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bersicht:


Spamming im franzsischen Recht

I Einfhrung

II Zulssigkeit des Spammings


1. Anwendbares Recht
2. Keine Verbotsnorm

a) Verbraucherschutz
b) Allgemeine Rechtsgrundstze
c) Schadensersatzrecht

aa) Schadensersatzanspruch eines Konkurrenten
bb) Schadensersatzanspruch des Adressaten


III Rechtlicher Rahmen


1. Fernabsatzgesetz
2. Gesetz zum Schutz der franzsischen Sprache
3. Datenschutz


V Fazit

Spamming im franzsischen Recht

Von Rechtsanwalt Lutz Hartmann, Paris, Kanzlei WEIL & Associs

Stand: Mai 2000


I. Einfhrung

Im Zuge einer intensiveren Nutzung des Internets durch die franzsischen Verbraucher ist davon auszugehen, dass die im Internet blichen Marketingmittel sich auch in Frankreich weiter ausbreiten werden. In den Vereinigten Staaten gehrt hierzu vor allem das Spamming, das unverlangte Zusenden von Werbung per E-Mail.

Auch wenn diese Marketingform in Frankreich noch nicht besonders stark genutzt wird, bestehen bereits mehrere Initiativen zur chtung des Spammings. Im Folgenden soll daher die Zulssigkeit des Versendens von unangeforderten Werbemails nach franzsischem Recht beurteilt (II.) und die rechtlichen Rahmenbedingungen begutachtet (III.) werden.

II. Zulssigkeit des Spammings

1. Anwendbares Recht

Mangels Regelungen im Gemeinschaftsrecht (E-Commerce-Richtlinie schliesst Anwendung auf Spamming bewusst aus) ist bei Werbemassnahmen nach wie vor von einer Anwendbarkeit des Rechts des Handlungsortes auszugehen. Jede an einen franzsischen Verbraucher oder Gewerbetreibenden gesandte Werbesendung, ob per Internet, Fax oder Briefsendung, ist daher nach dem franzsischen Recht zu beurteilen.

2. Keine Verbotsnorm

Anders als beispielsweise in sterreich und Italien hat der franzsische Gesetzgeber bisher das Spamming nicht geregelt und es sind auch keine Massnahme in diesem Bereich geplant. Zudem sieht die E-Commerce-Richtlinie der Europischen Union nur die Verpflichtung fr die Mitgliedsstaaten vor, sogenannte Robinson-Listen einzufhren, in die sich Verbraucher eintragen lassen knnen, wenn sie keine Werbung per E-Mail erhalten wollen (Art. 7).

Die unerwnschte Zusendung von Werbemails muss daher an dem franzsische Verbraucherrecht, an allgemeinen Rechtsgrundstzen und dem allgemeinen Schadensersatzrecht gemessen werden.

a) Verbraucherschutz

Anders als in Deutschland wird Werbung in Frankreich viel strker in Bezug auf den Endverbraucher als auf benachteiligte Konkurrenten gesehen. Ein mit dem deutschen UWG vergleichbares Gesetz zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb gibt es in Frankreich nicht. Statt dessen regelt der Code de la Consommation (Verbrauchergesetz), welche Rahmenbedigungen zum Schutz des Verbrauchers zu beachten sind. Die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des Code de la Consommation obliegt ausschliesslich der ffentlichen Verwaltung.

Der Code de la Consommation enthlt in den Art. L 121-22 bis L 121-33 Vorschriften ber den Fernabsatz, der in Frankreich alle Vertrge umfasst, die im Anschluss an Werbemassnahmen am Wohnort oder am Arbeitsplatz des Kunden geschlossen wurden. Diese auch auf das Spamming anzuwendenden Vorschriften regeln jedoch nicht die Frage der Lauterkeit solcher Praktiken, sondern lediglich die Rechte und Pflichten im Rahmen des Vertragsschlusses.

Nach der E-Commerce-Richtlinie wird wohl die Einrichtung und Beachtung sogenannter Robinson-Listen fr E-Mail-Werbung fr die Mitgliedsstaaten verpflichtend. In Frankreich bestehen heute solche Listen schon fr Faxwerbung (Safran) und Telephonmarketing (liste orange). Die Wirkung solcher Listen ist aber vor allem bei grenzberschreitenden Tatbestnden bekanntermassen usserst gering.

b) Allgemeine Rechtsgrundstze

Das franzsische Verfassungsrecht gibt dem Adressaten unangeforderter Werbemails nicht die Mglichkeit, wegen eines Verstosses gegen das Persnlichkeits- oder Eigentumsrecht vorzugehen.

Auch den Leitlinien der Internationalen Handelskammer zu Werbung und Marketing im Internet ist wegen ihrer Unverbindlichkeit kein Verbot des Spammings zu entnehmen. Artikel 5 Nr. 6 fordert zudem nur eine "opt-out"-Lsung, bei der es dem Verbraucher ermglicht wird, der Zusendung zu widersprechen und damit knftige Sendungen auszuschliessen.

Auch wenn das Spamming oft als den "guten Sitten" des Netzes zuwider bezeichnet wird, so ist es in Frankreich heute als grundstzlich zulssig anzusehen.

c) Schadensersatzrecht

Im franzsischen Recht werden Ansprche von Konkurrenten oder Verbrauchern im Wettbewerb wegen unlauterer Werbepraktiken nur vom allgemeinen Schadensersatzrecht erfasst.
aa) Schadensersatzanspruch eines Konkurrenten
Grundstzlich kommt fr Konkurrenten im Falle von unlauterer Werbung ein Schadensersatzanspruch gemss Art. 1382 f. Code Civil (Zivilgesetzbuch) in Betracht. Dieser Anspruch wurde unter bestimmten Voraussetzungen auch fr Direktmarketing angenommen.

Allerdings muss die Bewerbung dann entweder verunglimpfend sein, das Markenrecht des Klagenden verletzen oder eine systematische Bewerbung der Kundschaft des Klagenden sein. Dies wird im Falle des Spammings nur sehr selten zutreffen.

bb) Schadensersatzanspruch des Adressaten
Anders ist wohl die Situation des Adressaten der unverlangten Werbemail zu bewerten. Bei ihm sind die Tatbestandsmerkmale Schaden, Handlung eines Dritten und Kausalitt erfllt.

Eine solche Klage muss aber als recht unwahrscheinlich angesehen werden. Der Schaden, der durch eine Werbemail entstehen kann, wird meistens nur sehr gering sein, sodass eine Klage wirtschaftlich wenig Sinn machen wird. Das franzsische Recht sieht zudem keine Kostenerstattung durch die unterliegende Partei vor. Der Klger trgt somit die Prozess- und Anwaltskosten selbst.

Der zivilrechtliche Schadensersatz stellt aber derzeit unserer Ansicht nach die einzige Handhabe gegen unverlangte Werbemails dar. Die Rechtsprechung hatte aus oben genannten Grnden jedoch bisher nicht ber diese Frage zu entscheiden.

III. Rechtlicher Rahmen

Die derzeitige Rechtslage in Frankreich gestattet also grundstzlich unverlangte Werbung per E-Mail, wenn der Werbende das Risiko einer eventuellen Schadensersatzklage durch den Adressaten auf sich nimmt.

Da es sich bei E-Mails mit einem Werbeinhalt unbestritten um nicht-private Korrespondenz zu Werbezwecken handelt, ist das allgemeine franzsische Verbraucherrecht und hier vor allem die Regeln ber den Fernabsatz und die franzsische Sprache anzuwenden.

1. Fernabsatzgesetz

Auch wenn die Gesetzestexte derzeit nicht das Internet oder E-Mail als mgliches Medium nennen, so gelten die Vorschriften ber den Fernabsatz analog auch fr Vertrge, die ber diese Medien abgeschlossen werden. Insofern ist die Mail mit einem Telefax, einem Telephonanruf oder einem normalen Brief gleichzusetzen.

Als Besonderheit des franzsischen Rechts ist hier vor allem zu erwhnen, dass unter die sehr strengen Regeln der Art. L 121-21 bis L 121-33 nach stndiger Rechtsprechung auch alle Vertrge fallen, die aufgrund von schriftlichen Einladungen zu Verkaufsveranstaltungen in die Rume des Verkufers geschlossen werden, wenn durch die Ankndigung der Verbraucher in besonderem Masse angelockt wurde (Cass. Crim. 10. Januar 1996: Bull. crim. S. 27 nr. 12).

Sollte somit in einer Werbemail zum Besuch einer Homepage eingeladen werden, ber die der Verbraucher Vertrge abschliessen kann, so unterliegen auch diese Vertrge dem Fernabsatzgesetz, auch wenn es die freie Entscheidung des Verbrauchers ist, die Internetseite zu besuchen.

Das franzsische Fernabsatzrecht ist ansonsten bezglich Widerrufsfrist, schriftlicher Besttigung und Vertragsinhalt in weiten Teilen mit den neuen deutschen Regeln zu vergleichen.

2. Gesetz zum Schutz der franzsischen Sprache

Als franzsische Besonderheit muss das Gesetz zum Schutz der franzsischen Sprache (genannt "Loi Toubon") gesehen werden.

Nach den Vorschriften dieses Gesetzes muss Werbung an den Endverbraucher zwingend in franzsischer Sprache gefasst sein. Das schliesst zwar nicht aus, dass auch eine andere Sprache verwendet werden kann, doch muss dann eine bersetzung in hnlicher Schriftgrsse erfolgen.

Diese Vorschriften sind nach herrschender Meinung auch auf Werbung auslndischer Firmen anzuwenden, wenn diese an den franzsischen Endverbraucher gerichtet wird, egal in welchem Land sich der Absender befindet. Dieser Grundsatz ist auch auf das Spamming zu bertragen.

Einzig Werbung an Gewerbetreibende ist von dieser strikten Regelung auszunehmen.

3. Datenschutz

Datenschutzrechtlich stellt eine E-Mail-Adresse eine geschtzte private Information dar, die nicht ohne Zustimmung des Betroffenen wirtschaftlich genutzt werden kann.

So ist das Sammeln von Internetadressen in Chat-Foren, Newsgroups oder beim Besuch einer Homepage als Verstoss gegen das Datenschutzgesetz anzusehen. Hinterlsst jedoch ein Nutzer freiwillig seine Adresse bei einem Anbieter, kann dieser Anbieter die Adresse spter zu Werbezwecken verwenden.

Darber hinaus ist auch der Handel mit persnlichen Daten gestattet, wenn der Verwendung dieser Daten beim Sammeln von der betroffenen Person zugestimmt wurde.

V. Fazit

Spamming kann heute in Frankreich als grundstzlich zulssig angesehen werden, wobei die Frage der Schadensersatzansprche noch nicht gerichtlich geklrt wurde. Es ist jedoch davon auszugehen, dass franzsische Gerichte einen solchen Anspruch bejahen wrden, wenn die Anzahl der Mails berhand nimmt und eine Strung des Verbrauchers eintritt. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang die Beachtung der sonstigen Werbevorschriften (Sprache, Fernabsatz) des franzsischen Rechts durch den Werbenden.



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Lutz Hartmann, 2000 / Alle Rechte vorbehalten / Stand: 2000-06-15 / URL: http://www.artikel5.de/artikel/spam-france.html