Der Aufsatz ist mittlerweile erschienen in den Verwaltungsblttern Baden-Wrttemberg (VwBlBW) 1998, Seite 321ff.
Im Internet herausgegeben von Patrick Mayer, Informationen zum Medienrecht
Nach 41 Abs. 1 Satz 4 SWR-StV geht zu diesem Zeitpunkt auch der Programmauftrag auf den SWR ber. Eine fr die neue Rundfunkanstalt wesentliche Frage ist es daher, welche bertragungswege zur Verbreitung ihrer Rundfunkprogramme in Zukunft zur Verfgung stehen werden. Die folgenden Ausfhrungen sollen einen kurzen berblick ber die insoweit bestehenden verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Vorgaben unter besonderer Bercksichtigung des SWR-StV geben.
Unter Ziffer III. der Gemeinsamen Protokollerklrung zum SWR-StV[6] bringen die vertragsschlieenden Lnder ihre Erwartung zum Ausdruck, "da der SWR rasch die erforderlichen Manahmen zur Schlieung bestehender Versorgungslcken in beiden Lndern ergreift. Dabei ist der Empfang der jeweils landesrichtigen Programme herzustellen und die regional teilweise bestehende Unterversorgung mit Programmen zu beseitigen. Zur Erarbeitung von Vorschlgen fr eine Optimierung der Frequenznutzung soll umgehend eine Arbeitsgruppe aus SWR, LfK und LPR eingesetzt werden, der auch unabhngige Sachverstndige angehren sollen. Die Landesregierungen erwarten hierzu einen ersten Zwischenbericht zum 31.12.1998."
Aus der lediglich politisch relevanten Protokollerklrung geht jedoch hervor, da die vertragsschlieenden Lnder als zustzlichen, vorgelagerten Verfahrensschritt[7] die Erarbeitung von Vorschlgen in einer Arbeitsgruppe aus Vertretern des SWR und der zustndigen Landesmedienanstalten wnschen, die zum 31.12.1998 einen Zwischenbericht erstatten soll. Dabei lieen sie sich wohl von der berlegung leiten, da durch diese zustzliche konsensuale Vorstufe bessere, schnellere und bestandskrftigere Lsungen erreichbar sein knnen.
Unabhngig von dem in der Prambel enthaltenen konkreten Prfauftrag im Hinblick auf Doppel- und Mehrfachversorgungen und der insoweit von 41 Abs. 8 SWR-StV ins Auge gefaten "abweichenden Regelung" durch eine rasche nderung der Kapazittszuteilungen[8], verpflichtet 42 Abs. 3 SWR-StV darber hinaus allein den SWR, fortlaufend die Nutzung der bertragungswege und die technischen Versorgung der Bevlkerung mit seinen Programmen zu optimieren und darber bis zum 31.12.2000 den Regierungen und Landtagen zu berichten. Diese allgemeine Optimierungspflicht bezieht sich jedoch allein auf den Kapazittsbestand beim SWR und primr darauf, wie er sich nach dem Abbau der Doppel- und Mehrfachversorgungen darstellt. Denn Normadressat ist allein der SWR und nicht die Arbeitsgruppe aus SWR, Landesanstalt fr Kommunikation (LfK) und Landesanstalt fr Private Rundfunkveranstalter (LPR) oder die fr die Kapazittsverteilung zustndigen Landesstellen[9]. Dafr spricht auch, da die nach 42 Abs. 3 SWR-StV rechtsverbindliche Berichtspflicht des SWR im Hinblick auf seine Optimierungsfortschritte gegenber der lediglich in der rechtlich unverbindlichen Gemeinsamen Protokollerklrung angesiedelten Zwischenberichtspflicht der genannten Arbeitsgruppe um zwei Jahre nach hinten verschoben ist. Schlielich stellt auch die Begrndung zu 42 Abs. 3 SWR-StV klar, da es sich hier um eine allgemeine Optimierungspflicht des SWR handelt, die sich allein auf den Kapazittsbestand beim SWR und primr in der Form bezieht, wie er sich nach dem Abbau der vermeidbaren Doppel- und Mehrfachversorgung durch die "abweichende Regelung" im Sinne von 41 SWR-StV darstellt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezeichnet Grundversorgung weder eine Mindestversorgung auf die der ffentlich-rechtliche Rundfunk beschrnkt wre, noch nimmt der Begriff eine Grenzziehung oder Aufgabenteilung zwischen ffentlich-rechtlichen und privaten Veranstaltern vor. Vielmehr mu im dualen Rundfunksystem von Verfassungs wegen sichergestellt sein, da die ffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten fr die Gesamtheit der Bevlkerung Programme anbieten, die umfassend und in voller Breite des klassischen Rundfunkauftrags informieren, und da im Rahmen dieses Programmangebots Meinungsvielfalt in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise hergestellt wird[11]. Deshalb ist in der dualen Rundfunkordnung der Bundesrepublik Deutschland die Grundversorgung der Bevlkerung durch die Gewhrleistung der erforderlichen technischen, organisatorischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen fr den ffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sichern[12].
Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben stellt der SWR-StV nicht in Frage. Vielmehr sieht er angesicht dieser Verfassungsrechtslage in 41 Abs. 8 vor, da der SWR die SDR und SWF bisher zugeteilten bertragungswege solange weiternutzen darf, bis nach dem jeweiligen Landesrecht eine abweichende Regelung getroffen ist. Gerade diese bergangsbestimmung macht aber deutlich, da der Staatsvertrag von einer Neuregelung der Kapazittszuteilung fr den SWR ausgeht. Die Heranziehung der Prambel fhrt ferner zu dem zwingenden Schlu, da mit der "abweichenden Regelung" nach 41 Abs. 8 SWR-StV in erster Linie Doppel- und Mehrfachversorgungen im Sendegebiet des SWR abgebaut werden sollen. Hierdurch soll - wie aus der Prambel weiter erhellt - der fortschreitenden Entwicklung des dualen Rundfunksystems Rechnung getragen und eine bessere Versorgung der Bevlkerung mit ffentlich-rechtlichen und privaten Hrfunkprogrammen erreicht werden.
Unbeschadet der ehedem bestehenden allgemeinen Verpflichtung der jeweils zustndigen Landesstellen zur Optimierung der Kapazittsnutzung durch den ffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk[13], betrifft der im SWR-StV enthaltene, spezielle Dringlichkeitsauftrag zum Abbau vermeidbarer Doppel- und Mehrfachversorgungen aber allein die gegenwrtig von SDR und SWF genutzten Kapazitten. Zwar ist in der Prambel des Staatsvertrages insoweit das "Sendegebiet des SWR" in Bezug genommen, so da der Wortlaut bei isolierter Betrachtung durchaus auch die Einbeziehung von etwaigen Doppel- und Mehrfachversorgungen durch private Veranstalter erlauben wrde. Die Beschrnkung auf die Kapazitten des ffentlich-rechtlichen Rundfunks ergibt sich jedoch sowohl daraus, da der Auftrag im SWR-StV und nicht in dem insoweit fr den ffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk gleichermaen geltenden sonstigen Landesrecht verortet ist, als auch aus 41 Abs. 8 SWR-StV, der in Zusammenhang mit der ins Auge gefaten Neuregelung allein die "bisher SDR und SWF zugeteilten bertragungswege" in Bezug nimmt. Auch die Begrndung des SWR-StV zu dieser Vorschrift, wonach "in diesem Zusammenhang die Verpflichtung des SWR in 42 Abs. 3 zur Optimierung der Nutzung der bertragungswege" zu beachten ist, besttigt dies.
Wie bereits ausgefhrt, steht eine vom Status quo abweichende Regelung der Kapazittszuteilung nach 41 Abs. 8 SWR-StV unter dem Vorbehalt, da der SWR seinen Grundversorgungsauftrag weiterhin erfllen kann. Dabei ist hinsichtlich der Anzahl der Programme und ihrer Ausrichtung vom Status quo des Jahres 1997 auszugehen. Denn aus der Begrndung zu 3 Abs. 1 SWR-StV ergibt sich, da die vertragsschlieenden Lnder bei der Konkretisierung des SWR-Programmauftrags in dieser verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Vorschrift[14] der Auffassung waren, da "SDR und SWF mit ihren bestehenden Programmen den Rundfunkauftrag jedenfalls derzeit erfllen knnen".
Wie auch die Begrndung zu 41 Abs. 8 SWR-StV klarstellt, schliet dies aber weder die Zuweisung neuer noch die Rckgabe bisher schon genutzter bertragungswege aus. Denn der ffentlich-rechtliche Rundfunk hat nicht etwa zwingend einen Anspruch auf konkret bestimmte Kapazitten. Der seinen grundversorgenden Programmen insoweit von Verfassungs wegen zukommende Vorrang bei der Aufteilung von Kapazitten[15] findet seine Grenzen in der Funktionsfhigkeit des dualen Systems[16]. Deshalb knnen dem SWR im Zuge der Neuregelung nach 41 Abs. 8 SWR-StV auch andere, gegebenenfalls auch leistungsschwchere Kapazitten zugewiesen werden, sofern sie ausreichen, um erhebliche Versorgungslcken zu schlieen, die durch den etwaigen Entzug von doppel- oder mehrfachversorgenden Kapazitten entstehen[17].
Darber hinaus verlangt das bei der Neuregelung der Kapazittsverteilung zu beachtende Abwgungsgebot auch die Einbeziehung aller sonstigen im konkreten Fall beachtlichen Belange[18], weshalb insbesondere die Folgen des Eingriffs in den Kapazittsbestand des SWR zu ermitteln und zu bewerten und hierauf mit den Interessen an der Neuzuweisung der in Frage stehenden Kapazitten abzuwgen sein werden. In diesem Zusammenhang wird u.a. auch eine Ermittlung und Bewertung der Belange erforderlich sein, die fr die Erhaltung der bisherigen Kapazittsnutzung sprechen, wie etwa die Qualitt der Versorgung, die Dauer der Nutzung durch SDR und SWF und etwaige Umstellungsprobleme[19]. Dabei drfte andererseits aber auch der Umstand zu bercksichtigen sein, da durch den SWR-StV der ffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Staatsvertragslndern umfassend neugeordnet wird.
Schlielich wird im Rahmen der erforderlichen Abwgung auch die staatsvertragliche Optimierungspflicht des SWR aus 42 Abs. 3 SWR-StV - bei der die vertragsschlieenden Lnder die landes- und regionalrichtige Versorgung mit den SWR-Programmen als vorrangiges Ziel ansehen[20] - zu beachten sein, auch wenn sie diese Optimierungspflicht, wie bereits ausgefhrt, allein auf den SWR und primr auf die ihm durch eine zuvor zu treffende, abweichende Regelung im Sinne von 41 Abs. 8 SWR-StV zugeteilten Kapazitten bezieht. Allerdings kann allein aus diesem Bercksichtigungsgebot kein kapazittsmiger Mehrbedarf des SWR hergeleitet werden[21], denn ber den gesetzlichen Grundversorgungsauftrag kann eine Landesrundfunkanstalt neue Kapazitten nur zur Schlieung erheblicher Versorgungslcken beanspruchen[22].
Materiell-rechtlich ist zu beachten, da der SWR-StV jedenfalls insofern von einer raschen, abweichenden Neuregelung der Kapazittszuteilung fr den SWR ausgeht, als es um den Abbau von vermeidbaren Doppel- und Mehrfachversorgungen geht. Bei dieser vom Status quo abweichenden Regelung haben die zustndigen Landesstellen sicherzustellen, da der SWR weiterhin seinen Grundversorgungsauftrag erfllen kann. Es drfen deshalb durch die Neuregelung insbesondere keine erheblichen Versorgungslcken entstehen. Im Rahmen der erforderlichen Abwgung sind unter anderem einerseits die fr die Erhaltung der bisherigen Kapazittsnutzung sprechenden Belange, wie etwa die Qualitt der Versorgung, die Dauer der Nutzung durch SDR und SWF und etwaige Umstellungsprobleme angemessen zu bercksichtigen, andererseits aber auch der staatsvertragliche Auftrag zum Abbau von vermeidbaren Doppel- und Mehrfachversorgungen im Sinne der Funktionsfhigkeit des dualen Systems.
Funoten:
[1] Der Verfasser ist Justitiar der Landesanstalt fr Kommunikation Baden-Wrttemberg und war zuvor als Rundfunkreferent im Staatsministerium Baden-Wrttemberg mit der Vorbereitung und staatsvertraglichen Umsetzung der politischen Entscheidungen zur Rundfunkneuordnung im Sdwesten befat.
[2] GBl.-BW 97 S. 297 u. GVBl.-RP 97 S. 260.
[3] Vgl. zum Ganzen: Flechsig, SWR-Staatsvertrag Kommentar, Baden-Baden 1997; Scherer, Der Staatsvertrag ber den Sdwestrundfunk und die ARD-Reform, ZUM 1998 S. 8 ff.
[4] Dies konstatiert auch die Prambel des Staatsvertrages ber den Rundfunk im vereinten Deutschland (GBl.-BW 91, S. 745 ff.), zuletzt gendert durch den 3. Rundfunknderungsstaatsvertrag (GBl.-BW 96, 753 ff.): " Die Vereinigung Deutschlands und die fortschreitende Entwicklung des dualen Rundfunksystems machen es erforderlich, die bisherige Frequenzaufteilung und - nutzung umfassend zu berprfen." Ferner erklren in der Prambel alle Lnder ihre Absicht, festgestellte Doppel- oder Mehrfachversorgungen abzubauen, um zustzliche bertragungsmglichkeiten fr private Veranstalter zu gewinnen.
[5] Die jeweilige amtliche Begrndung ist abgedruckt bei Flechsig, a.a.O., Zweiter Teil, S. 51-421.
[6] Abgedruckt bei Flechsig, a.a.O., S. 48 ff.
[7] Fr Baden-Wrttemberg ist das Verfahren in 5 Abs. 1 LMedienG-BW geregelt.
[8] In Baden-Wrttemberg hat dies durch eine nderung der Rechtsverordnung der Landesanstalt fr Kommunikation ber einen Nutzungsplan fr drahtlose Frequenzen und fr die Kabelnetze (NutzungsplanVO) v. 21.09.1994 (GBl. S. 504) i.d.F. der nderungsverordnung v. 27.10.1997 (GBl. S. 444) zu erfolgen.
[9] In Baden-Wrttemberg ist dies nach 5 Abs. 1 Satz 1 LMedienG die LfK.
[10] Vgl. insoweit zur einfach-gesetzlichen Ausgestaltung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in Baden-Wrttemberg 7 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LMedienG.
[11] BVerfG, Urt. v. 22.02.1994, DVBl. 1994, 465, 467 m.w.N.
[12] BVerfG, Urt. v. 4.11.1986, BVerfGE 73, 113, 158.
[13] Vgl. fr Baden-Wrttemberg 1 Abs. 1, 3, 5 Abs. 3, 6, 7 LMedienG.
[14] Vgl. dazu: Scherer, a.a.O., S. 15ff.
[15] Vgl. zur einfach-gesetzlichen Ausgestaltung in Baden-Wrttemberg 7 Abs. 2 Satz 2 LMedienG.
[16] VGH Baden-Wrttemberg, NK-Urt. v. 30.08.1994 - 10 S 3152/93 - VBlBW 1995, 93, 97, unter Bezugnahme auf 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LMedienG.
[17] VGH Baden-Wrttemberg, a.a.O., S. 97 f., der in dieser Entscheidung eine Versorgungslcke von ca. 80.000 Personen als erheblich angesehen hat.
[18] Vgl. grundlegend zum Abwgungsgebot: BVerwGE 48, 56, 59, 63.
[19] VGH Baden-Wrttemberg, a.a.O., S. 98.
[20] Vgl. Begr. zu 42 Abs. 3 SWR-StV sowie unter Ziff. III. Satz 2 u. 3 der Gemeinsamen Protokollerklrung zum SWR-StV, jeweils a.a.O.
[21] So aber anscheinend Flechsig, a.a.O., 41 Rz. 32.
[22] VGH Baden-Wrttemberg, a.a.O.