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bersicht:

I. Bedeutung der Finanzierungsregelungen

II. Grundlagen der Rundfunkfreiheit

III. Die verfassungsrechtlichen Bedingungen der Finanzierung von Rundfunk unter dem Grundgesetz

IV. Anforderungen an die Weiterentwicklung der Finanzierungsbedingungen

Literaturliste

Weitere Informationen zum Thema:

Rundfunkrecht der Lnder

Rundfunkstaatsvertrag der Lnder

Rundfunkstaatsvertrag der Lnder (Neuentwurf)

Die Finanzierung ffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunks

(Stand: 14. 12. 1990)

I. Bedeutung der Finanzierungsregelungen
II. Grundlagen der Rundfunkfreiheit
A. Gesetzgeberische Kompetenzen
1. Der Begriff des Rundfunks
2. Kompetenzen des Bundes im Rundfunkbereich
3. Kompetenzen der Lnder im Rundfunkbereich
B. Die Rundfunkfreiheit des Artikel 5 I 2 Grundgesetz
1. Rezipienten- und Kommunikatoren-Freiheit
2. Zugangsfreiheit
3. Die Modelle des Binnen- und des Auenpluralismus
4. Beurteilung von Einschrnkungen der Ausstrahlung von Werbesendungen
a) Begriff "Werbung"
b) Werbevorschriften
C. Verfassungsgebote aus Art. 5 I 2 Grundgesetz
1. Staats- und Gruppenferne
2. Kultureller Auftrag und Integrationsfunktion
D. Auenpluralismus oder Binnenpluralismus
1. Wandlungen der hchstrichterlichen Anforderungen
2. Ende oder Fortbestehen der "Sondersituation"
3. Auen- und binnenpluralistische gestaltete Programme
E. Die heutige Stellung des ffentlich-rechtlichen Rundfunks nach der Rechtsprechung des BVerfG
1. Grundrechte der Rundfunkanstalten
2. Der Grundversorgungsauftrag
3. Funktionsgewhrleistungspflicht des Staates
4. Bestands- und Entwicklungsgarantie der ffentlich-rechtlichen Anstalten
F. Die Entwicklung der langfristigen Finanzierungsbedingungen
1. Lage der ffentlich-rechtlichen Anstalten
2. Lage der privaten Veranstalter
III. Die verfassungsrechtlichen Bedingungen der Finanzierung von Rundfunk unter dem Grundgesetz
A. Die Finanzierung der ffentlich-rechtlichen Anstalten
1. Gesetzliche Grundlage der Gebhreneinnahmen
2. Legitimation der Gebhrenfinanzierung
3. Gebhrenaufteilung - Finanzausgleich
4. Die Gebhrenfestsetzung
a) Die "Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten" (KEF)
(1) Zusammensetzung
(2) Aufgaben
b) Problematik des derzeitigen Festsetzungsverfahrens
(1) bergewicht der Exekutive
(2) Bewertungsmastab
c) Verfassungsrechtliche Kriterien fr die Festsetzung der Rundfunkgebhr
(1) Autonomie der Rundfunkanstalten
(2) Gebhrenhhe im Sozialstaat
4. Vorschlge zur Modifizierung des Festsetzungsverfahrens
5. Problematik der Gebhrenbefreiungen aus sozialen Grnden
6. Werbeeinnahmen der ffentlich-rechtlichen Anstalten
a) Problematik der Werbefinanzierung
b) Entwicklung der Werbeeinnahmen
6. Verwertung von Filmmaterial, wirtschaftliche Nebenttigkeiten
7. Sonstige Mglichkeiten der Finanzierung
a) Pay-TV/Spartenprogramme
b) Neue Medien (Btx, Videotext)
c) Erwerbswirtschaftliche Bettigung auerhalb des grundrechtlich geschtzten Bereichs
8. Zusammenfassung
B. Grundstze der Mittelverwendung durch die ffentlich-rechtlichen Anstalten
1. Verwendung im Grundversorgungsbereich
2. Verwendung fr Aufgaben, die nicht zum Grundversorgungsauftrag zhlen
3. Finanzkontrolle durch die Rechnungshfe
a) Derzeitiges Verfahren
b) Problematik des Verfahrens
4. Verwendung von Gebhrenmitteln zur Finanzierung von Aufgaben, die nicht den ffentlich-rechtlichen Anstalten obliegen
5. Konkursfhigkeit der ffentlich-rechtlichen Anstalten
C. Die Finanzierung der privaten Veranstalter
1. Eigenkapital-Einsatz
2. Werbeeinnahmen
3. Zusammenhnge zwischen Werbefinanzierung und Programmgestaltung
IV. Anforderungen an die Weiterentwicklung der Finanzierungsbedingungen
Literaturliste

I. Bedeutung der Finanzierungsregelungen

Nachdem lange Jahre unter der Geltung der Theorie einer (im Vergleich zur Presse bestehenden) "Sondersituation" der Knappheit von Finanzmitteln und verfgbaren Sendefrequenzen die Mglichkeit einer freien, marktwirtschaftlich organisierten Rundfunkstruktur in der Bundesrepublik Deutschland mit einer Vielzahl von Veranstaltern zwar als theoretisch zulssig, praktisch aber nicht durchfhrbar angesehen wurde, nderte sich die Meinung in der Politik und Rechtsprechung Ende der siebziger Jahre infolge der beschleunigten Entwicklung der bertragungstechnik (Kabel-, Satellitenrundfunk). Man erwartete fr die nahe Zukunft die bertragbarkeit einer groen Zahl von Sendern im gleichen Gebiet; das Problem der Knappheit der Frequenzen bestand damit nicht mehr.

Die Landesgesetzgeber nahmen diese neue Situation in einer grundlegenden Umgestaltung oder Ergnzung des geltenden Medienrechts auf. Zunchst in Modellversuchen, spter in Landesmediengesetzen und schlielich im "Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens" (Rundfunkstaatsvertrag, RfStV) von 1987 wurde die Zulssigkeit privater, kommerziell orientierter Veranstalter geregelt.

Seitdem hat sich unter stetiger Kontrolle des Bundesverfassungsgerichts[1] die Rundfunklandschaft der Bundesrepublik Deutschland zu einem dualen System, dem Nebeneinander ffentlich-rechtlicher Anstalten und privat organisierter und finanzierter Veranstalter, entwickelt.

Diese noch immer verhltnismig neue Gestalt des Rundfunks in Deutschland ist politisch und rechtlich weiter umstritten; mit zunehmender Konkurrenz zwischen den einzelnen Sendern privater und ffentlich-rechtlicher Organisationsstruktur rcken die Finanzierungsfragen mehr und mehr in den Vordergrund.

Eine Beurteilung der Zulssigkeit von Finanzierungsmodellen fr die beiden "Veranstaltergruppen" (private und ffentlich-rechtliche Veranstalter) kann dabei nicht zweckfrei, sondern nur aus der Zielrichtung der Rundfunkfreiheit im Gesamtgefge der Staatsorganisation und des Staatsverstndnisses geleistet werden.

In dieser Arbeit werden deshalb zunchst die Aufgaben des ffentlich-rechtlichen Rundfunks kurz dargestellt, sodann die tatschliche und die (verfassungs-) rechtliche Lage der Finanzierung ffentlichen und privaten Rundfunks diskutiert. Schlielich werden die Entwicklungslinien aufgezeigt, die sich aus auftretenden Problemen und der grundgesetzlichen Konzeption der Rundfunkfreiheit fr die Zukunft ergeben knnten.

II. Grundlagen der Rundfunkfreiheit

A. Gesetzgeberische Kompetenzen

1. Der Begriff des Rundfunks

Beim Begriff des Rundfunks ist zu unterscheiden zwischen dem kulturellen und dem fernmeldetechnischen Rundfunkbegriff.[2] Der kulturelle Rundfunkbegriff umfat die Aspekte der Programmgestaltung, des kulturellen Auftrags vor allem der ffentlich-rechtlichen Anstalten und der im Gesamtzusammenhang des Staatswesens gesehenen Aufgabe der gesellschaftlichen Integration verschiedener Meinungsrichtungen in der Mglichkeit zur Auseinandersetzung. Beim Begriff des Rundfunks im technischen Sinne geht es um die fernmeldetechnischen und -rechtlichen Aspekte der Aussendung. Unter Rundfunk sind sowohl Fernsehen als auch Hrfunk zu verstehen.[3]

2. Kompetenzen des Bundes im Rundfunkbereich

Kompetenzen des Bundes bestehen nur im technischen Bereich des Rundfunkrechts, auf der fernmelderechtlichen Seite. Sie sind in Art. 73 Nr. 7 GG verankert. Darber hinausgehende Kompetenzen inhaltlicher Art kann der Bund nur fr die in Deutschland arbeitenden auslndischen Sender und die primr zur Selbstdarstellung der Bundesrepublik Deutschland gegenber dem Ausland konzipierten Sender Deutschlandfunk und Deutsche Welle aus der Kompetenz fr auswrtige Angelegenheiten nach Art. 73 Nr. 1 GG beanspruchen.[4]

3. Kompetenzen der Lnder im Rundfunkbereich

Die Regelung des Rundfunks als kultureller Aufgabe unterliegt aufgrund des fderativen Prinzips des Grundgesetzes und mangels Zuweisung an den Bund gem. Art. 30, 70 GG der Landeshoheit.[5] Die Rundfunkanstalten sind auf dieser Grundlage zum Teil landesgesetzlich, zum Teil durch Staatsvertrge zwischen einzelnen Lndern errichtet.

Diese Kompetenzen bedeuten allerdings keine umfassende Regelungsfreiheit; vielmehr sind die Gesetzgeber an die durch Art. 5 I und II GG vorgegebenen Grenzen der Rundfunkfreiheit gebunden. Eine gesetzliche Regelung ist nur als Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit oder als Einschrnkung gem Art. 5 II GG zulssig.

Die Lnder haben die Rundfunkorganisation durch die Normierung in Staatsvertrgen einheitlich geregelt; besondere Bedeutung haben die Staatsvertrge ber die Errichtung der Anstalt Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF-StV),[6] ber die Neuordnung des Rundfunkwesens (RfStV)[7] und zwei Staatsvertrgen ber die Hhe der Rundfunkgebhren.[8] Daneben regeln die Landesmediengesetze insbesondere die Zulssigkeit der privaten Veranstalter, Errichtungsgesetze bilden die Rechtsgrundlagen der ffentlich-rechtlichen Anstalten.[9]

Nach der vom BVerfG entwickelten Wesentlichkeitstheorie[10] sind die Finanzierungsfragen durch die Landesgesetzgeber zu regeln. Dies gilt insbesondere in der durch das Hinzutreten kommerzieller Veranstalter entstandenen Situation und die dadurch verschrfte Konkurrenz unter den Rundfunksendern und auch zur Presse. Die ordnungspolitischen Ziele und die zu ihrer Erreichung denkbaren Finanzierungsmglichkeiten, die den Veranstaltern nach den verfassungsrechtlichen Kriterien zugewiesen werden sollen, mssen auch unter dem Aspekt von mglichen Kollisionen zwischen den Grundrechten der verschiedenen Medien, aber auch der Allgemeinheit parlamentarisch vorgegeben werden.[11]

B. Die Rundfunkfreiheit des Artikel 5 I 2 Grundgesetz

1. Rezipienten- und Kommunikatoren-Freiheit

Die Gewhrleistung der Rundfunkfreiheit ist in engem Zusammenhang mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit, aber auch dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes zu sehen. Das BVerfG spricht in diesem Zusammenhang von der "medialen Funktion" der Rundfunkfreiheit, von ihrem "dienenden Charakter".[12] Rundfunkfreiheit dient der Meinungs(bildungs-)freiheit der Staatsbrger: der Rundfunk soll als "Medium und Faktor" der Willensbildung unabhngig von Interessengruppen so vielseitig und reprsentativ wie mglich ber relevante Fragen berichten, ohne Einzelinteressen zu verfolgen. Das sogenannte "Treuhandmodell" sieht den Rundfunk sogar als "Eigentum der Brger",[13] das von den Anstalten in Wahrnehmung der Interessen des Staatsvolkes nur verwaltet werde.[14]

Die Medienfreiheit des Art. 5 I 2 GG wirkt damit in ihrer institutionellen Ausprgung als eigene Gewhrleistung in drei Richtungen: zum einen wird - fr die Rezipienten - eine unabhngige Rundfunkberichterstattung in ausgewogener Vielfalt garantiert. Der Staat hat die Verpflichtung, eine Medienordnung zu schaffen, die die gesellschaftliche Vielfalt in Ausgewogenheit widerspiegelt und den Brgerinnen und Brgern gleichberechtigte Teilnahme am Meinungsaustausch ermglicht ("kommunikative Chancengleichheit"[15]). Schlielich wird dem insoweit als bestehend vorausgesetzten Medium Rundfunk als Institution die Freiheit von insbesondere, aber nicht nur, staatlichem Zwang und Einflunahmen gesichert.[16]

2. Zugangsfreiheit

In der subjektiv-individualistischen Sicht der Rundfunkfreiheit wird Satz 2 des Art. 5 Abs. I GG als eine Ergnzung zu Satz 1 gesehen. Rundfunkfreiheit als Individualgrundrecht sichert eine besondere Form der Pressefreiheit. Sie kommt dann als Zugangsgewhrleistung denen zugute, die ein Interesse an der und die finanziellen und technischen Mglichkeiten zur Veranstaltung von Rundfunksendungen haben. Ihnen soll der gleichberechtigte Zugang zum Medium und die staatsfreie Veranstaltung von Rundfunk garantiert werden.[17]

Dabei besteht die Gefahr, da die Rundfunkfreiheit zu einem wirtschaftlich orientierten Grundrecht wird.[18] Nur finanzstarken Gruppen kann ein freier Zugang zur Veranstaltung von Rundfunk mglich sein, eine Beteiligung grerer Bevlkerungskreise an der Veranstaltung selbst scheidet de facto aus.

3. Die Modelle des Binnen- und des Auenpluralismus

Die Gewhrleistung einer umfassenden und ausgewogenen Vielfalt im Gesamtangebot des Rundfunks kann durch zwei verschiedene Modelle der Rundfunkorganisation gesichert werden. Beim binnenpluralistischen Modell sichert die Vertretung der "gesellschaftlich relevanten Gruppen"[19] und deren organisatorisch gesicherter Einflu auf die Programmgestaltung der jeweiligen Rundfunkanstalt, da Vielfalt im jeweiligen Programm - nicht aber zwangslufig in jeder einzelnen Sendung[20] - herrscht.[21]

Beim auenpluralen Modell dagegen soll die bloe Vielzahl fr sich genommen tendenziser, kommerziell interessierter Veranstalter hnlich wie bei der Presse Vielfalt im Gesamtangebot sichern. Hier soll die Einhaltung gewisser Mindeststandards der Berichterstattung, einer Art journalistischen Ethos aus Sorgfalts- und Wahrheitspflichten, den Anforderungen der Rundfunkfreiheit auch aus Sicht der nicht veranstaltenden, sondern konsumierenden Brgerinnen und Brger gengen. Im Idealfall knnen sie in diesem Modell das Gesamtangebot an Information, Kultur und Unterhaltung auf einem "Markt der Meinungen" durch fr den Veranstalter erkennbare "Kauf"entscheidungen bestimmen.[22]

4. Beurteilung von Einschrnkungen der Ausstrahlung von Werbesendungen

a) Begriff "Werbung"

Regelungen der Werbung, die der Gesetzgeber erlt, knnten unzulssige Eingriffe in die Rundfunkfreiheit darstellen.

Fr die Vorschriften zur Regelung der Ausstrahlung von Werbung ist grundlegend, welche Arten von uerungen oder Sendungen berhaupt als Werbung zu gelten haben.

Entscheidend fr die Abgrenzung von Werbung zu anderen Programmbeitrgen ist in Zweifelsfllen die werbende Absicht, also der Wille, mit einem Beitrag oder einer uerung die Absatzinteressen des Anbieters eines Produkts zu frdern.[23] Diese Absicht ist indiziert bei Beitrgen oder uerungen, fr die der Begnstigte ein Entgelt entrichtet.

b) Werbevorschriften

Fr die privaten Veranstalter gelten gem. RfStV 1987[24] wie fr die ffentlich-rechtlichen Anstalten Regeln, die einen bermigen Einflu der Werbung auf das Programm verhindern sollen. Sie betreffen die Art der Ausstrahlung von Werbung und die Art ihrer Gestaltung.

Verboten sind insbesondere Formen der Werbung, die zu einer Tuschung der Zuschauer ber den werbenden Charakter einer Sendung oder uerung fhren knnen, und solche, bei denen der Einflu der Werbung auf das Gesamtprogramm zu gro wrde. Daneben dienen die Vorschriften medienpolitisch der Schaffung geeigneter Voraussetzungen, um sowohl den privaten Veranstaltern ausreichende Werbeeinnahmen zu sichern und daneben der Presse einen gewissen Schutz ihrer eigenen Werbeeinnahmen zu gewhren.

Weiter ist vorgeschrieben, da Werbung erkennbar vom brigen Programm zu trennen und als solche zu kennzeichnen ist. Werbung darf einzelne Sendungen des restlichen Programms nur begrenzt unterbrechen und mu in zusammenhngenden Blcken ausgestrahlt werden.[25]

Diese Grundstze werden im Zusammenhang mit der oben gegebenen Definition von "Werbung" insbesondere bei Grenzformen der Werbung relevant, z. B. beim Product Placement, bei Werbeshows, beim Teleshopping und bei der verbalen Werbung im laufenden (Live-) Programm, z. B. bei Interviews.[26]

Alle genannten Bestimmungen sind als Ausgestaltungen der Rundfunkfreiheit zulssig. Sie zielen nicht auf ein Verbot bestimmter Inhalte, sondern bezwecken gem dem gesetzgeberischen Regelungsauftrag eine Regelung der komplexen Finanzierungsfragen mit ihren zum Teil kollidierenden Grundrechten.

Dagegen stellen die ebenfalls vorgesehenen Werbeverbote fr bestimmte Produkte (Alkohol-, Tabakwerbung) und Werbeformen aus Grnden des Jugendschutzes und der Gesundheitsvorsorge[27] echte Einschrnkungen der Rundfunkfreiheit dar. Sie mssen daher jeweils vor Art. 5 II GG Bestand haben.

C. Verfassungsgebote aus Art. 5 I 2 Grundgesetz

1. Staats- und Gruppenferne

Vllig unumstritten ist das Gebot der Freiheit des Rundfunks von allen beherrschenden Einflssen des Staates (Staatsfreiheit) und gesellschaftlicher Gruppen (Gruppenfreiheit), das fr die per definitionem in der Hand zumindest finanzkrftiger Gruppen befindlichen privaten Veranstalter allerdings auf die Verpflichtung zur Einhaltung gewisser Grundstandards der Wahrhaftigkeit und Ausgewogenheit reduziert wird. Diese Gebote ergeben sich aus der dienenden (medialen) Funktion des Rundfunks.[28]

Problematisch sind hier insbesondere die Tendenzen der Politik, den Rundfunk als Faktor gesellschaftlicher Macht unter Kontrolle zu bekommen.[29] Daneben ergeben sich starke Einflsse gesellschaftlich mchtiger Gruppen, denen natrlich jedes publizistische Organ ausgesetzt ist. Ansatzpunkt im Rundfunk (wie in der Presse) sind hier vor allem die existentiell notwendigen Werbeeinnahmen. Die Gefahr, da die Programmgestaltung in jeder Hinsicht von den zu erwartenden oder zu sichernden Einnahmen geprgt wird, ist dabei nicht von der Hand zu weisen. Bei den ffentlich-rechtlichen Anstalten mit ihrem besonderen Auftrag und ihrer besonderen Bedeutung im Gesamtsystem wird dieser Effekt durch die finanzielle Absicherung durch Gebhren neben rechtlichen und institutionell-organisatorischen Sicherungen zumindest gemildert.

2. Kultureller Auftrag und Integrationsfunktion

Der Rundfunk insgesamt hat eine wichtige Funktion im staatlichen System als integrierender Faktor (Integrationsfunktion). Die ausgewogene Auseinandersetzung mit politischen und kulturellen Themen soll - aktiv wie passiv - allen Brgern ermglicht werden und so demokratische Auseinandersetzung ermglichen.

D. Auenpluralismus oder Binnenpluralismus

1. Wandlungen der hchstrichterlichen Anforderungen

In den ersten Entscheidungen des BVerfG wurde die Existenz eines "Monopols" der ffentlich-rechtlichen Anstalten stets mit der Begrndung legitimiert, es bestehe im Vergleich zur Presse eine Sondersituation aufgrund der Knappheit der Frequenzen und des immensen finanziellen Aufwands zum Betrieb eines Rundfunksenders. In dieser Lage sei die erforderliche Vielfalt im Rundfunk nicht durch eine Vielfalt von Anbietern, sondern nur durch die Sicherung der Vielfalt im einzelnen Sender zu gewhrleisten.[30]

Obwohl das BVerfG schon seit dem ersten Rundfunkurteil[31] von der prinzipiellen Zulssigkeit auch privater Veranstalter ausging, tendiert seine Rechtsprechung erst seit dem dritten Rundfunkurteil[32] in eine Richtung, die fr die privaten Veranstalter auch materiell die an ihre Zulssigkeit im Rahmen der grundgesetzlich geforderten Rundfunkfreiheit zu stellenden Anforderungen konkretisierte. Damit war dem Gesetzgeber nach den beiden gescheiterten Versuchen der Etablierung von kommerziellem Rundfunk erstmals eine etwas genauere Anleitung der Zulssigkeitsbedingungen an die Hand gegeben.

Nach der tatschlichen Verankerung in den Landesmediengesetzen und der Etablierung der Sender fand eine Anpassung insbesondere der Anforderungen an die Verankerung von gesellschaftlichem Pluralismus in der Organisationsstruktur der Sender selbst an die Realitt der privatwirtschaftlichen Struktur und Zielsetzung dieser Sender statt; das BVerfG verlangt seitdem nur noch die Einhaltung gewisser Mindeststandards, die man als journalistische Sorgfaltspflichten bezeichnen knnte.[33]

Nachdem so das Recht der einmal etablierten privaten Veranstalter auf den grundrechtlichen Schutz ihrer wirtschaftlichen Existenz vor Eingriffen auerhalb der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im rundfunkrechtlichen Bereich konstatiert worden war, stellte das BVerfG in seiner jngsten Entscheidung ber den Lokalrundfunk wieder strker die Meinung heraus, die beiden Modelle im dualen Rundfunk seien prinzipiell gleichberechtigt und unter dem Aspekt der Rundfunkfreiheit sei keine der Organisationsformen unangemessen oder ohne sachlichen Regelungsgrund zu bevorzugen oder zu benachteiligen.[34] Es hat die Bedeutung der ffentlich-rechtlichen Anstalten in der dualen Ordnung damit "deutlich erweitert".[35]

2. Ende oder Fortbestehen der "Sondersituation"

Die Knappheit von Frequenzen, von der das BVerfG bei seiner Legitimierung des binnenpluralistischen "Monopolrundfunks" in den ersten Rundfunkentscheidungen ausging, ist angesichts der neuen technischen Mglichkeiten nicht mehr gegeben. Durch Satelliten und Verkabelung stehen genug bertragungsfrequenzen zur Verfgung.

Was jedoch bestehen bleibt, ist der hohe finanzielle Aufwand zur Grndung und zum Betrieb insbesondere von Fernsehsendern.[36] Ein Vergleich der aufgewendeten Finanzmittel bei den existierenden Anstalten und Privatsendern ist aufschlureich: whrend die gebhrenfinanzierten ffentlich-rechtlichen Anstalten im Jahr ca. 5,43 Milliarden (ARD) bzw. 1,5 Milliarden (ZDF)[37] umsetzen, bringen es die zwei groen Privaten, RTL plus und SAT 1 gerade auf jeweils knapp 500 Millionen DM im Jahr. Damit ist eine Verwirklichung der politisch-informativen Funktion, die die Produktion teurer, hochaktueller Sendungen erfordert, noch kaum mglich.

Die Etablierung weiterer Sender wird in Zukunft sehr schwierig sein. Auch eine Verbesserung des Programmangebots - mit der Folge erhhten Finanzbedarfs - der derzeitigen Sender wird zunehmend durch Umschichtungen zwischen den Sendern zu erwarten sein.

Es ist deshalb kaum anzunehmen, da sich auer den bestehenden vier groen Sendern ARD, ZDF, RTL plus und SAT 1 und den zwei kleinen Tele 5 und Pro 7 weitere Stationen innerhalb Deutschlands werden etablieren knnen, zumal die Startchancen fr Neugrndungen nach Abschlu der Etablierungsphase der ersten Privatveranstalter seit Beginn der achtziger Jahre erheblich erschwert sein drften.[38]

Auch im Bereich der privaten Hrfunksender zeichnet sich ab, da kleine Sender allein kaum lebensfhig sind. Dies gibt Anla zu der Frage, inwieweit durch die neu etablierten privaten Veranstalter tatschlich mehr Vielfalt im Rundfunksektor zu erwarten ist.

Bei der Presse wird schon der derzeitige Stand an berregionalen Tageszeitungen als gerade noch angemessen und die Meinungsvielfalt ausreichend widerspiegelnd angesehen. Zwar stehen auch die Privatsender, von den ffentlich-rechtlichen Anstalten geprgt, erkennbar in einer strkeren Tradition der Ausgewogenheit und der auch kontroversen Widerspiegelung gesellschaftlicher Vielfalt; die politische Stellung der Eigner wird weniger sichtbar als die der Herausgeber in der Presse. Zugleich ist das inhaltliche Angebot aus finanziellen Grnden aber sehr viel geringer als das Gesamtangebot der Tagespresse.

3. Auen- und binnenpluralistische gestaltete Programme

Es ist sicher problematisch, die Programmqualitt einzelner Veranstalter zu ermitteln und gar noch zu quantifizieren, um dann einen direkten Vergleich zu ermglichen. Zwar ist es mglich, anhand relativ leicht ermittelbarer Zahlen Tendenzen der Programmgestaltung abzulesen, diese mssen aber vorsichtig interpretiert werden.

Statistisches Material verschiedener Art liefert jhrlich die Programmanalyse in Media Perspektiven, dem Informationsdienst der ARD-Werbegesellschaften, die Anhaltspunkte ber Art und Entwicklung der Programmprofile geben knnen.[39]

Nach der Programmanalyse 1988 haben die ffentlich-rechtlichen Anstalten im Untersuchungszeitraum zwar einen vergleichsweise hohen Informationsanteil. Sie haben ein ausgebautes Korrespondentennetz, das die Verwendung von Agenturmeldungen ergnzt. Mit groem Finanzaufwand werden tglich aktuelle Informationssendungen produziert, die teuerste Programmsparte berhaupt. Auf aktuelle Anlsse kann sehr schnell reagiert werden.

Die Informationssendungen der Privaten dagegen beschrnken sich in vielen Fllen selbst bei den mittlerweile "etablierten" Sendern RTL plus und SAT 1 entweder (bei den Nachrichten) auf die Wiedergabe von Agenturmeldungen (inkl. Bild- und Originaltonmaterial) oder sie sind als aggressive Diskussionen mit Show-Charakter ("Der heie Stuhl") ausgestaltet, durch die anstelle "ausgewogener" Harmonisierung eher eine starke Polarisierung von Meinungen erfolgt. Andererseits sind den Privaten, insbesondere RTL plus, mit Sendungen wie "Spiegel-TV" vereinzelt auch anerkannte Erfolge zu verdanken[40], wenn gerade diese Sendung auch von einer unabhngigen Produktionsgesellschaft hergestellt wird und zeitlich nur einen kleinen Teil des Gesamtprogramms ausmacht.

Im Unterhaltungsbereich knnen die hohe Serienzahl, Wiederholungsanteile und Aktualitt der Fiktionssendungen erste Anhaltspunkte liefern, die durch einen Blick ins Programmheft ebenso besttigt werden wie durch einzelne Versuche, die Qualitt von Senderprofilen zu quantifizieren. Die Programme der Privaten sind hier tatschlich geprgt von einer Mischung aus Massenattraktivitt und dem Zwang, extrem billig zu produzieren. ltere Serien und Spielfilme der untersten Kategorie prgen hier ber weite Strecken das Bild. Dagegen wird bei den ffentlich-rechtlichen Anstalten eine ausgewogene Mischung aus anspruchsvollen, aktuellen und publikumsattraktiven Spielfilmen und Serien angeboten.

Noch schlechter sieht es bei den Privaten auf dem Gebiet selbst produzierter Spiel- und anderer Shows aus. Von reinen Werbeveranstaltungen bis zu Oben-Ohne-Shows reichen die Errungenschaften. Die gelungenen Konzeptionen von Unterhaltungssendungen sind bekanntermaen auf diesem Sektor aber auch unter Einschlu der ffentlich-rechtlichen Anstalten an der Hand abzuzhlen.

Alles in allem knnen die ffentlich-rechtlichen Anstalten auf allen Gebieten, aber insbesondere auf dem besonders wichtigen Sektor der aktuellen politischen Information weiterhin die fhrende Rolle in Bezug auf Aktualitt und Niveau des Gesamtprogramms beanspruchen.[41] Die Privatsender haben es trotz guter Reichweitensteigerung und wachsender Werbeeinnahmen noch nicht geschafft, ein kulturell und vom Informationsangebot her akzeptables Programm zu schaffen - und angesichts ihrer Gewinnorientierung ist trotz einzelner anerkennenswerter Erfolge fraglich, ob sich daran grundlegend etwas ndern kann.

Auch im privaten Hrfunk bieten die privaten Veranstalter keine wirklichen Neuerungen. Das Bild ist offensichtlich von den gleichen konomischen Zwngen geprgt wie bei den Fernsehsendern.[42]

Auch zahlenmig sind im Fernsehbereich nur vier neue Sender aufgetreten, von denen allenfalls zwei in Richtung eines rudimentren Vollprogramms arbeiten, whrend die beiden kleinen eher Spartenprogramme fr Spielfilme und Serien produzieren.

Im Hrfunkbereich ist zwar die absolute Zahl der neuen Anbieter deutlich hher, im lokalen/regionalen Bereich sind aber jeweils auch nur einzelne Anbieter dazugekommen.

E. Die heutige Stellung des ffentlich-rechtlichen Rundfunks nach der Rechtsprechung des BVerfG

1. Grundrechte der Rundfunkanstalten

Die Rundfunkanstalten knnen sich gegenber der Staatsgewalt auf die Rundfunkfreiheit berufen. Sie sind dabei in ihrer journalistischen Arbeit und in ihrem gesamten Entscheidungs- und Handlungsspielraum geschtzt. berwiegend abgelehnt werden jedoch weitere grundrechtliche Ansprche wie der auf freie wirtschaftliche Bettigung, die mit ihrer besonderen Aufgabe nur noch in einem sehr weiten Sinn zu tun haben.[43] Bedeutung hat diese Einschrnkung bei der Frage, ob sich die Rundfunkanstalten ohne weiteres erwerbswirtschaftlich bettigen knnen und ob Einschrnkungen dieser Bettigung einen Eingriff in grundgesetzlich geschtzte Bereiche bedeuten wrden.

2. Der Grundversorgungsauftrag

Im dualen System kommt dem ffentlich-rechtlichen Rundfunk eine tragende Rolle zu. Er soll die unerlliche Grundversorgung mit Informationen, Kultur und Unterhaltung sichern. Von dem im Aufbau befindlichen Privatfunk sei zumindest in der Anfangsphase kein "Vollprogramm" zu erwarten; aufgrund seiner Finanzierungsbedingungen aus den Werbeeinnahmen msse man hier vielmehr mit einer Beschrnkung auf besonders publikumsattraktive Sendungen unter Einschrnkung des vollen Spektrums an Meinung und kulturellen Beitrgen rechnen.

Solange und soweit also in einem auenpluralen System, d. h. in der Konkurrenzsituation zwischen zahlreichen (privaten) Veranstaltern aufgrund der anfnglichen oder auch strukturellen Problematik dieser Form die ausgewogene Vielfalt des Gesamtprogramms nicht hinreichend gewhrleistet ist, bernehmen die ffentlich-rechtlichen Anstalten die Aufgabe, die Brgerinnen und Brger mit dem unerllichen Grundstandard an Information, Kultur und Unterhaltung zu versorgen. Unter Grundversorgung ist dabei keine Minimalversorgung zu verstehen, sondern die umfassende Versorgung mit allen politischen Informationen, kulturellen und Unterhaltungsangeboten, die das Bild des Rundfunks heute prgen.

3. Funktionsgewhrleistungspflicht des Staates

Aus dieser Aufgabe der Grundversorgung, die sich direkt aus der Gewhrleistung der Rundfunkfreiheit in Zusammenhang mit Informations- und Meinungsfreiheit ergibt, erwchst die Verpflichtung des Staates, den Rundfunkanstalten ihre Funktionsfhigkeit zu sichern.[44] Diese Funktionsgewhrleistungspflicht ist auch unter dem Begriff der Bestands- und Entwicklungsgarantie zu verstehen, der mittlerweile vom BVerfG anerkannt wurde. Abgeleitet wird daraus auch die Pflicht des Staates, die durch Art. 5 I GG geforderte positive Ordnung so zu gestalten, da den ffentlich-rechtlichen Anstalten eine funktionsgerechte Finanzierung ermglicht wird. Dabei sind Finanzierungsformen zu bevorzugen, die den Grundstzen der Staats- und Gruppenferne am besten gerecht werden.

4. Bestands- und Entwicklungsgarantie der ffentlich-rechtlichen Anstalten

An ein rein auenpuralistisches System ist in der Fernsehlandschaft schon aufgrund der enormen Kosten in absehbarer Zukunft nicht zu denken. Es fragt sich auch, ob ein solches System zumindest bei der derzeit praktizierten Werbefinanzierung nicht zwangslufig am Geschmack, am politischen, kulturellen und sozialen Denken einer breiten Mehrheit orientiert sein mu. Zumindest bei einer realistisch erwartbaren Zahl privater Veranstalter ist zu befrchten, da inhaltlich eine Tendenz zur "breiten Mitte" erfolgt und Minderheitsmeinungen und -interessen ausgeklammert werden.

Eine Bestandsgarantie fr die ffentlich-rechtlichen Anstalten ergibt sich daraus zwar nicht fr alle Zukunft; aber solange die Verfassungswirklichkeit keine groen Fortschritte in Hinsicht auf auenplurale Vielfalt erwarten lt, mu die vom Grundgesetz gewhrleistete Rundfunkfreiheit durch Anstalten in ffentlicher Kontrolle gesichert werden. Die Rechtsprechung des BVerfG hat hier die Richtung gewiesen.

Danach sind den ffentlich-rechtlichen Anstalten als Gesamtsystem Bestand und Entwicklung zu gewhrleisten, mithin auch die Ausstattung mit ausreichenden Finanzmitteln. Dies gilt zumindest solange, wie die einzelnen Sender Bestand haben. Zwar soll darin nach Meinung des BVerfG keine Garantie auf Ewigkeit liegen; aber solange die beschriebenen Sachverhalte vorliegen und die Gebhrenfinanzierung fr die Gewhrleistung pluralistischen Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland notwendig ist, mu den bestehenden Rundfunkanstalten ein funktionsgerechte Finanzierung zugestanden werden. Sie mssen zur terrestrischen Vollversorgung der Bevlkerung in der Lage sein, das umschriebene Programm herstellen und anbieten knnen, und es mu ihnen die Mglichkeit zu sinnvoller Weiterentwicklung gegeben werden.[45]

F. Die Entwicklung der langfristigen Finanzierungsbedingungen

1. Lage der ffentlich-rechtlichen Anstalten

Nach der Sicherung stndigen finanziellen Wachstums allein aufgrund der Zunahme der Teilnehmerzahlen bis in die siebziger Jahre hinein ist seit Beginn der achtziger Jahre eine Zunahme der Gebhreneinnahmen aufgrund der eingetretenen Vollversorgung nicht mehr mglich. Vielmehr wird in den nchsten Jahren die Zahl der Gebhrenpflichtigen durch die demographische Entwicklung zurckgehen. Die Gebhreneinnahmen belaufen sich derzeit auf ca. 3 Milliarden im Jahr, die im Verhltnis 70:30 zwischen ARD und ZDF aufgeteilt werden.[46]

Am Werbemarkt knnen die ffentlich-rechtlichen Anstalten ihren Anteil derzeit noch halten, befrchten aber angesichts der Wettbewerbsvorteile der Privaten durch die grozgigeren Regelungen der zulssigen Werbezeiten zunehmende Einbuen und konkurrieren auch zunehmend untereinander.

Hier bestehen die gravierendsten Unterschiede zwischen den ffentlich-rechtlichen Anstalten und den privaten Veranstaltern. Die ffentlich-rechtlichen Anstalten sind dabei deutlich restriktiver auf eine Ausstrahlung nur an Werktagen und vor 20.00 Uhr festgelegt; die Gesamtzeit der Werbung pro Tag darf im Jahresdurchschnitt zwanzig Minuten nicht berschreiten. Die Privaten sind dagegen durch den RfStV nicht an bestimmte Tageszeiten zur Ausstrahlung von Werbung gebunden, es gibt auch kein Sonntagswerbeverbot. Der Gesamtumfang ist auf zwanzig Prozent im Tagesdurchschnitt begrenzt, eine grozgige Menge, die kaum erreicht werden kann.[47]

Zugleich ist durch die zunehmende Reichweite der privaten Veranstalter[48] der Werbemarkt nicht mehr von der - aus Grnden der Unabhngigkeit von der Werbefinanzierung gewnschten - Knappheit des Werbezeitangebots bei den ffentlich-rechtlichen Anstalt geprgt. Zwar ist der von der Werbewirtschaft erhoffte Preisverfall fr Werbezeiten im Fernsehen nicht eingetreten; durch die Verteilung des gleichen Publikums auf mehr Sender haben sie sogar hhere Werbeetats bereitzustellen, um die gleiche Konsumentenzahl zu erreichen.[49] Dennoch ist natrlich bei den einzelnen Werbezeitanbietern eine erhebliche Verschrfung im Kampf um den begrenzten Werbemarkt entstanden, in dem die ffentlich-rechtlichen Anstalt mit erheblichen Nachteilen durch die im Rundfunkstaatsvertrag von 1987 festgelegten Einschrnkungen der Werbezeiten,[50] insbesondere des Verbots von Werbung in den Abendstunden, anzutreten haben.

2. Lage der privaten Veranstalter

Die privaten Veranstalter, denen erstmals der Sprung in die Wirtschaftlichkeit gelingt,[51] finanzieren sich inzwischen ausschlielich aus Werbeeinnahmen. Diese Tatsache ist mittlerweile weitgehend als faktisch unabnderlich anerkannt und akzeptiert und auch verfassungsrechtlich zulssig.[52] An sich vorgesehene und zum Teil sogar als besonders wnschenswert bezeichnete Finanzierungsformen wie das direkt den Publikumsgeschmack spiegelnde Pay-TV[53] konnten sich dagegen bisher nicht durchsetzen. ber eine Experimentierphase sind sie in der Bundesrepublik Deutschland nicht heraus.

Gleichzeitig werden von den privaten Veranstaltern weitere Beschrnkungen fr die ffentlich-rechtlichen Anstalten bis hin zu einem vlligen Verzicht auf Werbefinanzierung gefordert,[54] whrend die ffentlich-rechtlichen Anstalten um eine Strkung ihrer Position durch Ausdehnung der Werbezeiten in die Abendstunden kmpfen.[55]

III. Die verfassungsrechtlichen Bedingungen der Finanzierung von Rundfunk unter dem Grundgesetz

A. Die Finanzierung der ffentlich-rechtlichen Anstalten

1. Gesetzliche Grundlage der Gebhreneinnahmen

Die Haupteinnahmequellen der ffentlich-rechtlichen Anstalten sind gem. RfStV 1987, Art. 3 Abs. 1 die Gebhreneinnahmen. Rechtsgrundlage ihrer Erhebung ist Art. 5 Abs 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 StV 1974 und Art. 3 Abs. 1 RfStV 1987. Eingezogen werden die den Landesrundfunkanstalten geschuldeten Gebhren[56] durch die GEZ (Gebhreneinzugszentrale der Rundfunkanstalten).

2. Legitimation der Gebhrenfinanzierung

Die Erhebung der Rundfunkgebhr erfolgt unabhngig vom tatschlichen Empfang von Rundfunksendungen, sie fllt durch das Bereithalten eines Gertes zum Empfang an. Aufgrund dieser Tatsache ist auch ihr rechtlicher Charakter erheblich umstritten; am treffendsten ist wohl die Bezeichnung als eine Mischung aus Beitrag und Gebhr, weil Elemente beider Formen vorliegen.[57]

Legitimiert wird die Erhebung einer Zwangsgebhr mit der der Allgemeinheit zugute kommenden und in ihrem treuhnderischen Auftrag stattfindenden Leistung der ffentlich-rechtlichen Anstalten. Sie gewhrleisten die Versorgung der Brgerinnen und Brger mit dem inzwischen zur unerllichen Daseinsvorsorge gerechneten Gut "Information". Fr die Bereithaltung dieser Versorgung mit Informationen, Kultur und Unterhaltung kommt die Allgemeinheit der Rundfunkempfnger mit Bezahlung der Gebhren auf.[58]

3. Gebhrenaufteilung - Finanzausgleich

Aufgrund der Orientierung der Rundfunkanstalten an den Lndergrenzen und durch ihre historische Entstehung haben die einzelnen Anstalten sehr unterschiedliche Gebhrenaufkommen - zwischen gut 250.000 Gebhrenzahlern bei Radio Bremen und knapp 6 Mio. beim WDR. Die unterschiedlichen Einnahmen der einzelnen Anstalten werden deshalb im Finanzausgleich ausgeglichen; allen Anstalten soll eine qualitativ gleichartige Ausstattung und Programmgestaltung ermglicht werden.[59]

4. Die Gebhrenfestsetzung

Die Festsetzung der Gebhren ist wie alle rundfunkrechtlichen Regelungen Lndersache. Seit Beginn der Rundfunkfinanzierung wird sie in der Hhe einheitlich in den Staatsvertrgen zur Rundfunkfinanzierung festgelegt und durch die Verabschiedung der Staatsvertrge in den Landtagen in Landesrecht umgesetzt.

Die Hhe der Gebhr wird zunehmend unter politischen Gesichtspunkten ausgehandelt. Nachdem Anfang der siebziger Jahre die Stagnation der Gebhrenentwicklung durch die demographische Entwicklung erkennbar wurde, haben die Ministerprsidenten der Lnder im Jahre 1975 zur Erreichung eines geregelten und sachkundigeren Verfahrens die "Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten" (KEF) eingesetzt.

a) Die "Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten" (KEF)

(1) Zusammensetzung
Gem. RfStV 1987 setzt sich die KEF aus vier beamteten Mitgliedern der Lnderstaatskanzleien, vier Mitarbeitern der Landesrechnungshfe und vier wirtschaftserfahrenen Privatpersonen zusammen.[60]
(2) Aufgaben
Ihre Aufgabe ist die Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalt. Alle zwei Jahre erstattet sie den Ministerprsidenten Bericht, in dem sie Anpassungen der Rundfunkgebhr vorschlgt. Diese werden dann von den Ministerprsidenten fr den Staatsvertrag ber die Hhe der Rundfunkgebhr ausgehandelt.

Die KEF hat also kein eigenes Gestaltungsrecht. Sie kann aber ber ihre Berichte erheblichen Einflu ausben. Zwar ist ihr eine inhaltliche Kontrolle oder auch nur Beurteilung der Programmgestaltung versagt, doch lassen sich die Aspekte der Ermittlung des Finanzbedarfs von einer inhaltlichen Bedarfsanalyse und damit einer Bewertung der erforderlichen Programmteile kaum trennen. In der Praxis hat die KEF bisher eine relativ geringe Aufstockung der Mittel gefordert, so da 19XX und 19XX eine strkere Erhhung durch die Landesparlamente erfolgte, als die KEF vorgeschlagen hatte; 1984 blieben die Parlamente allerdings noch unter dem Vorschlag der KEF.[61]

b) Problematik des derzeitigen Festsetzungsverfahrens

(1) bergewicht der Exekutive
Die ffentlich-rechtlichen Anstalten sind in der Kommission selbst nicht vertreten. Vielmehr besteht ein erheblicher berhang an Vertretern der Exekutive, vor allem mit den vier Mitgliedern der Staatskanzleien. Auch die Rechnungshof-Beamten sind zwar unabhngig und nicht weisungsgebunden, aber angesichts ihrer Hauptttigkeit sind auch sie eher den Opponenten von Gebhrenerhhungen zuzurechnen.
(2) Bewertungsmastab
Die KEF verwendet zur Ermittlung des Bedarfs der Rundfunkanstalten einen an den Aufgaben der Rundfunkanstalten orientierten Mastab, d. h. sie versucht aus ihrem Verstndnis der Programmaufgaben die zu ihrer Erfllung erforderlichen finanziellen Mittel zu errechnen (liquidittsorientierte Methode).[62]

Die Anstalten versuchen dagegen seit Jahren durchzusetzen, da nach einem strker betriebswirtschaftlich orientierten Modell vorgegangen wird.[63]

Die Beurteilung des Finanzbedarfs nach Programmaufgaben erffnet der KEF das Tor zu inhaltlichen Einflunahmen durch die Definition eben dieser Aufgaben. An sich hat die KEF nicht die Aufgabe, sich mit den im Bereich der Anstaltsautonomie liegenden Fragen der Programmgestaltung zu befassen. Nach ihrem Verstndnis der Festsetzung der Hhe der Rundfunkgebhr mu sie dies aber zwangslufig tun.

Nachdem die KEF personell zu einem guten Teil aus der Verwaltung der Lnder besetzt ist, ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, da aus dieser Macht zur indirekten Einflunahme auf die Programmgestaltung Versuche der politischen Steuerung erwachsen knnen. Die Gefahr liegt dabei weniger in direkten Vorschriften als in einer Mischung aus Vorstellungen ber die Programmgestaltung und dem - aus Sorge ber die weitere Entwicklung der Gebhrenfinanzierung - "vorauseilenden Gehorsam" der Anstaltsgremien, die ein politisch oder in welcher Hinsicht auch immer erwnschtes Programm verwirklichen, um die Finanzierungsgrundlagen nicht zu gefhrden.

c) Verfassungsrechtliche Kriterien fr die Festsetzung der Rundfunkgebhr

Die Festsetzung der Gebhren durch den Landesgesetzgeber mu sich an mehreren verfassungsrechtlichen Kriterien messen lassen. Neben der funktionsgerechten Finanzierung, die durch die Bestands- und Entwicklungsgarantie gefordert ist, und der prinzipiellen Autonomie der Rundfunkanstalten, die eine Einflunahme des Staates oder der Politik ber den "Gebhrenhebel" oder "-knppel" verbietet, setzen das Sozialstaatsprinzip und die Verpflichtung des Staates und der Anstalten selbst zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung zur Verfgung gestellter Mittel der Hhe der Rundfunkgebhr Grenzen.
(1) Autonomie der Rundfunkanstalten
Aus dem Grundsatz der Staatsferne ergibt sich die Forderung nach weitgehender Autonomie der Rundfunkanstalten. Sie umfat auch die eigene Verantwortung ber die Finanzierung und die Verwendung der verfgbaren Mittel.

Daraus wurde die Forderung nach Gebhrenautonomie der Rundfunkanstalten abgeleitet. Sie sollen die Hhe der erforderlichen Gebhren in eigener Regie als Satzung festlegen und nur einer beschrnkten Aufsicht durch den Staat unterliegen.[64]

An dieser Forderung wird kritisiert, da sie das staatliche Gestaltungsrecht, das ebenfalls aus der staatlichen Gewhrleistungs- und Ordnungspflicht entspringt, bergeht. Schlielich sei auch eine "Selbstbedienungsmentalitt" der ffentlich-rechtlichen Anstalten zu befrchten, der durch die Festlegung durch den Gesetzgeber vorgebaut werde. Die Gebhrenfestlegung durch den Gesetzgeber sei deshalb solange als verfassungsmig anzusehen, wie nicht versucht werde, durch diese Kompetenz inhaltlichen Einflu auf die Programmgestaltung zu gewinnen.[65]

(2) Gebhrenhhe im Sozialstaat
Auch das Sozialstaatsgebot begrenzt die Gebhrenhhe. Zugangsfreiheit im Sinne von Freiheit zum Empfang der Sendungen kann nur bestehen, wenn die Teilnehmergebhr sich in einer Hhe halten lt, die bis in die Nhe des Existenzminimums noch finanzierbar ist. Fr die niedrigsten Einkommensgruppen besteht die Mglichkeit, sich von den Gebhren befreien zu lassen.

4. Vorschlge zur Modifizierung des Festsetzungsverfahrens

Eine berlegung besteht darin, die Rundfunkgebhr zu dynamisieren, d. h. sie turnusmig in einem fr erforderlich gehaltenen Ma automatisch zu erhhen.[66] Der Nachteil dieser Form liegt auf der Hand: es wre kein Zusammenhang zur tatschlichen Kostenentwicklung mehr herstellbar. Damit wrden auch erhebliche politische und soziale Legitimationsschwierigkeiten entstehen.

Weiterhin wird die Indexierung der Produktionskosten vorgeschlagen, wobei Modelle einer allgemeinen, d. h. an der allgemeinen Entwicklung der Lebenshaltungskosten orientierten, Indexierung ebenso denkbar sind wie solche einer speziellen Orientierung an den Kosten im Rundfunkbereich.[67] Problematisch wren auch hier die Automatik der Gebhrenanpassungen und die daraus entstehenden Legitimationsprobleme, daneben aber auch die Festlegung eines geeigneten "Warenkorbes" zur Ermittlung des Index und in der Folge die Bercksichtigung von Innovationskosten und unvorhersehbaren Ausgaben.

Ein dritter Vorschlag sieht eine strkere Beteiligung der Anstaltsgremien in einer neustrukturierten KEF oder einem hnlichen Gremium vor.[68] Durch die Beteiligung der Anstalten knnte mehr Ausgewogenheit dieses "staatslastigen" Gremiums erreicht werden. Damit wre ein erforderliches und sinnvolles Mitspracherecht der ffentlich-rechtlichen Anstalten ermglicht.

5. Problematik der Gebhrenbefreiungen aus sozialen Grnden

Derzeit werden die Gebhrenbefreiungen auf Kosten der Rundfunkanstalten durchgefhrt. Die Mittel, die ihnen durch die gesetzlich vorgeschriebenen Befreiungen entgehen, belaufen sich auf ca. 350 Mio. DM. Sie werden nicht vom Staat bernommen, sondern fehlen im Einnahmenvolumen der Anstalten.

Die Sozialgebundenheit der Rundfunkgebhr darf aber nicht bedeuten, da die Politik den Rundfunkanstalten eine funktionsgerechte Finanzierung aus Gebhren mit dem Verweis auf das Sozialstaatsgebot vorenthlt. Vielmehr ist gerade der Staat (und nicht primr die Rundfunkanstalten) durch das Sozialstaatsgebot verpflichtet, den Brgern den Rundfunkempfang zu ermglichen.[69]

Die derzeitige Praxis sollte daher korrigiert werden.[70] Allein durch eine bernahme dieser sozialen Kosten durch die ffentliche Hand knnten die Rundfunkanstalten ca. 350 Millionen Mark im Jahr an Einnahmeverlusten einsparen.[71] Damit wren die zu erwartenden Rckgnge aus dem Werbegeschft zumindest fr einige Jahre gebremst und der Staat wrde zugleich den aus dem Sozialstaatsgebot entstehenden Verpflichtungen gerecht. Der Ausgleich dieser Ausflle ist daher verfassungsrechtlich geboten.

Falls in der Zukunft weitere, berproportionale[72] Gebhrensteigerungen notwendig sein sollten, stellt sich die Frage, ob nicht zur sozialen Abfederung neben der bernahme der Gebhrenbefreiungen durch den Staat eine grozgigere Bemessung und eine Staffelung nach Einkommensgrenzen erfolgen mte.[73]

6. Werbeeinnahmen der ffentlich-rechtlichen Anstalten

a) Problematik der Werbefinanzierung

Die Einnahmen aus der Ausstrahlung von Werbesendungen machen derzeit bei der ARD zwischen 8 und 17 Prozent der Gesamteinnahmen aus, beim ZDF fast 50 Prozent. Daraus ist die Bedeutung dieser Einnahmequelle auch fr eine sinnvolle Begrenzung der Gebhrenhhe erkenntlich; dennoch ist diese Finanzierungsquelle nicht unbestritten.

Insbesondere werden Tendenzen der ffentlich-rechtlichen Anstalten zu einer Selbstkommerzialisierung befrchtet, die das Gebot der Gruppenferne in Frage stellen knnten. Aber auch die einzige Finanzierungsquelle der privaten Veranstalter drfen die ffentlich-rechtlichen Anstalten nicht austrocknen. Nicht zuletzt wird auch ein Schutz der Werbeeinnahmen der Presse gefordert.

Andererseits sichern die Werbeeinnahmen den ffentlich-rechtlichen Anstalten durch die nur hier bestehenden unternehmerischen Mglichkeiten wirtschaftliche Bewegungsfreiheit. Durch ihre Flexibilitt im Vergleich zu den statischen Gebhreneinnahmen ist auch eine kurzfristige Bedarfsdeckung mglich, die den Rundfunkanstalten Unabhngigkeit von der Gebhrenfinanzierung sichert.

Unter dem Aspekt der Pflicht zur funktionsgerechten Finanzierung lt sich zwar keine Garantie bestimmter Einnahmequellen herleiten; die Finanzierung aus Gebhren entspricht idealiter der Forderung nach einer grtmgliche Unabhngigkeit ermglichenden Finanzierungsform am besten.

Angesichts der derzeitigen Ausgestaltung des Gebhrenfestsetzungsverfahrens sichert den ffentlich-rechtlichen Anstalten die zustzliche Einnahmequelle der Werbung aber die erforderliche Unabhngigkeit vom Staat. Die oben genannten Probleme einer Werbefinanzierung sind durch die bestehenden Beschrnkungen dieser Einnahmequelle geregelt. Die Werbefinanzierung sollte deshalb im derzeitigen Umfang beibehalten und soweit stabilisiert werden.

b) Entwicklung der Werbeeinnahmen

Bei starken Zuwchsen der Werbeumstze der privaten Veranstalter stagnieren die Werbeeinnahmen der ffentlich-rechtlichen Anstalten derzeit auf relativ hohem Niveau. Schuld daran sind auch die restriktiven Werberegelungen fr die ffentlich-rechtlichen Anstalten. Ob eine Lockerung der rechtlichen Beschrnkungen mglich ist, ist sehr fraglich. Allenfalls der durch die Ausdehnung auf die finanzschwachen neuen Lnder zu erwartende Zusatzbedarf knnte eine unerwartete neue Bewegung in die Diskussion bringen.

Wie die Finanzierungslcke, die sich aus den fortgeltenden inhaltlichen Anforderungen an die ffentlich-rechtlichen Anstalten aus ihrem Grundversorgungsauftrag und den gleichzeitig stagnierenden Einknften ergeben knnte, in Zukunft geschlossen werden soll, ist angesichts dessen ungewi.

Bislang ist bezglich des Umfangs der Werbung in Art. 3 I 1 RfStV 1987 geregelt, da die Gebhreneinnahmen die "vorrangige Finanzierungsquelle" der Anstalten sind. Daneben schreiben Art. 3 IV und V den zeitlichen Gesamtumfang der Werbung vor. Dabei sind die ffentlich-rechtlichen Anstalten im Vergleich zu den fr die privaten Veranstalter geltenden Regeln (Art. 7 III) deutlich eingeschrnkt. Allerdings erlaubt Art. 5 eine Ausdehnung auch ihrer Werbezeiten - nicht aber des Werbeanteils an der Gesamtfinanzierung! - durch eine Vereinbarung der Ministerprsidenten.

Verfassungsrechtlich und medienpolitisch wre eine Ausdehnung des Anteils der Werbung an der Gesamtfinanzierung auch nicht ohne Bedenken. Zwar ist eine Sicherung und Stabilisierung der Gesamtfinanzierung durch die Werbung geboten.[74] Die Beibehaltung und Stabilisierung der Werbeeinnahmen in der derzeitigen Hhe sollte deshalb angestrebt werden. Ein Anteil von knapp fnfzig Prozent wie beim ZDF erreicht allerdings eine Hhe, bei der Einflsse auf die Programmgestaltung ("Selbstkommerzialisierung") nicht mehr von der Hand zu weisen sind.

6. Verwertung von Filmmaterial, wirtschaftliche Nebenttigkeiten

Weitgehend unproblematisch sind die Verwertung selbstproduzierten Materials und die Anlage vorhandener Mittel am Finanzmarkt. Schon der allgemeine Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verlangt eine finanzwirksame weitere Verwertung eigener Produktionen.

Ebenfalls unproblematisch sind die Einnahmen aus der Versorgung der Belegschaft in Kantinen und hnliche Einknfte, solange sich die Anstalten dabei auf Serviceleistungen beschrnken, die grere Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern anzubieten pflegen.

7. Sonstige Mglichkeiten der Finanzierung

Fraglich ist, ob die ffentlich-rechtlichen Anstalten aus den genannten Grnden knapp werdende Finanzquellen durch andere Ttigkeiten ersetzen knnen und drfen. Die neuen Medien-Technologien bieten sich einer Prfung auf ihre finanzielle Auswertbarkeit und deren rechtliche Zulssigkeit an.

a) Pay-TV/Spartenprogramme

Im Grundversorgungsbereich ist den ffentlich-rechtlichen Anstalten eine (zustzliche) Erhebung von Einzel- oder Kanalentgelten versagt. Im darber hinaus gehenden Bereich der Spartenprogramme ist diese zwar zulssig, wird aber nicht praktiziert. In der Zukunft wren jedoch solche Formen denkbar; ob sie ber die Finanzierung des jeweiligen Programms hinaus zur Gesamtfinanzierung der Anstalten beitragen knnten, ist aber fraglich.

b) Neue Medien (Btx, Videotext)

Bei den neuen Medien Bildschirmtext (Btx) und Videotext kann eine Verwertung, d. h. ein entgeltliches Angebot durch die ffentlich-rechtlichen Anstalten nur im Rahmen ihres ffentlich-rechtlichen Auftrags erfolgen. Die Nutzungsmglichkeit hngt dann - soweit keine eigene Nutzungsermchtigung vorliegt - davon ab, ob es sich bei der jeweiligen Form um "Rundfunk" im Sinne des Art. 5 I GG handelt.

Das ist bei Btx als teilnehmerorientiertem Dienst, der auch eine direkte Kommunikation zwischen Anbieter und Empfnger, z. B. durch Bestellung, vorsieht, nicht der Fall. Eine eigene Veranstaltung von Btx durch die Rundfunkanstalten ist also nur im Rahmen einer besonderen Ermchtigung mglich. Ein Btx-Angebot z. B. von Programminformationen im bestehenden Btx-Dienst wie durch andere Anbieter von Btx-Seiten ist allerdings problemlos, aber finanziell unergiebig.

Anders im Fall von Videotext. Hier werden die Informationen zwar in geschriebener Form, von daher eher rundfunk-untypisch, aber in rundfunkspezifischer Weise und an eine unbestimmte Zahl von Empfngern ohne die Mglichkeit der direkten Kommunikation ausgesendet. Zumindest solange sie sich dabei auf Informationen beschrnken, die dem Informationsauftrag des Rundfunks entsprechen, kann den Rundfunkanstalten eine Nutzung dieser Technik nicht untersagt werden. Die Mglichkeit einer nennenswerten finanziellen Auswertung ist jedoch kaum ersichtlich.

c) Erwerbswirtschaftliche Bettigung auerhalb des grundrechtlich geschtzten Bereichs

Schwieriger zu beantworten ist die Frage, inwieweit die ffentlich-rechtlichen Anstalten berechtigt sind oder vom Gesetzgeber ermchtigt werden knnen, sich an privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen zu beteiligen oder solche zusammen mit privaten Investoren ins Leben zu rufen.

- Randnutzungstheorie, erwerbswirtschaftliche Bettigung an Programmauftrag gebunden -

- WDR-Gesetz -

8. Zusammenfassung

Die bisherige Finanzierung der ffentlich-rechtlichen Anstalten durch Gebhren und Werbeeinnahmen ist angemessen und verfassungsrechtlich zulssig. Die Gebhrenfinanzierung mu weiterhin die Haupteinnahmequelle sein, eine Teilfinanzierung durch Werbeeinnahmen ist zur Sicherung der Staatsfreiheit in etwa im derzeitigen Umfang geboten. Die erkennbar aufkommenden Probleme der Finanzierung insgesamt und besonders der Gebhrenfestsetzung mssen die Landesgesetzgeber unter Bercksichtigung des Grundversorgungsauftrags und der Pflicht zur funktionsgerechten Finanzierung angehen und lsen.

B. Grundstze der Mittelverwendung durch die ffentlich-rechtlichen Anstalten

1. Verwendung im Grundversorgungsbereich

Im Bereich der Grundversorgung sind die ffentlich-rechtlichen Anstalten den allgemein fr die staatliche Verwaltung geltenden Grundstzen der wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung unterworfen. Sie knnen aber ber die Verwendung ihrer Einnahmen frei entscheiden und sind gem dem Grundsatz der Staatsfreiheit keinen Vorgaben unterworfen, wofr und mit welchen Schwerpunkten sie die vorhandenen Mittel zu verwenden haben.[75]

2. Verwendung fr Aufgaben, die nicht zum Grundversorgungsauftrag zhlen

Da nicht jede von den ffentlich-rechtlichen Anstalten ausgestrahlte Sendung der Grundversorgung zuzuordnen ist, stellt sich die Frage, ob und inwieweit nicht zur Grundversorgung zhlende, mglicherweise auch sehr teure Sendungen aus Gebhreneinnahmen finanziert werden drfen oder ob und inwieweit sie aus anderen (welchen) Mitteln zu finanzieren sind. Das Problem ist praktisch allerdings nicht sehr relevant, weil es im Einzelfall kaum mglich sein wird, eine Sendung als nicht zur Grundversorgung gehrig zu qualifizieren.

Die gleiche Frage stellt sich fr ffentlich-rechtlich veranstaltete "Spartenprogramme", insbesondere die Satellitenprogramme der ffentlich-rechtlichen Anstalten, Eins plus und 3-SAT. Als solche allein zhlen sie nicht zur Grundversorgung, gleichwohl erfllen sie - jedenfalls in der derzeitigen Form - als anspruchsvolle Kulturprogramme eine wichtige Funktion. Nachdem ihre Veranstaltung als "Fernsehprogramme mit kulturellem Schwerpunkt" gem. Art. 2 RfStV 1987 vorgeschrieben und eine anderweitige Finanzierung dort nicht geregelt ist, ist von einer Zulssigkeit der Finanzierung aus Gebhren auszugehen, zumal in diesen Programmen nicht geworben wird. Problematisch ist dabei aber, da diese Programme durch die Satellitenausstrahlung nicht der Allgemeinheit der Gebhrenzahler zur Verfgung stehen.

Einer Verwendung von Gebhrenmitteln fr eine eigene Programmpresse der Rundfunkanstalten, deren Zulssigkeit an sich schon umstritten ist, kann wohl nur unter den Bedingungen zugestimmt werden, unter denen auch die allgemeine Zulssigkeit der Herausgabe solcher Produkte beurteilt wird. Mithin drfen die Rundfunkanstalten eigene Programmzeitschriften nur herausgeben und dies aus Gebhren finanzieren, wenn auf andere Weise, d. h. durch die kommerzielle Programmpresse, die Information der Bevlkerung ber alle Programminhalte so wesentlich vernachlssigt wird, da dadurch die Erfllung des eigentlichen Auftrags der ffentlich-rechtlichen Anstalten bedroht ist. Die bisher schon als "Hausmitteilungen" u. . bestehenden Programminformationen bleiben jedenfalls noch im Rahmen des zur Selbstdarstellung und Information gegenber der ffentlichkeit Zulssigen.

3. Finanzkontrolle durch die Rechnungshfe

Ein besonderes Problem stellt die Kontrolle des Staates ber das Finanzgebaren der Rundfunkanstalten dar. Die Kontrolle durch die Landesrechnungshfe ist inzwischen in den Haushaltsordnungen der meisten Lnder verankert.[76]

a) Derzeitiges Verfahren

Bei der Rechnungsprfung in den Anstalten ist zu unterscheiden zwischen der anstaltsinternen Rechnungsprfung durch eigene Gremien oder durch den jeweiligen Rechnungshof im Wege der Organleihe, den Ansprchen des Gebhrenerhhungen prfenden Parlaments auf Informationen ber das Ausgabenverhalten der Anstalten und der rechtsaufsichtlichen Prfung durch die Landesregierung.

b) Problematik des Verfahrens

Die Rundfunkanstalten sind dem Staat gegenber autonom. Sie stehen unter dem Schutz des Art. 5 I GG und knnen sich auf den Grundsatz der Staatsfreiheit berufen. Die interne Finanzkontrolle der Anstalten ist vorhanden und wird durch die Aufsichtsgremien ausgebt. In jeder Kontrolle ihrer Finanzverwaltung liegt die Gefahr eines Ansatzpunktes zur inhaltlichen Einflunahme der staatlichen Stellen auf die Programmgestaltung.

Daraus ergeben sich fr die verschiedenen Prfungsverfahren die folgenden Grundstze:

Bei der anstaltsinternen Prfung kann das Finanzgebaren detailliert und im einzelnen geprft werden. Allerdings ist bei einer Prfung durch den Landesrechnungshof zu beachten, da es sich um eine externe Behrde handelt.

Die Landesparlamente verlangen vor der Ratifizierung erhhter Gebhreneinnahmen, die die Brgerinnen und Brger belasten, deren Interessen die Parlamente zu vertreten haben, Informationen ber das tatschliche Finanzgebaren der Rundfunkanstalten. Sowohl das Ausgabenverhalten in der Vergangenheit als auch die Zukunftsplanungen, fr die Gebhrenerhhungen gefordert werden, sind dabei als Entscheidungsgrundlagen relevant. Eine durch diesen Erkenntniszweck beschrnkter Informationsanspruch der Parlamente ist aus diesen Grnden verfassungsmig und mit der Rundfunkfreiheit zu vereinbaren.[77]

Auch die Prfung durch die Landesrechnungshfe im Auftrag der Landesregierungen ist zulssig, soweit sie sich auf eine Evidenzkontrolle der rechtmigen Mittelverwendung durch die Anstalten beschrnkt und subsidir zur anstaltsinternen Kontrolle bleibt.[78]

4. Verwendung von Gebhrenmitteln zur Finanzierung von Aufgaben, die nicht den ffentlich-rechtlichen Anstalten obliegen

Schon durch den Staatsvertrag ber die Rundfunkgebhren von 1982 waren 0,30 DM der Grundgebhr und 0,70 DM der Fernsehgebhr zweckgebunden fr die Neuregelung des Deutschlandfunks, fr die Schlieung der Lcken in der Fernsehversorgung und fr die Finanzierung der Kabelpilotprojekte.[79]

Im RfStV 1987 sind in Art. 6 I Nr. 1-3 ebenfalls solche zweckgebundenen Anteile fr die "Finanzierung besonderer Aufgaben vorgesehen.

- politische Rechtfertigung vgl MP II/87, S. 102, amtl. Begrndg. Art. 6 -

Zwar bestimmt Art. 6 in seinem Absatz 3, da eine Verwendung von Gebhrenmitteln fr die Finanzierung der privaten Veranstalter ausgeschlossen sei. Absatz 1 bleibe davon jedoch unberhrt.

Die vorgesehenen Anteile sind fr die Finanzierung der Aufsichtsanstalten der Lnder ber die privaten Veranstalter (Nr. 1 - "Aufsichtsgroschen"), die Frderung offener Kanle (Nr. 2 - "Kanalgroschen") und die Frderung der "gebotenen technischen Infrastruktur" (sc. fr die bertragung zustzlicher Sender, Nr. 3 - "Postgroschen") vorgesehen. Sie kommen damit insbesondere dem weiteren Aufbau des privaten Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland zugute.

Fraglich ist deshalb, ob eine solche Finanzierung der Aufsicht und Infrastruktur der privaten Veranstalter aus den allgemeinen, nur durch den Grundversorgungsauftrag legitimierten Gebhrenmitteln zulssig ist.

Zur Klrung dieser Frage braucht nicht im einzelnen auf die Rechtsnatur der Rundfunkgebhr eingegangen zu werden; denn in allen denkbaren Konstruktionen (Gebhr, Beitrag, nichtsteuerliche Sonderabgabe) fehlt es an einem Bezug zwischen dem Finanzierungszweck und dem Bezug des Anteils an der Rundfunkgebhr zu einem Vorteil oder einer Leistungsbeziehung zwischen dem Belasteten (Gebhrenzahler bzw. ffentlich-rechtliche Anstalt) und dem Begnstigten (Aufsichtsanstalt). Vielmehr werden allgemeine Staatsaufgaben wie die Aufsicht ber den privaten Rundfunk oder gar eine - schon an sich uerst problematische - indirekte Subventionierung der privaten Veranstalter durch die sog. Postabgabe (Art. 6 I Nr. 3) aus den nur zur Finanzierung der ffentlich-rechtlichen Anstalten zu erhebenden Gebhren finanziert.

Art. 6 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 sind deshalb verfassungswidrig.[80]

5. Konkursfhigkeit der ffentlich-rechtlichen Anstalten

Im Zusammenhang mit der Funktionsgewhrleistungspflicht des Staates steht die Frage, ob ffentlich-rechtliche Anstalten konkursfhig sind. Praktische Bedeutung hat diese Frage fr die - finanziell erhebliche - Pflicht, Beitrge zur Insolvenzversicherung leisten zu mssen. Aus diesem Grund haben die meisten Landesgesetzgeber[81] die Konkursfhigkeit ffentlich-rechtlicher Krperschaften[82] ausgeschlossen.

Das BVerwG geht jedoch von der Konkursfhigkeit der ffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus.[83] Dabei argumentiert es, da der Gesetzgeber die ffentlich-rechtlichen Anstalten auflsen kann, und da er sie mithin auch nicht vor dem Konkurs bewahren mu.

Diese Argumentation greift jedoch zu kurz. Vielmehr erwchst aus dem Anspruch der ffentlich-rechtlichen Anstalten auf funktionsgerechte Finanzierung, der aus der allgemeinen Funktionsgewhrleistungspflicht des Staates zu ihren Gunsten hervorgeht, als Konsequenz die Pflicht, den ffentlich-rechtlichen Anstalten stets ausreichende Mittel zu gewhren. Allerdings kann der Staat, sofern die Gebote des Art. 5 I, S. 2 GG weiterhin gesichert werden knnen, einzelne Rundfunkanstalten auflsen oder mit anderen zusammenfhren.[84] Solange er dies aber nicht tut, mu er die bestehende Rundfunkanstalt nicht nur ausreichend, sondern funktionsgerecht finanzieren. Dies ergibt sich aus dem Grundrechtsschutz des Art. 5 I GG, den die Rundfunkanstalten whrend ihres Bestehens genieen. Die ffentlich-rechtlichen Anstalten knnen deshalb nicht in Konkurs gehen.[85]

C. Die Finanzierung der privaten Veranstalter

Die privaten Veranstalter finanzieren sich derzeit ausschlielich aus Werbeeinnahmen. Den grten Anteil hat dabei die "klassische" Spotwerbung, kleine Anteile drften die Sonderformen wie Werbeshows, Sponsoring[86] und Versandhandel unter dem Namen des Senders oder durch unabhngige Firmen ("Teleshopping") haben.

1. Eigenkapital-Einsatz

Verfassungsrechtlich unproblematisch ist der Einsatz von Eigenkapital privater Investitoren in der Aufbauphase eines Senders. Er kann jedoch naturgem nur eine Zeitlang den Betrieb finanzieren.

2. Werbeeinnahmen

Die privaten Rundfunksender sowohl im Hrfunk- als auch im Fernsehbereich finanzieren sich derzeit neben dem Einsatz von Eigenmitteln, von einigen Ausnahmen bei nicht-kommerziellen Sendern im Hrfunkbereich abgesehen, aus Werbeeinnahmen. Dabei setzen die beiden groen privaten Fernsehsender, SAT 1 und RTL plus, im Jahr 1990 jeweils knapp 500 Millionen DM um.

Die reine Werbefinanzierung der privaten Veranstalter wird derzeit kaum noch diskutiert. Sehr schnell hat sich die juristische und nicht-juristische ffentlichkeit daran gewhnt. Dennoch sollten die sicher bestehenden Bedenken dagegen[87] in den Diskussionen um die wachsenden Forderungen der privaten Veranstalter nach mehr Beteiligung am Gesamt-Werbeaufkommen, mithin nach weiteren Beschrnkungen der ffentlich-rechtlichen Anstalten auf diesem Feld, bercksichtigt werden.

Verfassungsrechtlich ist die reine Werbefinanzierung zulssig.[88] Nachdem privat veranstalteter, kommerzieller Rundfunk zulssig ist, mssen auch die Rahmenbedingungen fr seine Finanzierbarkeit geschaffen werden. Dabei sind Ausgestaltungsregelungen (zeitliche Begrenzungen) mglich, nicht aber ein generelles Verbot der Werbefinanzierung als derzeit einziger realisierbarer Einnahmequelle.[89]

3. Zusammenhnge zwischen Werbefinanzierung und Programmgestaltung

Dabei ist zu bedenken, da durch die reine Werbefinanzierung der privaten Veranstalter eine weitgehende Interessenbereinstimmung zwischen den Veranstaltern und der werbenden Wirtschaft entsteht. Die Veranstalter sind an hohen Werbeeinnahmen interessiert, die werbende Wirtschaft an der Ausstrahlung ihrer Spots in einem gnstigen Umfeld, d. h. primr an hohen Einschaltquoten, gegebenenfalls in einem Umfeld, das gezielt eine bestimmte Zielgruppe anspricht.

Die Bercksichtigung von Minderheiteninteressen oder weniger publikumsattraktiven Themen mu dabei fast zwangslufig zu kurz kommen. Es entsteht ein Proze der schleichenden Anpassung der Programme an die Interessen der werbenden Wirtschaft in der "vorweggenommenen Rcksichtnahme der Programmhersteller auf die Bedrfnisse der Werbeindustrie".[90]

Nun ist natrlich nicht alles schlecht, was die Werbeindustrie als ein gnstiges Umfeld ihrer Spots ansieht, und auch politisch kritische Magazine oder zunchst fr zu extravagant gehaltene Unterhaltungsserien knnen zu Publikumsrennern werden.[91] Unbestreitbar ist auch, da das Auftreten der Privaten und die daraus resultierende Konkurrenzsitutation zu verstrkten Bemhungen der ffentlich-rechtlichen Anstalten gefhrt haben.

Dennoch ist der Zusammenhang zwischen der Finanzierungsart und der Durchsetzbarkeit der Interessen der "Geldgeber" zu beachten. Ein rein durch Werbung finanzierten Programme sollten zunchst in einer ergnzenden Position bleiben. Nicht unterschtzen sollte man, da die privaten Veranstalter nach der besonders schwierigen Startphase schon jetzt beginnen, ihr Angebot in Richtung auf ein "klassisches" Vollprogramm zu verbessern. Es ist zu hoffen, da auch in dieser gewissermaen umgekehrten Richtung die Konkurrenzsituation wirkt und die Mastbe, die die ffentlich-rechtlichen Anstalten gerade in der aktuellen politischen Berichterstattung setzen, die Anstrengungen der privaten Veranstalter auf diesem Gebiet noch verstrkt.

IV. Anforderungen an die Weiterentwicklung der Finanzierungsbedingungen

Ziel der Gestaltung des Rundfunks in Deutschland mu nach dem Grundgesetz die Ermglichung eines breiten und sowohl politisch-informativ als auch kulturell und in der Unterhaltung umfassenden Programmangebots fr die Brgerinnen und Brger sein. Diesem Ziel haben sich private Profitinteressen ebenso unterzuordnen wie Wnsche der Politik und des Staates nach mehr Einflumglichkeiten auf die Programmgestaltung.

An der bestehenden, dualen Ordnung wird daher auf absehbare Zeit nichts zu ndern sein. Weder sollten die ffentlich-rechtlichen Anstalten wesentlich eingeschrnkt werden, noch sollten die privaten Veranstalter zurckgedrngt werden. Vielmehr sollte versucht werden, auch zwischen diesen beiden Bereichen die Konkurrenzsituation aufrechtzuerhalten. Nur wenn beide Bereiche sich sowohl um Zuschauergunst als auch um Werbeeinnahmen bemhen mssen, ist aus der Situation eines zwangslufig begrenzten Auenpluralismus ein Gewinn fr das Gesamtangebot zu erhoffen.

Wnschenswert wre dabei eine strkere Bercksichtigung der Interessen der Konsumenten durch mehr Marktorientierung auf der Seite der Nachfrage nach Programmen bei den Privatsendern. Dazu wre besonders eine Entgeltfinanzierung geeignet. Dieses Modell scheint aber - auch durch noch bestehende technische Beschrnkungen und starre Konsumentengewohnheiten - noch in ferner Zukunft zu liegen. Im brigen wird es faktisch nur als Ergnzung zu den bestehenden Modellen hinzutreten knnen.

Die Werbeeinnahmen der ffentlich-rechtlichen Anstalten sollten gesichert werden. Dafr sprechen neben der positiven Wirkungen von Konkurrenz auch auf diesem Sektor die Beibehaltung einer ertrglichen Hhe der Rundfunkgebhr, die Erhaltung wirtschaftlicher Beweglichkeit und die Gewhrleistung der Staatsunabhngigkeit der ffentlich-rechtlichen Anstalten.

Die privaten Veranstalter mssen ihre inhaltlich-kulturelle Kompetenz erst noch unter Beweis stellen, bevor man von Anstzen zu pluralistischer Vielfalt wird sprechen knnen.

Solange den privaten Sendern dies nicht gelingt, mssen die verfassungsrechtlichen und -gerichtlichen Forderungen zur Bestands- und Entwicklungsgarantie fr den ffentlich-rechtlichen Rundfunk verstrkt beachtet, konkretisiert und in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Das grte Problem auch angesichts einer Ausdehnung in die "fnf neuen Lnder" wird dabei in den nchsten Jahren die Finanzierbarkeit der "Gesamtveranstaltung Rundfunk" in seiner ffentlich-rechtlichen Variante und die Sicherung von Fderalismus bei einer Neustrukturierung des Rundfunks in Gesamtdeutschland sein.


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[1] BVerfGE 12, 205; 31,314; 57, 295; 73, 118; 74, 297

[2] BVerfGE 12, 205 (225 ff.; 237, 249)

[3] Degenhart, BK Art. 5 Abs 1 u. 2, Rz. 508

[4] BVerfGE 12, 205, 242

[5] BVerfGE 12, 205, 249

[6] abgedruckt z. B. bei Olenhusen, S. 333 ff.

[7] in kraft seit dem 1.12.1987, GBl. BW 1987, 511

[8] vom 5.12.1974: Ring, Medienrecht, C-O-1; und vom 6.7./26.10.1982: Ring, Medienrecht, C-I-1

[9] Olenhusen, 375 ff., 109 ff.

[10] BVerfGE 47, 46, 78 ff.; 49, 89, 126 ff.

[11] Heidel, S. 82 ff.; Hoffmann-Riem, AK Art. 5 Abs. 1, 2, Rz. 157; Starck, in: M/K/S, Art. 5 Abs. 1, 2, Rz. 93; Klein, Rundfunkrecht und -freiheit, Der Staat 20 (1981), 171, 198f.; allg. zum Regelungsbedarf Scheuner, Rundfunkfreiheit, S. 89

[12] BVerfGE 12, 205 (260); 31, 314 (326, 324 ff.); 57, 295 (320); 73, 118 (152)

[13] v. Sell, S. 44

[14] Hoffmann-Riem, AK Art. 5 Abs. 1, 2, Rz. 140 und 175 f.

[15] Hoffmann-Riem, AK, Art. 5 I, II, Rz. 137

[16] Hoffmann-Riem, AK, Art. 5 I, II, Rz. 15; umfassend fr die Definition der Rundfunkfreiheit als funktionelles Grundrecht auch Stock, Medienfreiheit als Funktionsgrundrecht

[17] Starck, in M/K/S, Art. 5 Abs. 1, 2, Rz.68; Klein, Die Rundfunkfreiheit; Scheuner, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit; Scholz, in: Rundfunk zwischen Bestand und Neuordnung, S. 41

[18] Hoffmann-Riem, AK Art. 5 I, II, Rz.

[19] zum Begriff Degenhart, BK Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rz. 546 ff.

[20] Degenhart, BK Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rz. 569; Hoffmann-Riem, RuF 1982, 115; eingehend zu dem Problem, auf welcher Ebene "Ausgewogenheit" herzustellen und zu messen sei, Stock, S. 58 ff.

[21] BVerfGE 57, 295 (324); Hoffmann-Riem, Art. 5 Abs. 1, 2, Rz. 174 ff.

[22] BVerfGE 57, 295 (326); Degenhart, BK Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rz. 544; Hoffmann-Riem, AK Art. 5 Abs. 1, 2, Rz. 169 ff.

[23] Bork, S. 24 ff.

[24] RfStV 1987 Art. 3 und 7; EG-Fernsehrichtlinie, Art. 1 b), c) (Schleichwerbung), d) (Sponsoring), in: MP-Dok II/89, S. 107 ff.; vgl. auch die "Richtlinien fr die Werbesendungen des ZDF" vom 17.3.1989, 1, in: MP-Dok I/89, S. 50

[25] Art. 3 und 7 RfStV 1987, differenziert fr die ffentlich-rechtlichen Anstalten und die privaten Veranstalter; ausfhrlich Bork, Werbung im Programm

[26] zu den Problemen im einzelnen Bork, 100 ff.

[27] vgl. RfStV 1987 Art. 10; EG-Richtlinie

[28] BVerfGE 12, 205, 262; 31, 314, 325; 57, 295, 322; 73, 118, 153; Heidel, S. 158; Stern/Bethge, S. 42 f., 49

[29] BayVGH (JZ 1989, 242 m. Anm. Hoffmann-Riem)

[31] BVerfGE 12, 205

[32] BVerfGE 57, 297

[34] BVerfGE 74, 297 (331 ff.)

[35] Degenhart, BK Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rz. 526

[37] Gesamteinnahmen 1987; Oppermann/Kilian, S. 42

[38] selbst in den USA mit einem Konsumentenmarkt von 200 Millionen Menschen haben sich nur drei nationale Fernsehketten etabliert, Heidel, S. 48

[39] Krger, Udo: Konvergenz im dualen Fernsehsystem Programmanalyse 1988, MP 1989, S. 776. Zu derselben Problematik im privaten Hrfunkbereich Bucher/Schrter, MP 8/90, S. 517 ff. (538 f.), die die starke Kommerzialisierung der baden-wrttembergischen Lokalsender belegen.

[40] Krger, S. 786 (oben)

[41] Krger, S. 806

[42] Bucher/Schrter, MP 8/90, S. 517 ff. (538 f.)

[44] Bethge, DV 1988, 97 ff.

[45] BVerfGE

[46] Kopper, MP I/89, S. 256

[47] Bork, S. 24

[48] RTL plus erreicht ber Kabel und terrestrische Frequenzen inzwischen bereits 60 Prozent aller Haushalte, SAT 1 bisher 57 Prozent. vgl. N.N., Marketing contra Werbers Liebling, in: w&v Special "Film, Funk, Fernsehen & Video", Nr. 34, August 1990, S. 60. Ende 1995 soll die Verkabelung Westdeutschlands mit der Anschliebarkeit von 80 Prozent aller Haushalte abgeschlossen sein; ebd., S. 58

[49] N.N., Marketing contra Werbers Liebling, in: w&v Special "Film, Funk, Fernsehen & Video", Nr. 34, August 1990, S. 58 (60, 5. Sp.); es werden Werbeagenturen zitiert, die von 60 Prozent hheren Kosten fr die gleiche Zahl an erreichten Konsumenten ausgehen. Ebenso Karepin, MS 9/90, S. 18

[50] RfStV 1987, Art. 3 IV und V

[51] N.N., Marketing contra Werbers Liebling, in: w&v Special "Film, Funk, Fernsehen & Video", Nr. 34, August 1990, S. 58 (61, 2. Sp.); Karepin, MS 9/90, S. 18

[52] Heidel, S. 153 ff.

[53] vgl. Heidel, S. 155 f.

[55] Auch der Arbeitskreis Werbefernsehen der Deutschen Wirtschaft (AKW) fordert, den ffentlich-Rechtlichen traditionell wohlgesonnen, eine Lockerung der Werberestriktionen, um ein neues Oligopol der groen Privatsender zu verhindern; so der AKW-Vorsitzende Hans A. Merkle laut Karepin, MS 9/90, S.19.
Zu den langfristigen Finanzierungsproblemen vgl. Kopper, MP I/89, 245, insb. auch zum Problem konstant anspruchsvoller Programmauftrge bei rcklufigen Finanzmitteln und dem geringen wirtschaftlichen Spielraum der ffentlich-rechtlichen Anstalten.

[56] BVerwGE 22, 299

[57] Oppermann/Kilian, S. 43 m.w.N.; Badura, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie, S. 18 f.

[58] Bethge, Standort, S. 46

[59] Oppermann/Kilian, 44 f.

[60] kritisch zu dieser "Regierungsnhe" Hoffmann-Riem, JZ 1989, 249

[62] Badura, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie, S. 16

[64] vgl. den Vorlagebeschlu des BayVGH, JZ 1989, 242 (244, Punkt 3.)

[65] so in der abweichenden Meinung zu BVerfGE 31, 314, S. 345

[69] vgl. Ossenbhl, Rundfunkgebhrenbefreiung, S. 42 f., 45

[70] Ossenbhl, Rundfunkgebhrenbefreiung, S. 47 ff., 55

[72] Bisher hielten sich die Gebhrensteigerungen exakt im Rahmen der allgemeinen Steigerung der Lebenshaltungskosten, vgl. TODO

[74] Schneider/Radeck, S.; Heidel, S.

[76] Baden-Wrttemberg: X LHO

[77] Degenhart, BK Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rz. 592; vgl. Ossenbhl, Rundfunkfreiheit und Rechtsaufsicht

[78] Ossenbhl, Rundfunkfreiheit und Rechtsaufsicht, S.; Karpen, S.

[79] vgl. den Vorlagebeschlu des BayVGH, JZ 1989, 242

[80] W. Schmidt, Rundfunkgebhr, S. 69 ff., S. 87, S. 90 f.

[81] Kempen, DV 1988, 547 (Funote 1)

[82] gem. Art. IV EGndGKO i.d.F. vom 17.5.1898 i.V.m. Art. 125 GG; vgl. Kempen, DV 1988, 547

[83] BVerwGE 75, 318

[84] Stern/Bethge, S. 83 f.; Bethge, DV 1988, 97 ff., 100

[85] Kempen, DV 1988, 553; vgl. auch Bethge, DV 1988,97 ff. (100)

[86] Sponsorenfinanzierte Sendungen sind bei RTL plus 1985 immerhin mit 17% am Gesamtumsatz beteiligt; Bork, S. 13

[87] Herzog in M/D/H/S, Art. 5 Abs. I, II, Rz. 240

[88] BVerfGE 73, 118 (179); 74, 297 (343 f.)

[89] Degenhart, BK Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rz. 707

[90] Heidel, S. 31

[91] Zum Beispiel bei den Erfolgen von "Spiegel-TV" oder der in Amerika berraschend erfolgreichen Serie "Twin Peaks"


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