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Bekmpfung der Kriminalitt im Internet - Mglichkeiten und Grenzen

Informationsveranstaltung des Bundeskriminalamtes (BKA), Wiesbaden
am 15. und 16. 2. 2000





Entwurf einer Selbstverpflichtungserklrung der Internet Service Provider
- Hintergrundinformationen -


Entwurf der Selbstverpflichtungserklrung

Bericht von der Konferenz 1998
Weitere Beitrge zum Thema


Verfasser: Bundeskriminalamt, versandt im Februar 2000


bersicht



Hintergrundinformationen

zu dem "Entwurf einer gemeinsamen Erklrungder Internet Provider und der Strafverfolgungsbehrdenzur Verhtung und Bekmpfung von Kriminalitt im Internet"

anllich der Informationsveranstaltung "Bekmpfung der Kriminalitt im Internet"

im Bundeskriminalamt am 15./16.02.2000

Einleitung

Das Internet hat in den 90er Jahren eine Entwicklung erfahren wie noch kein anderes Medium zuvor. Es wandelte sich von einem Forschungsnetz und einer Technologieplattform fr Computerspezialisten in den 70er und 80er Jahren zu einem Medium von hoher wirtschaftlicher und sozialer Bedeutung. Das Internet wird heute - untersttzt durch entsprechend einfach zu bedienende Software - auch von solchen Personen umfassend genutzt, die ber keine weiterfhrenden Kenntnisse im Bereich der Computertechnologie verfgen. Insbesondere dieser Umstand verlangt, dass auch im Internet die Schutzbedrfnisse und -ansprche der Brger beachtet und gewahrt werden. Fr Wirtschaftsunternehmen ist das Internet von entscheidender Bedeutung. Unser auf Wettbewerb basierendes Wirtschaftssystem fordert immer schnellere Kommunikationsformen. Das Internet bietet hier eine im Vergleich zu anderen Technologien berlegene Plattform zum schnellen und umfassenden Informationsaustausch. Es bedeutet einen Nachteil im wirtschaftlichen Wettbewerb, das Medium Internet nicht zur eigenen Prsentation, Information und Kommunikation zu nutzen.

Aufgrund dieser hohen Bedeutung mssen Rechtsgeschfte in sicheren Bahnen verlaufen und Rechtsverste nachgewiesen und sanktioniert werden knnen. Das Internet bietet sich aber auch als neues Kommunikationsforum fr Straftter und damit einhergehend zur Begehung von Straftaten an. Die Tter versuchen hier, dem Verfolgungsdruck, der in der realen Welt besteht, durch eine Flucht in das neue, anonymere Medium Internet zu entgehen und gleichzeitig die greren Verfgbarkeitsmglichkeiten auszunutzen. Aus diesem Grund trafen sich auf Einladung des Bundeskriminalamtes Vertreter der Internet Service Provider, der Strafverfolgungsorgane sowie aus Forschung und Politik am 14./15.12.98 in Wiesbaden, um gemeinsam im Rahmen von Vortrgen und Diskussionen ber eine bessere Zusammenarbeit bei der Verhtung und Bekmpfung von Kriminalitt im und unter Ausnutzung des Internet zu diskutieren. Es wurde die Bildung einer Arbeitsgruppe mit Vertretern aller Interessengruppen vereinbart, in der aktuelle Probleme besprochen und Lsungsanstze erarbeitet werden sollten. Diese Arbeitsgruppe traf sich 1999 zweimal auf Einladung des Bundeskriminalamtes.

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Des Weiteren fand beim Bundeskriminalamt ein Treffen mit Vertretern der Lnderpolizeien mit dem Ziel eines gemeinsamen Informationsaustausches statt. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen sind in diese Erklrung eingeflossen. Sie dokumentiert den gesetzlichen Auftrag der Strafverfolgungsbehrden, auch in der virtuellen Welt des Internet die Verhtung und Verfolgung von Straftaten unter Wahrung der Freiheitsrechte des Einzelnen zu gewhrleisten. In diesem Zusammenhang und vor dem Hintergrund internationaler Aktivitten, insbesondere des "Aktionsplans zur Frderung der sicheren Nutzung des Internet" der Europischen Union vom 25. Januar 1999, sind aber auch die in unterschiedlicher Weise ttigen Internet Provider und Onlinedienste aufgerufen, im Rahmen ihrer rechtlichen und tatschlichen Mglichkeiten ihren Beitrag zum Schutz ihrer Kunden und der zuknftigen Entwicklung des Internet vor allem im wirtschaftlichen Bereich zu leisten.

Straftaten im und unter Ausnutzung des Internet

Straftaten unter Ausnutzung des Internet knnen ebenso wenig toleriert werden wie in der realen Welt. Sie schaden auerdem dem Ansehen des Internet als Mittel zur globalen Information, Kommunikation und wirtschaftlichen Bettigung und damit seiner Verbreitung. Insbesondere folgende Delikte stehen aktuell im Blickpunkt des ffentlichen Interesses:

Verbreitung / Besitz von kinderpornografischen Dateien

Kinderpornografische Dateien mssen immer im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern gesehen werden. Die aus aktuellen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse widerlegen das hufig geuerte Argument, es handele sich "lediglich" um altes Bildmaterial. Gerade in jngster Zeit wurde Bildmaterial sichergestellt, welches den noch andauernden sexuellen Mi8brauch von Kindern belegte.

Verffentlichung rechts- und linksextremistischer sowie auslnderfeindlicher Inhalte

Aufgrund der geschichtlichen Verantwortung Deutschlands fr die in der Zeit des Nationalsozialismus begangenen Unrechtstaten und den Holocaust gilt es, die Erinnerung an die Schrecken des Nationalsozialismus wach zu halten und die stattgefundenen Grueltaten weder zu beschnigen noch zu verflschen. Auch vom Ausland wird ein solches Bekenntnis zur eigenen Verantwortung verlangt. Durch die Verbreitung von Schriften, die die geschichtlichen Tatsachen verflschen und den Holocaust leugnen, kann im Ausland ein falscher Eindruck ber die demokratische Grundeinstellung Deutschlands entstehen, insbesondere wenn die Dateien auf deutschen Servern liegen.

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Volksverhetzenden rechtsextremistischen Internetangeboten sollte daher mit Ablehnung begegnet werden. Gleiches gilt fr linksextremistische und auslnderfeindliche Inhalte.

Wirtschaftskriminalitt und "Internetbetrug"

Die grenzberschreitende wirtschaftliche Bettigung per Internet bietet den Unternehmen neue und gewinnbringende Mglichkeiten des Handels mit Waren und Dienstleistungen. Die Virtualitt und Vielfalt des eCommerce bietet jedoch auch Raum fr Wirtschaftskriminalitt und Betrugsdelikte unterschiedlichster Ausprgung. Das Internet ist aufgrund seiner Eigenschaft als Kommunikationsforum zum schnellen Informationsaustausch fr die wirtschaftliche Nutzung bestens geeignet. Die Verbreitung von geflschten oder verflschten Meldungen zur wirtschaftlichen Situation oder Entwicklung einzelner Unternehmen kann diesen einen hohen wirtschaftlichen Schaden zufgen sowie Grundlage einer persnlichen Bereicherung durch Manipulation des Wirtschaftsmarktes sein. Allerdings stehen solche Straftaten weniger stark im Blickpunkt der allgemeinen ffentlichen Berichterstattung, da Ursache und Wirkung der Wirtschaftskriminalitt fr einzelne Unternehmen und die Gesamtwirtschaft eines Staates aufgrund der komplizierten wirtschaftlichen Zusammenhnge schwerer erfassbar und darstellbar sind als bei den anderen hier genannten Deliktsformen. Die Bedeutung der Wirtschaftskriminalitt fr die Gesamtwirtschaft eines Staates bzw. einzelne Handelsbereiche und Unternehmen darf jedoch nicht unterschtzt werden. Eine strkere Akzeptanz des Internet bei der Durchfhrung von Rechtsgeschften ist entscheidend von der Mglichkeit seiner sicheren Nutzung durch den Verbraucher abhngig. Hierzu muss dem Verbraucher das gleiche Schutzniveau wie bei Geschften in der realen Welt garantiert werden knnen. Dieser Schutz muss durch vielfltige Ma8nahmen der Branchen-Selbstkontrolle, aber auch durch eine wirksame Strafverfolgung gewhrleistet werden.

Softwarepiraterie

Die illegale Bereitstellung von Software und Musik im Internet stellt ein zunehmendes Problem fr die betroffenen Firmen dar. Die Umsatzeinbuen der Software- und Musikbranchen sind nach deren Angaben betrchtlich. Geschah die illegale Verbreitung in frherer Zeit berwiegend nur ber persnliche Kontakte, so hat die Softwarepiraterie mit dem Aufkommen des Internet eine neue Qualitt erreicht.

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Softwarepiraterie bzw. Urheberrechtsverletzungen im Allgemeinen bedeuten die Missachtung der persnlichen Arbeitsleistung anderer und einen Versto gegen gesetzliche Vorschriften zum Schutz des Urheberrechts. Daher sollten die Illegalitt dieses Handelns und die schdigende Wirkung strker bekanntgemacht und entsprechende Straftaten entschlossener bekmpft werden.

Betubungsmittel- und Waffenkriminalitt und andere Deliktsbereiche unter Ausnutzung des Internet

Die Kommunikationsformen des Internet bieten verschiedenartige Mglichkeiten zu Tatverabredungen in Deliktsbereichen, die in der realen Welt einer strkeren Kontrolle und damit einhergehend einem hheren Verfolgungsdruck unterliegen. Es besteht in diesen Bereichen die Gefahr, dass die Tter ungestrt Tatvorbereitungen treffen knnen, wenn sie nicht durch Strafverfolgungsma8nahmen und eine sensibilisierte Internetgemeinde darin gestrt werden.

Hacking und Computersabotage

Unternehmen zgern oftmals, die Polizeibehrden ber einen erfolgten Hackingangriff auf ihre Rechnersysteme zu informieren. Grund ist die Sorge vor geschftlichen Nachteilen bei Bekanntwerden des Vorfalls.

Durch die Sabotage eines Systems, der Vernderung von Systemdaten und Hinterlassen von weiteren Hintertren zur Schaffung neuer Angriffsmglichkeiten sind Schutz und Geheimhaltung von Kunden- und Geschftsdaten nicht mehr gewhrleistet. Um die Fortsetzung oder Wiederholung solcher Taten zu verhindern, ist eine wirksame Strafverfolgung notwendig. Dies setzt aber eine Benachrichtigung der Polizeibehrden ber einen erfolgten Hackingangriff voraus.

Filtertechniken / Rating

Filtertechniken und das Rating von Internetangeboten wurden in der jngsten Vergangenheit wiederholt als taugliches Mittel zum Schutz des Nutzers vor illegalen und jugendgefhrdenden Inhalten genannt. Auch im vierjhrigen Arbeitsprogramm zum "Aktionsplan Internet" der Europischen Union wird der Entwicklung von Filter- und Bewertungssystemen mit einem eigenen Aktionsbereich hohe Prioritt zugewiesen. Durch diese Techniken kann eine Vielzahl unerwnschter Inhalte unterdrckt werden. Vor allem fr den Bereich des Jugendschutzes bietet sich hier eine Perspektive. Hinter diesem Vorhaben steht auch die Idee einer Selbstregulierung des Internet durch die Industrie. Dieses Engagement wird ausdrcklich befrwortet.

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Es mssen aber auch Einschrnkungen in der Wirkung von Filtertechniken und Rating-Systemen gesehen werden: Aufgrund der Vielfalt und starken Fluktuation des Angebots kann zumindest auf absehbare Zeit das gesamte Internet nicht einmal ansatzweise von einer solchen Technik abgedeckt werden. Der kriminellen Nutzung des Internet kann nicht allein mit Filterung / Rating begegnet werden. Strafrechtlich relevante Delikte werden hierdurch lediglich unterdrckt, nicht verhindert. Filtertechniken und Rating-Systeme knnen somit einen nicht unerheblichen Beitrag zum Jugendschutz leisten, mssen aber durch eine wirksame Strafverfolgung ergnzt werden.

Kommunikation zwischen den Strafverfolgungsbehrden, Internet Providern und Brgern

Ein geregelter, vertrauensvoller Informationsaustausch zwischen Brgern, Providern und Strafverfolgungsbehrden ist eine wesentliche Grundlage zur Verhtung und Bekmpfung einer strafbaren und schdlichen Nutzung des Internet. Dies wurde auch vom Europischen Rat im Rahmen des "Aktionsplans Internet" betont. Die nachfolgenden Regelungen sollen hier einen Beitrag zur schnellen und erfolgreichen Straftatenbekmpfung leisten.

Ansprechstellen bei der Polizei und den Unternehmen

Privatpersonen sollten bei Verdacht einer Straftat ihre rtliche Polizeibehrde ber den Sachverhalt in Kenntnis setzen. Darber hinaus stehen auch die Landeskriminalmter und das Bundeskriminalamt zur Entgegennahme von Hinweisen zur Verfgung. Unternehmen sollten, sofern bereits Kontakte zwischen ihnen und einzelnen Polizeibehrden bestehen, diese auch weiterhin nutzen, wenn sich die Zusammenarbeit bewhrt hat. Alle Landeskriminalmter und das Bundeskriminalamt verfgen ber geschulte Fachkrfte. Eine Liste dieser Ansprechstellen wird auf der BKA-Website (http://www.bka.de) verffentlicht.

Bei Angelegenheiten von grundstzlicher Bedeutung bietet sich das Bundeskriminalamt in Abstimmung mit den Landeskriminalmtern als zentrale Stelle zur Koordination und Zusammenfhrung von Informationen an. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass wichtige Informationen an einer Stelle vorgehalten werden und fr alle Beteiligten nutzbar sind. In diesem Falle wre das Bundeskriminalamt Schnittstelle zwischen Providern und Polizeibehrden.

Mit diesem Vorschlag entsprechen die Strafverfolgungsbehrden dem Anliegen der Unternehmen um Benennung fachlich versierter Ansprechstellen.


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Ebenso sollte eine Benennung entsprechender Ansprechstellen von Seiten der Internet Provider erfolgen. Zum Teil ist dies schon geschehen und hat sich bewhrt.

Kommunikationsablauf

Bei Mitteilungen an die Polizei ber Inhalte, die den Verdacht einer Straftat begrnden, sollten Daten, die mit dem Sachverhalt in Beziehung stehen, gesichert und, soweit rechtlich zulssig, an die Polizei bermittelt werden, da sie als Beweismittel von entscheidender Bedeutung sind. Die Sicherung kann durch Speicherung der Dateien auf Datentrgern, Erstellung von Ausdrucken oder Festhalten des exakten Abruforts erfolgen. Der Umfang der Daten ergibt sich aus dem rechtlich und technisch Mglichen. Dieser Rahmen sollte ausgeschpft werden, um den Strafverfolgungsbehrden eine effektive Ermittlungsarbeit zu ermglichen. Mitteilungen sollten entsprechend den zuvor beschriebenen Kommunikationsstrukturen erfolgen.

Hierbei ist aufgrund der Schnelllebigkeit der Informationen im Internet auf eine mglichst zeitnahe Benachrichtigung der Strafverfolgungsbehrden zu achten.

Gegenseitiger Informationsaustausch zwischen Providern und Strafverfolgungsbehrden

Die Strafverfolgungsbehrden sind an einem weiteren Ausbau des Kontakts zu den im Telekommunikationsdienstleistungsbereich ttigen Unternehmen interessiert. Dies untersttzt ebenfalls den Aufbau schneller Kommunikationswege und die gegenseitige Information. Ein solcher Kontakt soll im Rahmen allgemeiner oder anlassbezogener Treffen stattfinden.

Fazit

Internet Provider und Strafverfolgungsbehrden verfolgen gemeinsam das Ziel einer sicheren Nutzung des Internet im Rahmen der geltenden Rechtsordnung. Es liegt vor allem im Interesse der im Internet ttigen Unternehmen, dass Vertrauen und Akzeptanz der Brger fr dieses Medium erhalten bleiben. Wer Rechtsgeschfte ber das Internet ttigt, soll dies im Bewusstsein tun knnen, keine greren Gefahren bei der geschftlichen Abwicklung einzugehen als im realen Geschftsleben. Mit der vorliegenden Erklrung zur Zusammenarbeit der Internet Provider mit den Strafverfolgungsbehrden sollen das Vertrauen in das Internet gestrkt und die Strafverfolgungsbehrden bei der Verhtung und Verfolgung von Straftaten - wie es auch im "EU-Aktionsplans Internet" betont wird - untersttzt werden.


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Patrick Mayer, 2000 / BKA 2000 / Alle Rechte vorbehalten / Stand: 2000-01-11 / URL: http://www.artikel5.de/artikel/bka-erlaeuterung.html