisation genormt worden ist.
Das Bundesministerium fr Post und Telekommunikation legt durch Rechtsverordnung fest, welche Normen die Voraussetzungen gem Satz 1 Nr. 3 erfllen. Es bernimmt dabei die von einer anerkannten europischen Normenorganisation geschaffenen Normen.

(2) Anbieter von Fernsehdiensten und Betreiber von Fernseh-Verteilsystemen mssen bei der Benutzung voll digitaler bertragungssysteme, die fr die Verteilung von Fernsehdiensten fr die ffentlichkeit zur Verfgung stehen, Systeme verwenden, die fr die Verteilung von Diensten im Breitbildschirmformat 16:9 geeignet sind.

4
Verteilung von Breitbildschirm-Fernsehdiensten

Betreiber von Kabel-Fernsehsystemen mssen Breitbildschirm-Fernsehdienste im Format 16:9, die zur Weiterverteilung empfangen werden, zumindest im Breitbildschirmformat 16:9 weiterverteilen.

5
Fernsehgerte, Fernsehempfnger und Gerte, die verwrfelte digitale Signale dekodieren knnen

(1) Alle zum Verkauf oder zur Miete angebotenen Fernsehgerte mit einem integrierten Bildschirm, dessen sichtbare Bildschirmdiagonale 42 cm berschreitet, mssen mindestens mit einer von einer anerkannten europischen Normungsorganisation genormten Anschlubuchse fr offene Schnittstellen ausgerstet sein, die den einfachen Anschlu von Peripheriegerten, insbesondere von zustzlichen Dekodern und Digitalempfngem, ermglicht.

(2) Fernsehempfnger mit einem integrierten digitalen Dekoder mssen den Einbau von mindestens einer von einer anerkannten europischen Normungsorganisation genormten Steckbuchse erlauben, die den Anschlu von Zugangsberechtigungssystemen und anderen Elementen eines digitalen Fernsehdienstes an den digitalen Dekoder ermglichen.

(3) Alte Gerte der Unterhaltungselektronik, die verkauft, vermietet oder in anderer Weise zur Verfgung gestellt werden und die verwrfelte digitale Fernsehsignale dekodieren knnen, mssen in der Lage sein,

  1. solche Signale entsprechend einem Verwrfelungs-Algorithmus zu dekodieren, der innerhalb des gemein-

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  1. samen [gemeinsamen] europischen Marktes allgemein verwendbar ist und dem Stand der Technik entspricht, und
  2. Signale, die unverschlsselt bertragen worden sind, wiederzugeben. Bei vermieteten Gerten mu dies nur gegeben sein, wenn der Mieter den Mietvertrag einhlt.
Die Anforderungen nach Nummer 1 gelten als erfllt, wenn das Gert einen Verwrfelungs-Algorithmus enthlt, der von einer anerkannten europischen Normenorganisation verwaltet wird.

6
Zugangsberechtigungssysteme fr digitale Fernsehdienste

(1) Anbieter und Verwender von Zugangsberechtigungssystemen mssen diese unabhngig vom bertragungsweg so ausgestalten, da die Systeme die erforderlichen technischen Mglichkeiten fr eine kostengnstige bergabe der Kontrollfunktionen an den Kopfstellen der Kabelnetze aufweisen, um den Kabelfernsehbetreibem auf lokaler und regionaler Ebene eine vollstndige Kontrolle der Dienste zu ermglichen, die solche Zugangsberechtigungssysteme verwenden.

(2) Die Ausbung der Kontrollfunktion nach Absatz 1 darf keine Unterbrechung von Programmen fr berechtigte Kunden nach sich ziehen. Sie berechtigt nicht zur Erhebung oder Verarbeitung personenbezogener Daten der Kunden des Kabelfernsehbetreibers.

7
Anbieten von Diensten mit Zugangsberechtigung

(1) Anbieter und Verwender von Zugangsberechtigungssystemen, die, unabhngig vom bertragungsweg, Zugangsdienste zu digitalen Fernsehdiensten herstellen und vermerkten, mssen
  1. allen Rundfunkveranstaltem zu chancengleichen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen technische Dienste anbieten, die es gestatten, da deren digitale Fernsehdienste von zugangsberechtigten Fernsehzuschauem mit Hilfe von Dekodem, die von den Anbietem von Diensten verwaltet werden, empfangen werden knnen,
  2. in bezug auf ihre Ttigkeit als Anbieter von Diensten mit Zugangsberechtigung eine getrennte Rechnungsfhrung haben.
(2) Die Verpflichtung der Anbieter zur Einhaltung des nationalen und europischen Wettbewerbsrechtes sowie der landesrechtlichen Rundfunkregelungen bleiben hiervon unberhrt.

(3) Anbieter von digitalen Fernsehdiensten knnen Ansprche gegen Anbieter von Diensten mit Zugangsberechtigung, gesttzt auf Absatz 1 oder 6, gegen die Anbieter und Verwender von Zugangsberechtigungssystemen nur dann geltend machen, wenn die von ihnen angebotenen Dienste mit diesem Gesetz und mit den fr diese Anbieter unmittelbar geltenden europischen Rechtsvorschriften bereinstimmen.

8
Tarifliste

Jeder fr das Abrechnungssystem mit den Abonnenten Verantwortliche ist verpflichtet, unverzglich nach Aufnahme seiner Ttigkeit eine Tarifliste zu verffentlichen, in der auch bercksichtigt wird, ob Zusatzgerte bereitgestellt werden. Die Verffentlichung erfolgt im Bundesanzeiger. Vor Abschlu des Vertrages ber den Empfang von Fernsehprogrammen gegen Entgelt ist dem Fernsehzuschauer ein Abdruck der Tarifliste auszuhndigen.

9
Vorgabe von Lizenzen fr die Technologie der Zugangsberechtigung

(1) Vergibt ein Inhaber von gewerblichen Schutzrechten an Zugangsberechtigungssystemen und -produkten Lizenzen an Hersteller von Kundengerten, mu dies zu chancengleichen, angemessenen und nichtdiskriminiereriden Bedingungen geschehen.

(2) Bei der Vergabe von Lizenzen drfen technische und kommerzielle Faktoren bercksichtigt werden.

(3) Der Rechtsinhaber darf die Vergabe nicht an Bedingungen knpfen, mit denen der Einbau

  1. einer gemeinsamen Schnittstelle, die den Anschlu auch mehrerer anderer Zugangssysteme ermglicht, oder
  2. von anderen Elementen, die einem anderen Zugangssystem eigen sind,
in ein Gert untersagt, verhindert oder erschwert werden soll. Der Lizenznehmer mu angemessene Bedingungen des Rechteinhabers, mit denen die Sicherheit der Transaktionen der Anbieter von Zugangsberechtigungssystemen sichergestellt wird, hinnehmen.

10
Schadensersatz

(1) Anbieter von Waren, Rechten oder Dienstleistungen, die vorstzlich oder fahrlssig gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes verstoen, sind ihren Vertragspartnern zum Schadensersatz verpflichtet, sofern diese Bestimmungen den Schutz des Vertragspartners bezwecken.

(2) Der Schadensersatzanspruch umfat pauschal 15 vom Hundert des vertraglich vereinbarten Entgeltes. Die Geltendmachung eines hheren Schadens und ein Anspruch auf eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Leistung bleiben unberhrt.

11
Schlichtungsverfahren

(1) Jeder, der durch die Bestimmungen der 5 bis 9 berechtigt oder verpflichtet wird, kann zur Beilegung ungelster Streitfragen in bezug auf die Anwendung dieser Vorschriften die Schlichtungsstelle anrufen. Die Anrufung erfolgt schriftlich.

(2) Die Schlichtungsstelle wird beim Bundesministerium fr Post und Telekommunikation oder einer seiner nachgeordneten Behrden errichtet. Sie besteht aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern. Das Bundesministerium fr Post und Telekommunikation regelt die Errichtung und Besetzung der Schlichtungsstelle und erlt eine Verfahrensordnung. Die Errichtungsanordnung, die Besetzungsanordnung und die Verfahrensordnung sind im Amtsblatt des Bundesministeriums fr Post und Telekommunikation zu verffentlichen.


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(3) Die Schlichtungsstelle hat die am Streitfalle Beteiligten zu hren. Sie bestimmt das Verfahren im Rahmen der Verfahrensordnung nach billigem Ermessen. Das Verfahren ist transparent, zgig und kostengnstig zu gestalten.
(4) Die Schlichtungsstelle kann im Rahmen des Erforderlichen Sachverstndige und Zeugen hren. Sie kann die Kommission der Europischen Gemeinschaften auffordern, eine Stellungnahme bezglich der Anwendung des Vertrages zur Grndung der Europischen Gemeinschaft abzugeben. Sie kann diese Manahmen von der Zahlung eines Auslagenvorschusses abhngig machen.

(5) Das Ergebnis des Schlichtungsverfahrens ist schriftlich festzuhalten. Sofern dies zur Vermeidung eines gerichtlichen Rechtsstreites geeignet erscheint, kann die Schlichtungsstelle den Beteiligten einen Einigungsvorschlag unterbreiten. Erklren sich alle Beteiligten schriftlich mit dem Schlichtungsspruch einverstanden, so hat dieser die Wirkung eines Gtevergleiches im Sinne des 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozeordnung. Die 795 und 797a Abs. 1 bis 3 der Zivilprozeordnung finden auf den Schlichtungsspruch entsprechende Anwendung.

(6) Fr das Schlichtungsverfahren werden Kosten (Gebhren und Ausgaben) von dem oder den Anrufenden erhoben. Die Gebhr fr das Schlichtungsverfahren betrgt 0,1 vom Hundert des Wertes der Streitfrage, mindestens jedoch 300 Deutsche Mark. Auf die Bestimmungen des Wertes der Streitfrage finden die 3 bis 9 der Zivilprozeordnung entsprechende Anwendung. ber die Pflicht zur Erstattung von Auslagen der Beteiligten entscheidet die Schlichtungsstelle unter Bercksichtigung des Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Die Entscheidung nach Satz 3 ist in den Schlichtungsvorschlag nach Absatz 5 Satz 2 aufzunehmen. Im brigen finden die 8 bis 21 des Verwaltungskostengesetzes Anwendung.

(7) Das Schlichtungsverfahren schliet die Geltendmachung von Ansprchen auf dem Rechtsweg nicht aus. Die Befugnis des Absatzes 4 Satz 2 steht auch den Gerichten zu.

12
Bugeldvorschrift

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorstzlich oder fahrlssig
  1. entgegen 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 3 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Satz 2 ein bertragungssystem nicht oder nicht richtig verwendet,
  2. entgegen 4 einen Breitbildschirm-Fernsehdienst nicht oder nicht richtig weiterverteilt oder
  3. entgegen 8 Satz 1 eine Tarifliste nicht, nicht richtig, nicht vollstndig oder nicht rechtzeitig verffentlicht.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbue bis zu fnfzigtausend Deutsche Mark geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehrde im Sinne des 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes ber Ordnungswidrigkeiten ist das Bundesministerium fr Post und Telekommunikation. 36 Abs. 3 des Gesetzes ber Ordnungswidrigkeiten gilt entsprechen.

13
bergangsvorschriften

(1) Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits angebotenen fortgeschrittenen Fernsehdienste mssen die Anforderungen des 3 sptestens neun Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erfllen.

(2) Erstmals in den Verkehr gebrachte Fernsehgerte, Fernsehempfnger und sonstige Gerte der Unterhaltungselektronik im Sinne des 5 mssen die dort genannten Anforderungen sptestens achtzehn Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erfllen.

14
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkndung in Kraft.
Die verfassungsmigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkndet.


Berlin, den 14. November 1997

Der Bundesprsident
Roman Herzog
Der Bundeskanzler
Dr. Helmut Kohl
Der Bundesminister fr Post und Telekommunikation
Wolfgang Btsch


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Patrick Mayer, 1998 / Alle Rechte vorbehalten / Stand: 1998-03-31 / URL: http://www.artikel5.de/gesetze/fueg.html