Aus aller Welt

Immer mehr Kriminelle nutzen das Internet
Experten tauschen beim BKA ihre Erfahrungen aus Fr die Polizei „eine Herausforderung der besonderen Art"

Von Peter Scherer

Wiesbaden Das Internet, das weltweit von mehr als 100 Millionen Menschen genutzt wird, entwickelt sich immer mehr auch zu einem groen Markt fr politischen Extremismus, Gewaltverherrlichung, Betrug und Kinderpornographie. Fr das Bundeskriminalamt (BKA), das von den Innenministern mit der „anlaunabhngigen Recherche im Internet und den Online-Diensten" beauftragt wurde und sich damit einer als Folge des technologischen Fortschritts entstandenen neuen virtuellen Komponente der Kriminalitt gegenbersieht, ist dies eine Herausforderung der besonderen Art. Diese „zustzliche Qualitt" des Verbrechens war auch Gegenstand einer zweitgigen Expertentagung im Bundeskriminalamt. Einer der Schwerpunkte: die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehrden, Service Provider und Online-Diensten.

Das Internet ist nmlich nicht nur ein sich stndig in seinen Inhalten und Ablufen vernderndes stark expandierendes Medium, sondern durch seine Internationalisierung und die Mglichkeiten der Anonymisierung mit groen Problemen fr die Strafverfolgung behaftet.

Gleichwohl haben die Wiesbadener Polizei-Surfer trotz aller systemimmanten und durch unterschiedliche Gesetzgebungen in den einzelnen Lndern bedingte Schwierigkeiten fr die Strafverfolgung inzwischen ein hohes Ma an Professionalitt und Know-how erreicht. Derzeit bemhen sie sich um die Entwicklung von Techniken und elektronischen Suchmaschinen, mit denen virtuelle Fahndungsarbeit „schneller, leichter und effektiver" ablaufen kann, um strafrechtlich relevante Darstellungen und Informationen aus den Netzen herauszufiltern.

Doch was ist im internationalen virtuellen Raum denn berhaupt „strafrechtlich relevant" In Deutschland wird zum Beispiel Rechtsextremismus viel strenger behandelt als etwa in den Vereinigten Staaten, England oder Dnemark. Das heit, die strafrechtsreife Zone ist dort grer. Deshalb versucht das BKA hauptschlich, auf die nationalen Provider einzuwirken. Und die sind in der Regel, versichert die Wiesbadener Polizeizentrale, durchaus kooperativ, was auch fr das Problem der Kinderpornographie gelte.

Doch wei die Kundschaft auf andere Wege auszuweichen. Nimmt ein nationaler Provider Kinderpornos aus seinem Angebot, bedienen sich die Pderasten eben bei einem anderen, der zum Beispiel in den USA oder in Japan sitzt. Besonders bei Kinderpornographie hat Japan eine freiere Auffassung.

Die meisten Anbieter von Kinderpornographie operieren nach Feststellungen des BKA aus den USA, aus Japan und zunehmend auch aus Ruland. Ihr einschlgiges Material wird in der Regel zunchst „zum Anbeien" im offenen Internet und ohne allzu groe Hrden angeboten. „Die wollen damit Kunden anlocken und Geschfte anbahnen oder suchen Tauschpartner", sagt ein Fahnder. Weitergehende Kontakte wrden dann freilich in speziell „abgeschotteten Rumen" abgewickelt. Insgesamt gesehen, so die Befrchtung in der deutschen Polizeizentrale, „stehen wir aber erst am Anfang der Kriminalittsentwicklung im Internet".

DIE WELT, 18.12.1998