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bersicht


B. Bisherige Rechtsgrundlagen

In einem ersten Schritt werden nachfolgend die rechtlichen Regelungen, die bis 1996 die Entwicklung des Internet beherrschten, und ihr faktischer Einflu auf diese Entwicklung dargestellt. In einem zweiten Schritt werden sodann die Neuregelungen erlutert und analysiert, die ab 1996/97 die weitere Entwicklung rechtlich steuern sollen.

Dazu wird aufgrund seiner grundlegenden Bedeutung mit dem Inhalt und der Entwicklung des Fernmelderechts begonnen, bevor Rundfunkrecht, Recht der rundfunkhnlichen Kommunikation und Presserecht einer nheren Betrachtung unterzogen werden. Alle diese Rechtsgebiete hatten aufgrund der explosionsartigen tatschlichen Entwicklung des Internet nur einen marginalen Einflu auf die tatschliche Entwicklung.

Im zweiten Schritt werden zunchst das Telekommunikationsgesetz des Bundes und sodann die neuen, spezifischen Regelungen des Informations- und Kommunikationsdienstegesetzes (insbesondere das Teledienstegesetz - TDG) des Bundes und der Entwurf des Mediendienste-Staatsvertrags (MDStV-E) der Lnder dargestellt.

I. Fernmelderecht

1. Historische Entwicklung

Das Fernmelderecht hat sich - stets als hoheitlich verwalteter Bereich der engsten Staatsaufgaben - aus dem Telegraphenrecht zu dem modernen Rechtsgebiet der Telekommunikation entwickelt. Letzter Schritt in dieser Entwicklung ist die Privatisierung der Fernmeldeunternehmen, die sich in allen industrialisierten Lndern anbahnt. Innerhalb der Europischen Union erzwingen die ordnungspolitischen Zielvorstellungen zwar keine Privatisierung der ffentlich-rechtlichen Telekommunikationsunternehmen, aber deren Gleichstellung mit privatwirtschaftlichen Betreibern [7]. Die Details dieser Entwicklung knnen hier nicht dargestellt werden; ihre Auswirkungen auf die Umsetzung weltweiter vernetzter Kommunikation werden soweit mglich im Kontext der jeweiligen gesetzlichen Regelungen angerissen.

2. Fernmeldeanlagengesetz (FAG)

Das Fernmeldeanlagengesetz, das in seinem Kern bis auf das Telegraphengesetz aus dem Jahr 1892 zurckgeht, war bis zum Inkrafttreten des TKG eine beherrschende Rechtsgrundlage des deutschen Fernmelderechts. Strittig war in den vergangenen Jahren stets die Reichweite des Fernmelderechts wie auch der Gesetzgebungskompetenz des Bundes fr das Fernmeldewesen. Wie in allen entwickelten Industriestaaten, trat auch in Deutschland mit der Verbreitung der Computertechnik und der Datenfernbertragung die Frage auf, ob und inwieweit Datenbertragungs- und -verarbeitungstechnik auerhalb des Fernmeldenetzes einerseits dem Fernmelderecht unterfielen und ob und inwieweit den Fernmeldeunternehmen (in Deutschland also allein der Deutschen Bundespost) innerhalb des Fernmeldenetzes die Erbringung von Datenverarbeitungsdiensten erlaubt sein sollte [8].

a) Internet-Dienstangebot als Betrieb einer Fernmeldeanlage

Fr die Internet-Beteiligten stand insbesondere die Frage im Vordergrund, ob der Betrieb von Knotenrechnern und Modemzugngen den Betrieb einer "Fernmeldeanlage" gem. 1 FAG darstellte. Nach einer Stellungnahme des Bundesministeriums fr Post und Telekommunikation (BMPT) ist bei dem Betrieb von Mailboxsystemen davon auszugehen, da die erbrachten Dienste sich als "Telekommunikationsdienstleistung" im Sinne des 1 Abs. 4 FAG darstellen. Daraus ergibt sich einerseits die Freiheit, solche Dienste zu erbringen, andererseits die Anmeldepflicht fr Mailboxen nach 1a Abs. 1 FAG. Diese Anmeldepflicht wurde dem Vernehmen nach von Mailboxbetreibern und Internet Service Providern eher locker gehandhabt und vom BMPT nicht durchgesetzt. Nur einige Internet-Anbieter (z. B. die Firma EUNet) sind der Anmeldepflicht beim BMPT nachgekommen.

Im Umkehrschlu ergibt sich aus dieser Einordnung, da strenggenommen ein Betrieb von Mailboxen und Internet-Vermittlungsrechnern, zumindest soweit sie als ffentlicher Dienst angeboten wurden, erst mit der nderung des FAG vom 14. 9. 1994 [9] zulssig wurden.

b) Betriebsgenehmigungen fr DF-Hardware

Aus dem FAG ergab sich weiterhin das Erfordernis einer Betriebsgenehmigung fr die in 2a, 2b und 2d genannten Endeinrichtungen durch das Bundesamt fr Zulassungen in der Telekommunikation ( 2e FAG).

c) Internet-Dienste und Fernmeldegeheimnis

Nach 10 FAG waren die Personen, die eine fr den ffentlichen Verkehr bestimmte Fernmeldeanlage betreiben, beaufsichtigen, bedienen oder sonst bei ihrem Betrieb ttig sind, zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet (vgl. Art. 10 GG, 354 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Dazu gehrt auch die Geheimhaltung der nheren Umstnde des Fernmeldeverkehrs, insbesondere ob und zwischen welchen Personen kommuniziert wurde [10].

3. Fernmeldewegerecht (TWG)

Das Fernmeldewegerecht hat als Recht der Nutzung von Grund und Boden fr den Netzaufbau bei der Entwicklung des Internet keine groe Rolle gespielt, zumal die alleinige Netztrgerschaft der Deutschen Bundespost (Netzmonopol) bis zum Erla des TKG nur im Bereich der Funknetze gelockert worden war. Zuknftig mgen die Vorschriften der 50ff TKG fr die Grundstcksnutzung und den Wegebau eine grere Rolle spielen; auf den weiteren Ausbau des Internet haben sie insofern Einflu, als die zum Erwerb oder der Ausbung von Nutzungsrechten zu erbringenden Gebhren oder sonstigen Entgelte die Kosten des Ausbaus der Infrastruktur (beispielsweise bei der Umrstung der Breitbandkabelnetze oder der Verlegung von Glasfaserkabeln) beeinflussen.

4. Telekommunikationsordnung (TKO)

Die TKO regelte verwaltungsrechtlich das Dienstangebot und die daraus resultierenden Nutzungsverhltnisse zwischen Nutzern und Deutscher Bundespost [11]. Einflu auf Gestaltung und Wachstum des Internet hatten vor allem die angebotenen Nutzungsmglichkeiten, beispielsweise das Angebot leistungsstarker Datenbertragungsnetze, und die erhobenen Gebhren aufgrund der Tarifstrukturen der TKO. Die mangelnde Leistungsfhigkeit bei der (schnellen) Bereitstellung leistungsfhiger Datenverbindungen und die hohen, nicht marktorientierten Gebhren insbesonderen fr Privatnutzer sind weiterhin Anla zur Kritik und hemmen die Entwicklung vernetzter Kommunikationsstrukturen erheblich. Bei aller Kritik darf allerdings der international vergleichsweise hohe Stand der Qualitt der technischen Infrastruktur nicht bersehen werden.

5. Die Reformen der Deutschen Bundespost

In drei Reformwellen wurde die Deutsche Bundespost in drei Geschftsbereiche (Deutsche Post AG, Postbank und Deutsche Telekom AG) aufgeteilt und (teil-) privatisiert [12] . Daneben wurde - entsprechend den europarechtlichen Vorgaben - die Liberalisierung und Marktffnung der Geschftsbereiche betrieben. Ergebnis soll zum Jahreswechsel 1997/98 die vllige Freigabe des Angebotes von Telekommunikationsdienstleistungen sein. Von dieser Freigabe erhofft sich die Politik insgesamt eine Verbesserung der Leistungsfhigkeit der Telekommunikation insgesamt und dadurch eine Verbesserung der Wettbewerbsfhigkeit im internationalen Vergleich. Die Re-Regulierung des Telekommunikationssektors wird allerdings begleitet von erheblichen Problemen. Sie entstehen durch die extreme Marktmacht der Deutschen Telekom AG, durch Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der Beteiligung hochmonopolistischer Energieversorgungsunternehmen am Wettbewerb und durch strukturelle Unausgewogenheiten bei der Erschlieung mehr oder weniger attraktiver Rume und Mrkte.

Fr die Entwicklung des Internet haben die Postreformen insoweit Bedeutung, als mit dem Postneuordnungsgesetz (PTNeuOG) vom 14. 9. 1994 [13] in Art. 5 nderungen des Fernmeldeanlagengesetzes (FAG) eingefhrt wurden, die privaten Betreibern die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen erlaubten ( 1 Abs. 4 FAG). Das Netz- und Sprachdienstmonopol der Deutschen Bundespost TELEKOM blieb allerdings erhalten ( 1 Abs. 2 Satz 2, 4 Satz 3, 4 FAG).

II. Rundfunk- und Medienrecht

Rundfunk-, Medien- und Telekommunikationsrecht erschlieen seit einigen Jahren neue Welten. Die Durchsetzung von Internet und Online-Diensten wirft fr alle drei Bereiche neue Rechtsfragen und Probleme der gegenseitigen Abgrenzung auf. Die juristische Diskussion hat aufgrund der technisch geprgten Definition des Rundfunks zunchst die Frage in den Mittelpunkt gestellt, ob Online-Medien nicht dem Rundfunkrecht zu unterwerfen seien. Diese Unterwerfung wre mit erheblichen Einschrnkungen und materiellen Bindungen, z. B. in konzentrationsrechtlicher Hinsicht, verbunden gewesen. Dem gegenber standen Positionen, die schon immer die Konzeption des Grundrechts der Rundfunkfreiheit als "dienende Freiheit" angegriffen und eine strkere Betonung der "subjektiven Komponente" des Grundrechts gefordert hatten. Diese Positionen verlangten erneut nach einer erheblichen Liberalisierung des Rechtsregimes in Bezug auf die "Neuen Dienste" [14].

berlagert und auch verwirrt wurde die Diskussion durch eine lange Zeit unklare Begrifflichkeit. Bei der Diskussion ber "Neue Dienste" wurde vielfach offengelassen oder nicht hinreichend deutlich dargelegt, ob digitaler Rundfunk, Online-Dienste oder Internet-Angebote Gegenstand der Debatte waren.

Die Diskussionen, die in den achtziger Jahren um die (damals) "Neuen Medien" Bildschirm- und Videotext gefhrt wurden, wurden oft weitgehend ignoriert. Whrend damals eine breite gesellschaftliche Debatte mit erheblichen Anstrengungen zur intellektuellen Durchdringung der Materie gefhrt worden war [15], wird die Diskussion um die neuesten "Neuen Medien" im Online-Bereich weitestgehend in Fachkreisen gefhrt, die ffentlichkeit nimmt kaum Notiz. In dieser juristischen Fachdiskussion setzte sich weitgehend die Auffassung durch, da der Rundfunkbegriff zwar grundstzlich auch auf Online-Kommunikation - zumindest soweit sie sich als Kommunikationsangebot an die Allgemeinheit darstellte - anzuwenden sei. Der (allzu) enge Regelungsrahmen des hergebrachten Rundfunkrechts sollte jedoch berwunden und den aufgrund der unterschiedlichen Charakteristika der Online-Medien gebotenen Modifikationen unterworfen werden. In der Debatte um die Entwrfe fr das Teledienste-Gesetz (TDG-E, Art. 1 IuKDG-E) und den Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV-E) zeichnet sich jetzt jedoch die Tendenz ab, Dienste nicht mehr technisch, sondern inhaltlich abzugrenzen. Der Preis fr diese an sich richtige Entscheidung ist, da aufgrund der Oberflchlichkeit der derzeitigen Regelungen keine wesentliche Steigerung der Rechtssicherheit erreicht werden kann [16].

1. Europisches Recht

a) Richtlinie Fernsehen ohne Grenzen

Die EU-Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" gilt ausdrcklich nicht fr Angebote zum individuellen Informationsabruf, also jenseits des "klassischen" Rundfunks [17]. Im Rahmen der laufenden Novellierungsverhandlungen war im Europischen Parlament der Wunsch entstanden, auch interaktive Dienste des digitalen Fernsehens (Video on Demand) einzubeziehen. Dieser Vorschlag wurde jedoch bei der Verabschiedung des jetzt vorliegenden Gemeinsamen Standpunkts abgelehnt, so da auch die knftige Fassung Geltung nur fr den "klassischen Rundfunk" haben wird.

Allerdings setzt sich das Europische Parlament nach wie vor dafr ein, den Fernsehveranstaltern, insbesondere den ffentlich-rechtlichen Anstalten, auch Angebote ber neue bertragungswege (digitales Fernsehen, DVB) und in neuen technischen Erscheinungsformen (Offline- und Online-Medien) zu ermgliche n [18].

b) Europaratskonvention

Auch die Europaratskonvention enthlt derzeit keine Vorschriften ber die rundfunkhnliche Kommunikation oder ber vernetzte Kommunikationsdienste.

2. Rundfunkstaatsvertrge

Die bisherigen Rundfunkstaatsvertrge [19] enthalten keine Vorschriften, die sich unmittelbar und ausdrcklich auf die rundfunkhnliche Kommunikation beziehen. In den vergangenen Jahren wurde in der rechtswissenschaftlichen Literatur allerdings eine heftige Auseinandersetzung darber gefhrt, ob und inwieweit neuartige Angebote der Online-Kommunikation einerseits und digitale Rundfunkangebote wie digitales und "interaktives" Fernsehen, digitaler Hrfunk oder neuartige Sendeformen wie Video on Demand und Near Video on Demand den Vorschriften des Rundfunkrechts zu unterwerfen seien. Auf diese Diskussion wird bei der Vorstellung der geplanten Neuregelungen im TDG-E und im MDStV-E eingegangen.

3. Landesmediengesetze

Die Landesmediengesetze einiger Lnder enthalten Vorschriften, die Kommunikationsdienste regeln, die nicht dem klassichen Bild des Rundfunks entsprechen. Die Reichweite und praktischen Auswirkungen dieser Vorschriften sollen kurz beleuchtet werden.

a) Landesmediengesetz Baden-Wrttemberg (LMedienG) [20]

Das LMedienG enthlt in seinem sechsten Abschnitt Vorschriften ber die "rundfunkhnliche Kommunikation". Die davon umfaten Dienste sind in den Begriffsbestimmungen des 2 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 LMedienG definiert als Text-, Bild-, Ton- und Bewegtbildsendungen, die auf Abruf oder Zugriff verbreitet werden. Text- und Bildsendungen sind zulassungsfrei, sie unterliegen allerdings einer Anzeigepflicht bei der Landesanstalt fr Kommunikation. Ton- und Bewegtbildsendungen unterliegen nur dann einer Zulassungspflicht, wenn sie als Sendungen auf Zugriff [21] veranstaltet werden.

Auffllig ist, da das LMedienG von einem weitgehend technisch geprgten Begriff der rundfunkhnlichen Kommunikation ausgeht ( 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 LMedienG) und nicht hinsichtlich der angebotenen Inhalte differenziert, wie es jetzt der MDStV-E tut. Leider ist der Anwendungsbereich der Vorschriften ber die rundfunkhnliche Kommunikation nie ganz klar geworden. Der Gesetzgeber hat sich vermutlich eine klare Trennung zwischen dem schmalbandig bertragenen Dienst "Bildschirmtext" und anderen, breitbandig bertragenen Kommunikationsdiensten vorgestellt und nicht damit gerechnet, welche Vielfalt an schmalbandig bertragenen Diensten sich mit dem und im Internet entwickelte. Er hat daher eine Grenze zwischen "schmalbandig = Btx" und "breitbandig = Kabeltextabruf" gezogen. Damit war auch die Frage nicht zu klren, ob ein rundfunkhnlicher Dienst nur vorliegen konnte, wenn es sich um einen massenkommunikatives Angebot an die Allgemeinheit handelte, oder ob auch Dienste der Individualkommunikation diesem weitgefaten Rundfunkbegriff unterliegen konnten.

Nicht geklrt wurde in der Verwaltungspraxis der baden-wrttembergischen Landesmedienanstalt (Landesanstalt fr Kommunikation, LfK), ob eine Zustndigkeit fr andere, schmalbandig bertragene Dienste als den Bildschirmtext-Dienst der Bundespost wie etwa andere Online-Dienste oder Angebote im Internet bestand. Der Gesetzgeber hat mit der ffnungsklausel des 39 Abs. 2 LMedienG Vorsorge fr die Ermglichung technischer Innovation getragen. Mittlerweile sind die berlegungen ber eine Anwendbarkeit der Vorschriften ber die rundfunkhnliche Kommunikation auf Online-Dienste und das Internet von der Gesetzgebung berholt. Sollte der Mediendienste-Staatsvertrag in Kraft treten, werden die Regelungen des sechsten Abschnitts des baden-wrttembergischen LMedienG weitgehend obsolet sein ( 39 Abs. 1 LMedienG).

In Baden-Wrttemberg wird im mittleren Neckarraum (Breitbandverteilnetze Stuttgart, Ludwigsburg, Tbingen/Reutlingen) eine Bildschirmzeitung als rundfunkhnlicher Dienst angeboten, deren Programm sich halbstndlich wiederholt (Zugriffsdienst). Weitere rundfunkhnliche Dienste werden als Datendienste und programmbegleitende Dienste im DAB [22]-Versuchsprogramm ausgestrahlt.

b) Rundfunkstaatsvertrag Berlin-Brandenburg [23]

Der Staatsvertrag Berlin-Brandenburg sieht in seinem 2 Abs. 1 Nr. 2 "Datenverteildienste", deren Charakter sonst nicht nher definiert wird, und in Nr. 3 "Abrufdienste, soweit sie drahtlos oder ber Breitbandkabel bermittelt und nicht nur von einem einzelnen Teilnehmer empfangen werden knnen" vor. Er trifft ber deren Zulssigkeit, Kapazittszuteilungen u. . keine weiteren Regelungen. Allein in der Erprobungsklausel des 47 finden sich Vorschriften, nach denen auch rundfunkhnliche Dienste zur Erprobung zugelassen werden knnten.

Praktische Anwendungsflle dieser Vorschriften in Berlin und Brandenburg sind nach Auskunft der MABB [24] nicht bekannt.

c) Hamburger Mediengesetz (HmbMedienG) [25]

Auch das HmbMedienG enthlt in seinem achten Abschnitt Vorschriften ber die rundfunkhnliche Kommunikation, die durch Verweisung auf den Btx-Staatsvertrag und rundfunkbezogene Normen des HmbMedienG geregelt wird. Die Begriffsdefinitionen in 2 Abs. 1 S. 2, 2. Halbsatz und Abs. 7 HmbMedienG entsprechen inhaltlich denen des LMedienG BW. Sie unterscheiden ebenfalls zwischen Abruf- und Zugriffsdiensten. Eine Unterscheidung nach dem bertragungsweg, insbesondere eine Beschrnkung auf breitbandig bertragene Dienste, sieht das HmbMedienG nicht vor. Fr Fernseh- und Radiotext ergibt sich aus 2 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz HmbMedienG, da diese technisch "mit" dem Rundfunk bertragen werden ("Huckepack-Dienste"), also Fernseh- und Radiotext. Diese Dienste werden als Rundfunk angesehen. Die Anwendung dieser Vorschriften auf das Internet oder die Angebote von Online-Diensten scheidet aufgrund der technische Spezifikation von vornherein aus.

Rundfunkhnliche Kommunikationsdienste nach 1 Abs. 7 HmbMedienG sind dagegen ausdrcklich dadurch qualifiziert, da sie "nicht Rundfunk sind". Die Vorschrift kennt Abruf- und Zugriffsdienste; eine Anwendung auf das Internet ist also grundstzlich denkbar. Fr Textdienste besteht nach 45 Abs. 1 Satz 2 HmbMedienG eine Anzeigepflicht. Ton- und Bewegtbilddienste sind nach 46 i. V. m. 3 HmbMedienG zulassungspflichtig; weitere Vorschriften des HmbMedienG gelten entsprechend. Die Hamburgische Anstalt fr Neue Medien (HAM) kann nach 46 Satz 2 HmbMedienG in der Zulassung Einzelheiten zum Inhalt der Sendungen festlegen.

Die Veranstaltung von Abruf- oder Zugriffsdiensten mit Ton- oder Bewegtbildsendungen im Breitbandkabelnetz ist derzeit technisch noch nicht realisiert. Fr die im Internet angebotenen Ton- und Bewegtbildangebote und die Textdienste gilt das fr die Anwendbarkeit des baden-wrttembergischen Landesmediengesetzes Gesagte [26]. Nach der Verabschiedung des Zustimmungsgesetzes zum Mediendienste-Staatsvertrag werden diese Vorschriften des HmbMedienG nach dem Grundsatz des Vorrangs des jngeren Gesetzes keine Geltung mehr beanspruchen knnen.

Praktische Anwendungsflle der Vorschriften ber die rundfunkhnliche Kommunikation in Hamburg sind nach Auskunft der HAM nicht bekannt.

d) Gesetz ber den privaten Rundfunk und neue Medien in Sachsen (SchsPRG) [27]

Das SchsPRG verwendet im Gegensatz zu den anderen Rundfunk- und Mediengesetzen ausdrcklich neben detaillierten technischen Regelungen (vgl. 1a Abs. 2 SchsPRG) auch inhaltliche Kriterien zur Abgrenzung von Rundfunk, rundfunkhnlichen Kommunikationsdiensten und sonstigen Diensten. Es unterwirft nur solche Dienste den Vorschriften ber rundfunkhnliche Kommunikation, die "publizistische Inhalte enthalten, die geeignet sind, die ffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen" ( 1a Abs. 2 Nrn. 2, 3 SchsPRG). Es unterwirft seinem Anwendungsbereich dagegen nicht, "was keine publizistische Relevanz hat" ( 1a Abs. 3 SchsPRG).

Die materiellen Vorschriften ber die Zulssigkeit und die Inhalte von rundfunkhnlichen Kommunikationsdiensten sind drr. 25 Abs. 2 SchsPRG bestimmt, da nur eine Anzeigepflicht fr alle Arten von rundfunkhnlichen Kommunikationsdiensten besteht. Allerdings erlaubt 5 Abs. 2 Satz 1 SchsPRG bei der Ausschreibung von bertragungskapazitten in Kabelanlagen auch die Antragstellung durch Veranstalter rundfunkhnlicher Dienste. Dadurch kann gewhrleistet werden, da auch ein solcher Veranstalter eine Chance auf Zuteilung einer bertragungskapazitt in Kabelanlagen hat.

Die inhaltlichen Pflichten der Programmveranstalter nach den 12 bis 14, die Vorschriften ber die Programmverantwortlichkeit nach 16, 17, das Gegendarstellungsrecht nach 19, die Finanzierung ( 23) und die Werbevorschriften ( 27 Abs. 3, 7) sowie die allgemeine Aufsicht der Landesmedienanstalt nach 39 SchsPRG werden gem. 25 Abs. 1 SchsPRG auch auf rundfunkhnliche Kommunikationsdienste angewendet. Fr "Bagatellveranstaltungen" gem. 1 Abs. 2 SchsPRG finden die Vorschriften des SchsPRG auch bei rundfunkhnlichen Diensten keine Anwendung.

Die bisherige Anwendung der Vorschriften durch die SLM [28] beschrnkt sich auf die Zulassung von programmbegleitenden Diensten im DAB-Versuchsprojekt und auf ein hnliches Projekt mit RDS-Technik, bei dem Textnachrichten (z. B. Verkehrsinformationen) auf speziellen Empfangsgerten ausgegeben werden knnen.

4. Btx-Staatsvertrag

Btx wurde in der Zeit seiner erstmaligen Einfhrung Anfang der achtziger Jahre aufgrund seiner Stellung "zwischen" Individual- und Massenkommunikation als "Medium sui generis" angesehen ("berindividuelle Kommunikation") [29].

Der (wesentlich weniger intensiv gefhrte) Streit um die Anwendung des Btx-StV auf Internet- und andere Online-Angebote wird nach Erla des MDStV und des TDG obsolet sein. Auch fr den Nachfolger des eigentlichen Btx-Dienstes, den T-Online-Dienst, wird der Btx-StV nicht mehr gelten; er wird vollstndig aufgehoben [30], obwohl der eigentliche T-Online-Dienst weiterhin auf dem Btx-System mit seiner rigiden Anbieter-Nutzer-Trennung und seinem gemischt zentral-dezentralen Datenkonzept basiert. Diese Technologie wird jedoch zunehmend in Richtung auf einen reinen Internet-Dienst aufgelst.

Eine Anwendung des Btx-StV auf Internet-Angebote wurde von den zustndigen Stellen [31], soweit bekannt, nie ernsthaft betrieben. Aus der historischen Entwicklung des Dienstes und seiner gesetzlichen Regelung wie auch aus Sinn und Zweck des Staatsvertrages und seinen Vorschriften geht recht eindeutig hervor, da eine Anwendung auf das Internet oder hnliche Angebote weder beabsichtigt war noch Sinn macht. [32] Auch aus den 29ff TKO [33] ergibt sich, da unter "Bildschirmtext" ein spezifisches technisches System der Deutschen Bundespost mit einem eigenartigen Aufbau (Anbieter, Nutzer, Netzknoten der Deutschen Bundespost, seitenweise Ausgabe) zu verstehen ist. Zwar ist der Anwendungsbereich des Btx-StV nicht auf das von der Deutschen Bundespost betriebene System begrenzt [34]. Unter die Charakteristika des technischen Systems sind die Angebote im Internet aber auch bei grozgiger Anwendung nicht zu subsumieren [35]. Allenfalls einzelne Normen wie die Kennzeichnungspflicht fr Werbung ( 8 Btx-StV) knnten auch fr Internet-Angebote im Interesse der Verbraucher sinnvoll sein, sind jedoch in ihrer konkreten Ausgestaltung sehr stark von den bescheidenen technischen Mitteln des Btx-Systems geprgt. Die Nichtanwendung des Btx-StV stellt also kein Vollzugsdefizit dar, sondern entspricht der Geltungsreichweite des Staatsvertrages.

III. Presserecht

1. Rahmenrecht des Bundes

Von seiner Rahmengesetzgebungskompetenz zur Regelung der "allgemeinen Rechtsverhltnisse der Presse" (Art. 75 Abs. 1 Nr. 2 GG) hat der Bund bisher keinen Gebrauch gemacht.

2. Landespressegesetze

Die Pressegesetze erlauben aufgrund ihres Bezuges auf verkrperte Druckwerke allenfalls eine analoge Anwendung einzelner Rechte oder Pflichten auf Online-Ausgaben von Zeitungen oder hnliche Angebote mit redaktionell-journalistischem Charakter [36]. Eine Anwendung der strafrechtlichen Vorschriften der verschiedenen Pressegesetze, die zum Teil erhebliche Senkungen der Strafbarkeitsschwellen bewirken wrde, ist auf Online-Angebote aufgrund des strafrechtlichen strengen Bestimmtheitsgrundsatzes nicht mglich [37]. Das Presserecht ist auf elektronische Datendienste selbst dann nicht unmittelbar anwendbar, wenn es sich um Verffentlichungen handelt, die in der gleichen oder einer hnlichen Form gedruckt erscheinen, wie dies etwa bei den Zeitungen und Zeitschriften der Fall ist, die Parallel-Ausgaben im Internet verffentlichen. Denn den elektronischen Ablegern fehlt es an der Grundbedingung fr die Presse, der "verkrperten" Erscheinung [38]. In Frage kommt allenfalls die analoge Anwendung von Vorschriften des Presserechts auf Online-Angebote, die nach ihrem Charakter pressehnlich sind, wenn man von der verkrperten Wiedergabe absieht. In Betracht kommen hier insbesondere die Online-Ausgaben von Presseprodukten, aber auch Online-"Zeitschriften" oder Magazine ohne papierenes Pendant. Nach dem Erla des MDStV wird allerdings zu prfen sein, inwiefern diese stark an die presserechtlichen Vorschriften angelehnten Regelungen berhaupt noch Raum fr eine analoge Anwendung lassen.


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[7] Gramlich, NJW 1994, 2785 (2786f.)

[8] Kbele, Bernd, Fernmeldewesen und Telematik in ihrer rechtlichen Wechselwirkung, Berlin 1990, S. 32ff, 45ff., 87ff.

[9] BGBl. (1994) I, 2325

[10] vgl. zur Lage nach dem TKG unter C. I. 2. e),

[11] vgl. Eidenmller, Post- und Fernmeldewesen, Band 2, Vorbem. TKO, S. 3ff; Scherer, Die Telekommunikationsordnung der Bundespost: Rechtsgrundlage fr eine Informationsgesellschaft, Computer und Recht 2/ 1987, S. 116

[12] zu den Postreformen vgl. die umfassende Darstellung von Gramlich, aaO (Funote 7)

[13] BGBl. (1994) I, 2325

[14] Einen guten berblick ber den Streitstand bietet Schulz, ZUM 1996, 487

[15] z. B. Expertenkommission Neue Medien - EKM - Baden-Wrttemberg, Abschlubericht, 3 Bnde, Stuttgart 1981

[16] so auch Tauss, Jrg, SPD: Stellungnahme zum IuKDG, vom 4. 12. 1996 (news:[email protected]); im einzelnen siehe unter C. II., III.

[17] Art. 1 Buchst. a) Satz 3 der Richtlinie des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten ber die Ausbung der Fernsehttigkeit (89/552/EWG), Amtsblatt EG Nr. L 298 vom 17/10/89 S. 23, Berichtigungen Amtsblatt Nr. L 331 vom 16/11/89 S. 51

[18] Entschlieung des Europischen Parlaments zur Rolle der ffentlichen Fernsehdienste in einer multimedialen Gesellschaft, vom 17. 9. 1996, MP 12/1996, S. 652ff.

[19] Rundfunkstaatsvertrag 1987 (erstmalige bundesweite Regelung privaten Rundfunks) GBl. 1987, S. 51; Rundfunkstaatsvertrag 1992 GBl. 1991, S. 745; Rundfunkstaatsvertrag 1995 GBl. 1995, S. 113; 2. Rundfunknderungsstaatsvertrag 1996 GBl. 1995, S. 857; 3. Rundfunknderungsstaatsvertrag 1997 (noch nicht im Gesetzblatt verffentlicht)

[20] vom 17. Mrz 1992, GBl. 189, zuletzt gendert am 14. Dezember 1995, GBl. S. 857

[21] Eine Sendung auf Zugriff ist gegeben, wenn sie "in raschem Wechsel so verbreitet werden, da jedermann jederzeit oder zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens jede einzelne Information auswhlen und sofort oder mit einer Wartezeit sichtbar oder hrbar machen kann" ( 1 Abs. 3 Nr. 2 LMedienG).

[22] Digital Audio Broadcasting; digitale Hrfunk- und Datenbertragungstechnik. Vgl. http://www.sdr.de/organisation/technik/dab.html, http://www.dab-plattform.de/pp/bw.htm

[23] Staatsvertrag ber die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks, GVBl. fr das Land Brandenburg vom 30. April 1992, S. 142ff.

[24] Medienanstalt Berlin-Brandenburg

[25] vom 20. April 1994, GVBl. S. 113

[26] s. o. unter B. II. 3. a) zum LMedienG BW

[27] vom 18. Januar 1996

[28] Schsische Landesanstalt fr privaten Rundfunk und neue Medien

[29] Bartl, Harald, Handbuch Btx-Recht, Rz. 21 (S. 18); Ring/Hartstein, Bildschirmtext, S. 44

[30] 21 Abs. 2 MDStV-E

[31] Fr die berwachung der Vorschriften ist nach 13 Abs. 1 Btx-StV, 6 Abs. 1 Gesetz zu dem Staatsvertrag ber den Rundfunk im vereinten Deutschland (GBl. 1991, S. 745 u. 1992, S. 188) das Innenminsterium zustndig. Die Beachtung der Vorschriften des Btx-StV wurde bezogen auf Internet-Angebote nicht berwacht oder durchgesetzt (vgl. z. B. 4, 5, 8 und 9 Btx-StV).

[32] vgl. Bundesministerium fr Post und Telekommunikation, Rechtliche Einordnung von Datenkommunikation/ Mailboxen (Typoskript der Dienststelle 121c, Dr. Eschweiler, 7. 6. 1994)

[33] vom 5. 11. 1986 in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. 7. 1987, BGBl. I S. 1761.

[34] Bartl, Handbuch Btx-Recht, Art. 1 Rz. 35 mwN

[35] a. A. Kubicek

[36] Ackermann, Ausgewhlte Rechtsprobleme der Mailbox-Kommunikation, S. 46, 59ff

[37] Sieber, Ulrich, Cyberlaw: Die Entwicklung im deutschen Recht, in: Cheswick, William R./ Bellovin, Steven M., Firewalls und Sicherheit im Internet, S. 299

[38] zum Begriff "Presse" Lffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, Kap. 1 Rz. 7ff (S. 2), Kap. 12 Rz. 3ff (S. 67)


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