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œberwachung im Internet:
AnlaŸ zur Sorge.

Von Hartmut Semken

(Dieser Beitrag wurde von Hartmut Semken für die Netzinitiative Freedom For Links verfasst und ist mit Zustimmung des Autors nunmehr hier veröffentlicht)

Was läuft zur Zeit

Das Internet erfreut sich wachsender Beliebtheit. Auch Sie nutzen es gerade.

Die Verbreitung dieses neuen Mediums ist mit Worten kaum zu beschreiben, die Benutzerzahlen wachsen schneller, als man sich vorstellen kann.

Als Medium ist das Internet mit nichts wirklich vergleichbar, das wir aus der Geschichte der Kommunikation oder der Technikgeschichte kennen: es ist das erste massenhaft verbreitete Medium, das in genialer Weise die persönliche Kommunikation von Mensch zu Mensch (derzeit noch meist als Text, aber sicher schon bald auch in Bild und Ton), mit der unpersönlichen Kommunikation (Veröffentlichung: ein Autor schreibt für eine Vielzahl von Lesern/Zuhörern/Zuschauern) verbindet.

Gerade in dieser Zusammenführung von persönlicher und Massenkommunikation scheint ein besonderer Reiz dieses neuen Mediums zu liegen: Die zahllosen persönlichen "Homepages", in denen ganz normale Menschen freiwillig mehr Details aus ihrem Sein einer weltweiten –ffentlichkeit publizieren, als sie vor einer Kamera oder auch einem Mikrofon auf der StraŸe preisgäben, spricht da eine deutliche Sprache.

Neue Kommunikation - neue Unsicherheiten.

Und dennoch ist auch bei vielen, die man als "Internet-savvy" bezeichnen würde, also Menschen, die das Internet häufig oder gar täglich nutzen und dieses neue Werkzeug aus eigener Erfahrung kennen, eine dumpfe Furcht zu erkennen vor dem unbekannten Neuen, zu dem das Medium offenbar noch führen wird.

Diese Furcht - Wired nannte sie schon "Germanys Internet-Angst" - ist scheinbar ein Schatten, den die Veränderungen in der Kommunikation zwischen den Menschen vorauswerfen. Und verändern wird das neue Medium unsere Kommunikation. Verändern scheint kaum der richtige Ausdruck zu sein; "revolutionieren" erscheint angebrachter, wenn man sich ansieht, welchen EinfluŸ Medien wie Buchdruck (Verteilung des Wissens über den Inhalt der Heiligen Schrift), Telegraf und Zeitung (Beschleunigung der Verteilung wirtschaftlich relevanter Information), Radio oder Fernsehen auf unser Leben gehabt haben.

Speziell das Fernsehen hat - man mag das mögen oder nicht, die Tatsache bleibt - unsere Kultur und Kommunikation nachhaltig verändert. Das Internet dürfte ähnliche, womöglich sogar noch weiter reichende Veränderungen bewirken, denn es integriert Individual- und Massenkommunikation in einer Weise, daŸ dabei tatsächlich etwas Neues, eine neue Qualität der Kommunikation entsteht.

Wo Veränderung herrscht, da herrscht auch Unsicherheit darüber, was wohl passieren, was wohl daraus entstehen mag. In Kombination mit Unkenntnis über die Tatsachen hinter der neuen Technik wird dann schnell Angst daraus.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, aber ...

Ziel der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland - dieser entstammt der Autor - ist es, den Menschen ein selbstbestimmtes, freies Leben zu ermöglichen. Zum Schutze dieser Freiheit haben wir uns daher Gesetze gegeben, die das Leben in seinem Miteinander, Nebeneinander und manchmal Gegeneinander regeln sollen.

Auch für das Internet, für die Kommunikation mit Hilfe dieser neuen Techniken gelten diese Gesetze schon heute. Das Internet ist insofern nie ein "rechtsfreier Raum" gewesen.

Doch viele Gesetze, die hervorragend zu den klassischen Massenmedien passen, versagen angesichts der Kombination von individueller und Massenkommunikation, die das Internet auszeichnet. Für die Gesetze, die in bezug auf die Individualkommunikation (etwa Telefon) erlassen wurden, stoŸen an ihre gedanklichen Grenzen, wo die Grenze zwischen den klassisch getrennten Kommunikationsformen verwischt.

In 80 Sekunden um die Welt.

Die Internationalität des Internet gibt allen nationalen Regelungen dann den GnadenkuŸ, denn das Internet hat keine Grenzen, keine Zäune. Es ist klein (globales Dorf), gerade weil es so groŸ ist: es verbindet jeden Teilnehmer mit jedem anderen. In Sekunden. In 80 Tagen um die Welt nannte Jules Verne einen seiner Romane. Das war seinerzeit eine kolossale Angelegenheit. Heute reisen Tatsachen, Meinungen, Wahres, Erfundenes, Schönes, HäŸliches, Nützliches und Blödsinn in 80 Sekunden um die Erde - so sie sich denn in Bits verpacken lassen.

Und es gibt eine Menge, das sich so verpacken und in Form kleiner Datenpakete überall hin versenden läŸt.

Menschen sind neugierig; der Drang zu lernen ist uns angeboren. Neugierig auch auf das, was andere zu sagen haben. Auch die Datenströme im Internet wecken Begehrlichkeit - teils aus lauteren Motiven, teils aus nicht akzeptablen.

Und davor muŸ ein Schutz existieren, Regeln müssen existieren, die Einhaltung überwacht, die Nichteinhaltung sanktioniert werden, wie auch sonst im Leben. Eine Errungenschaft der letzten paar tausend Jahre ist es, diese Regeln im Rahmen einer öffentlichen Diskussion und Güterabwägung zu finden (Demokratie nennen wir das). Dieses Verfahren soll sicherstellen, daŸ niemand übervorteilt wird.

Und diesem Ziel hat sich auch der Autor verpflichtet. Um Panikrekationen auf Sensationsmeldungen (auch denen in Gesetzesform) zu vermeiden, um die Internet-Angst zu bekämpfen und einer Diskussion um Wert und Unwert, Sinn und Unsinn, Nutzen und Schaden der jüngst diskutierten Vorschläge für Gesetze und andere Regeln im Bezug auf das Internet den Weg zu bereiten, sollen die folgenden Gedanken dienen.

Keiner kann in die Zukunft blicken - wagen wir es trotzdem.

Es wird - so lehrt uns ganz besonders die Technikgeschichte - schwer werden, realistische Einschätzungen zu treffen von den Wirkungen, die das Internet entfaltet. Auch andere Techniken wurden gern falsch eingeschätzt, Folgen über- oder unterschätzt (an eine globale Erwärmung haben Rudolf Diesel, Carl Benz oder Ferdinand Porsche nie gedacht, vermutet der Autor), und das wird wieder passieren.

Aber je genauer, je besser das Bild aller an der Diskussion um die Gesetzgebung beteiligten vom Internet ist, desto besser wird es gelingen, Weichenstellungen in die falsche Richtung zu vermeiden.

Wie erwähnt, ist es immer schwer, die ideale Richtung auf Anhieb zu finden. Aber der umgekehrte Ansatz ist oft erfolgreich: indem man zunächst alle Richtungen ausschlieŸt, die mit Sicherheit falsch sind, kommt man dem Gesuchten schon näher, formt sich schon ein besseres Bild.

Diesem Ziel dienen die folgenden Betrachtungen zur Technik des Internet und dazu, wie man die dortigen Datenströme anzapfen bzw. genau dieses verhindern kann: Lauschen am Internet

Hartmut Semken

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