Bundesminister der Justiz Bonn, den 1. Juli 1997
Geschftszeichen: E B 1 - 6100/50 - II - 34 0785/97
An die
Prsidentin des Deutschen Bundestags
Parlamentssekretariat
Saemischstr. 5
53113 Bonn
Betr.: Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Manuel Kiper, Rezzo Schlauch, Manfred Such und der Fraktion BNDNIS 90/DIE GRNEN - Drucksache 13/7757
Bezug: Schnellbrief des Chefs des Bundeskanzleramtes vom 26. Mai 1997 - 031 - 112 04 - KA 13/7757/97 -
Anlg.: - 1 -
Anliegend bersende ich die Antwort der Bundesregierung auf die oben genannte Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Manuel Kiper u. a. und der Fraktion BNDNIS 90/DIE GRNEN - Drucksache Nr. 13/7757 -.
Zwei Abdrucke der Antwort sind beigefgt. Die Antwort ist mit dem Auswrtigen Amt, dem Bundesministerium des Innern, dem Bundesministerium fr Wirtschaft, dem Bundesministerium fr Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie sowie dem Bundesministerium fr Post und Telekommunikation abgestimmt.
(Prof. Dr. Schmidt-Jortzig)
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Manuel Kiper, Rezzo Schlauch, Manfred Such und der Fraktion BNDNIS 90/Die GRNEN - Drucksache Nr. 13/7757
Ermittlungsmanahmen gegen die Zeitschrift "radikal" im Internet; Auswirkungen des geplanten Informations- und Kommunikationsdienstegesetzes fr die Internet-Nutzung sowie auf die Meinungs- und Informationsfreiheit.
Im September 1996 hat die Bundesanwaltschaft (BAW) mehrere Anbieter von Internet-Zugngen aufgefordert, den Zugang ihrer Kunden zu den beim nieder1ndischen Internet-Anbieter xs4all - nach dortigem Recht legal - abrufbaren Inhalten der Zeitschrift "radikal" zu sperren. Wie von den aufgeforderten Anbietern von vornherein vermutet, gegenber der BAW vertreten und nach kurzer Zeit auch belegt, wurden in der Folge der ffentlichkeitswirksamen Aktion der BAW die inkriminierten Inhalte auf weltweit ber 40 Computersystemen zum Abruf bereitgehalten (gespiegelt). Die dieser Aufforderung Folge leistenden und in der Internet Content Task Force (ICTF) zusammengeschlossenen Anbieter hoben die Sperrung auf, nachdem der Anbieter der "radikal" diese in den Niederlanden vom Netz nahm, wo sie jedoch kurze Zeit spter wieder verfgbar war. Bei gleicher materieller Ausgangslage erging im April 1997 eine weitere Sperrungsaufforderung an die Geschftsfhrung des Deutschen Forschungsnetzes (DFN), die dieser fr wenige Wochen nachkam. Das DFN hob die Sperrung sodann unter dem Hinweis auf die bestehenden alternativen Zugangswege wieder auf. Zustzlich wurde in verschiedenen Fllen wegen eines Fundstellenverweises im Internet - eines sogenannten "Hyperlinks" - Anklage ebenfalls wegen Werbung fr eine terroristische Vereinigung bzw. Beihilfe dazu erhoben. Dabei wurde argumentiert, allein mit dem Verweis werde der inkriminierte Inhalt beworben.
Die Bundesregierung hat erklrt, da das von ihr eingebrachte Informations- und Kommunikationsdienstegesetz (IuKDG-E) die Rechtslage in derartigen Fllen klren wrde. Diese Auffassung wird von der Mehrzahl der sich dazu uernden Experten nicht geteilt. Insbesondere wird der mangelnde Konkretisierungsgrund der fr zuknftige Sperrungen geplanten Regelungen bemngelt. Das IuKDG versucht, das fr internationale Kommunikationsnetze typische Fehlen von Zugriffsmglichkeiten auf Informationsanbieter in anderen Staaten dadurch zu 1sen, da in inlndische Anbieter zu einer Zugangssperrung aufgefordert werden. Nicht nur bleibt unprzise, welches Angebot in welcher Form von solchen Sperrungswnschen betroffen sein kann, sondern auch, welche Folgen dies fr Anbieter haben kann. Derartige Regelungen werden zur weiteren Entfaltung des Internets und fr die Meinungs- und Informationsfreiheit als abtrglich erachtet.
Wie das Beispiel "radikal" deutlich macht, sind viele der auch in Zukunft zu erwartenden Sperrungsaufforderungen in unterschiedlichen nationalen Rechtssystemen und kulturellen Wertvorstellungen begrndet, die nun per Internet verkoppelt sind. Der von der Bundesregierung mit dem IuKDG verfolgte nationale Alleingang, bundesdeutsches Recht im weltweiten Internet anzuwenden, wrde in letzter Konsequenz zu einer Renationalisierung dieses bislang globalen Netzes und damit mglicherweise zu einer Abkoppelung der Bundesrepublik fhren. Dieser rein juristische Ansatz versagt vor der nur politisch zu findenen [sic] Antwort nach einer Differenzierbarkeit zwischen einerseits weltweit einheitlichen und andererseits kulturell unterschiedlichen moralisch und politisch basierten Rechtsauffassungen und den daraus mglichen Lsungsanstzen.
Wegen des Inhaltes der Ausgabe Nr. 154 der Zeitschrift "radikal" hat der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof mit Einleitungsverfgung vom 27. Juni 1996 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Einleitung dieses Verfahrens liegt die rechtliche Beurteilung zugrunde, da vier Beitrge der genannten Druckschrift in strafrechtlicher Hinsicht relevant sind.
Nachdem der Generalbundesanwalt davon Kenntnis erhalten hatte, da die vollsthndige Ausgabe der Nr. 154 der Zeitschrift "radikal" ber zwei konkrete Internet-Adressen, von denen eine auf den in Amsterdam ansssigen Internet-Provider und Betreiber des Servers "xs4all" und die andere auf den US-amerikanischen Internet-Provider "serve.com" verwies, im Internet zugnglich war, wies er mit Schreiben vom 30. August 1996 bzw. 10. und 16. September 1996 die ihm bekannten inlndischen Internet-Provider auf den strafbaren Inhalt der im Internet zugnglichen Texte der genannten Druckschrift hin.
Die Internet-Provider wurden darauf hingewiesen, da sie sich mglicherweise wegen Beihilfe zu den in den Schreiben im einzelnen genannten Straftaten strafbar machten, soweit sie auch weiterhin den Abruf dieser Seiten ber ihre Zugangs- und Netzknoten ermglichen sollten. Zustzlich zu den im brigen inhaltsgleichen Schreiben an die inlndischen Internet-Provider wurde auch ein inlndischer Verein von Internet-Providern mit der Bitte angeschrieben, die Mitteilung umgehend den ihm ange-
schlossenen Providern zu bermitteln. Dies ist nach Kenntnis des Generalbundesanwalts geschehen.
Auf die Hinweise in den Schreiben des Generalbundesanwalts vom 30. August 1996 bzw. 10. und 16. September 1996 reagierten einige Internet-Provider damit, da sie fr ihre Kunden den Zugang zu dem niederlndischen Server "xs4all" und dem US-amerikanischen Server "serve.com", auf denen die Texte der Zeitschrift "radikal" Nr. 154 gespeichert und zugnglich waren - jedenfalls vorbergehend - sperrten. Andere Internet-Provider sahen sich hingegen nicht veranlat, Manahmen zu ergreifen, um den Zugang zu den strafrechtlich relevanten Texten der Druckschrift zu unterbinden. Gegen diese Internet-Provider leitete der Generalbundesanwalt in der Folgezeit Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Beihilfe zum Werben fr eine terroristische Vereinigung u. a. ein.
Nach Kenntnis des Generalbundesanwalts trifft es zu, da die inkriminierten Inhalte der genannten Druckschrift in der Folgezeit - unter mageblicher Mitwirkung der Verantwortlichen von "xs4all" - weltweit auf zahlreiche Server gespiegelt wurden. Nach Kenntnis des Generalbundesanwalts ist es ebenfalls zutreffend, da die in der Internet-Content Task Force (ICTF) zusammengeschlossenen Anhieter die Sperrung aufhoben, nachdem die Einspeiser die "radikal" Nr. 154 in den Niederlanden vom Netz nahmen, da sie diese gedoch kurze Zeit spter wieder in das Internet einstellten.
Da der Geschftsfhrung des Deutschen Forschungsnetzes DFN im April 1997 eine weitere Sperrungsaufforderung zuging, trifft nicht zu. Dem DFN-Verein wurde lediglich im Rahmen eines laufenden Ermittlungsverfahrens ein Fragenkatalog des Bundeskriminalamtes bermittelt. Zutreffend ist es nach Kenntnis des Generalbundesanwalts, da der DFN-Verein den Eingang dieses Fragenkataloges zum Anla nahm, den Zugang zu dem niederlndischen Server "xs4all" vorbergehend zu sperren.
Dem Generalbundesanwalt ist nur ein Fall bekannt, in dem die Einstellung eines Fundstellenverweises in das Internet - eines sog. "Hyperlinks" - Anla zur Prfung des Anfangsverdachtes verfolgbarer Straftaten war. In jenem Fall hatte die Verdchtige ber ihre Eingangs-Provider-Firma mittels ihrer "Homepage" den Zugang zur vollstndigen Wiedergabe der Druckschrift "radikal" Nr. 154 erffnet; die Schrift selbst ist letztlich von der niederlndischen Gruppe SPG ber den ebenfalls niederlndischen Provider "digitale staad" (= xs4all) in das Internet eingestellt worden. Im Gegensatz zur Annahme in der Kleinen Anfrage ist jedoch in jenem Fall der Anfangsverdacht des strafbaren Werbens fr terroristische Vereinigungen wegen einer nicht auszuschlieenden wirksamen Distanzierung nicht angenommen und deshalb seitens der Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren nicht eingeleitet worden. Vielmehr ist der Vorgang danach der gem 7 Abs. 2 der Strafprozeordnung rtlich und sachlich zustndigen Landesstaatsanwaltschaft zur Prfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens vorgelegt worden.
Die im Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz enthaltene Regelung zur Verantwortlichkeit der Diensteanbieter schafft Rechtssicherheit in einem Bereich, der bislang eine Reihe von Zweifelsfragen aufgeworfen hat. Die Regelung trgt damit auch zur Planungssicherheit der in Deutschland in diesem Wirtschaftszweig ttigen Unternehmen bei. Die Mehrzahl der technischen und juristischen Experten hlt die vorgeschlagene Regelung fr erforderlich, geeignet und angemessen, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Die Tatbestnde der Regelung sind technikunabhngig und daher entwicklungsoffen ausgestaltet; dies ermglicht sachgerechte Einzelfallentscheidungen. Die Auswirkungen der globalen Vernetzung ndert [sic] nichts an der Erforderlichkeit einer nationalen Regelung zum jetzigen Zeitpunkt, in dem die Rechtsprechung bei der Lsung der praktisch aufgeworfenen Rechtsfragen vom Gesetzgeber die ntigen Klarstellungen erwartet. Vergleichbare Regelungen besttigen den eingeschlagenen Weg; die Diskussion zu diesem Thema auf der Ebene der Europaischen Union und darber hinaus orientiert sich weit
gehend an dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Regelungsmodell.
Wir fragen die Bundesregierung
1. Welche der in der Bundesrepublik ttigen Anbieter von Internet-Zugngen - insbesondere AOL, Compuserve, T-Online, Microsoft Network, die in der ICTF zusammengeschlossenen Provider, das DFN und andere -
Nach Kenntnis des Generalbundesanwalts war der niederlndische Server "xs4all" ber alle in der Bundesrepublik Deutschland ansssigen Anbieter von Internet-Zugngen erreichbar.
b) waren von der ersten Sperrungsaufforderung im September 1996 und
Die Schreiben des Generalbundesanwalts vom August bzw. September 1996, die keine Sperrungsaufforderung, sondern lediglich Hinweise tatschlicher und rechtlicher Art enthielten, sind allen ihm bekannten inlndischen Internet-Providern bzw. den im eco Electronic Commerce Forum e. V. fr die darin zusammengeschlossenen Unternehmen zugegangen. Dabei handelte es sich nach Kenntnis des Generalbundesanwalts um die Provider, die in der ICTF zusammengeschlossen sind.
c) waren von der zweiten Sperraufforderung im April 1997 betroffen
Eine Sperrungsaufforderung der Generalbundesanwaltschaft vom April 1997 existiert nicht. Konkrete Fragenkataloge wurden durch das Bundeskriminalamt an Beschuldigte in den bei der Generalbundesanwaltschaft anhngigen Ermittlungsverfahren versandt.
2. Aufgrund welcher Kriterien und rechtlichen Basis forderte die BAW jeweils einzelne Anbieter zur Sperrung auf, andere aber nicht
Wie bereits ausgefhrt, hat der Generalbundesanwalt im August bzw. September 1996 alle ihm bekannten inlndischen Internet-Provider auf die strafrechtlich relevanten Inhalte der Zeitschrift "radikal" Nr. 154 und die aus der Verbreitung dieser Inhalte ber das Internet resultierenden strafrechtlichen Folgen hingewiesen. Sofern einzelne Provider ein solches Hinweisschreiben nicht erhalten haben, so hat dies seinen Grund ausschlielich darin, da dem Generalbundesanwalt diese Provider nicht bekannt waren.
3. Wodurch sind nach Ansicht der Bundesregierung eventuelle Ungleichbehandlungen einzelner Anbieter in beiden Fllen jeweils zu rechtfertigen
Eine Beantwortung dieser Frage entfllt auf Grund der vorstehenden Ausfhrungen.
4. Sollten mit der Sperrungsaufforderung generalprventive Ziele erreicht werden und falls ja, was ist die Ermchtigungsgrundlage dafr
Durch die Hinweisschreiben des Generalbundesanwalts vom August bzw. September 1996 wurden die jeweiligen Adressaten darber informiert, da ber die von ihnen angebotenen Internet-Zugnge der Zugriff auf strafbare Inhalte mglich war. Ihnen wurden dadurch die Informationen vermittelt, die sie in die Lage versetzten, ihrer nach Auffassung des Generalbundesanwalts bestehenden Verpflichtung zur Unterbindung der Zugangsmglichkeit zu strafbaren Inhalten im Internet nachzukommen. Einer speziellen Ermchtigungsgrundlage fr derartige tatschliche und rechtliche Hinweise ohne Regelungscharakter bedarf es nach Auffassung der Bundesregierung nicht.
5. In welcher Weise hat sich die Bundesregierung - nachdem sie von den Ermittlungen Kenntnis erhielt (vgl. BT-Drs. 13/6042, Frage 26) - von der Bundesanwaltschaft ber den Fortgang informieren lassen
ber die beim Generalbundesanwalt anhngigen Ermittlungsverfahren ist das Bundesministerium der Justiz vom Generalbundesanwalt im Rahmen der allgemeinen Berichtspflicht unterrichtet worden. Darber hinaus hat der Generalbundesanwalt das Bundesministerium der Justiz im Oktober 1996 zu einzelnen Fragen der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Dr. Kiper und der Fraktion BNDNIS 90/DIE GRNEN an die Bundesregierung (Drucksache 13/5783) ausfhrlich unterrichtet.
6. Welchen Einflu haben diese Ermittlungsverfahren jeweils auf die Arbeiten am IuKDG-E genommen
Die bestehenden Rechtsunsicherheiten gerade auch zur Frage der Verantwortlichkeit von Anbietern von Informations- und Kommunikationsdiensten waren Anla fr die Bundesregierung, eine entsprechende Vorschrift in den IuKDG aufzunehmen. Die durch die bekannt gewordenen Ermittlungsverfahren aufgeworfenen Zweifelsfragen haben die Notwendigkeit fr eine gesetzliche Regelung besttigt. Die Bundesregierung hat die bekannt gewordenen Fallkonstellationen in ihre berlegungen einbezogen.
7. In welchen weiteren Fllen haben nach Kenntnis der Bundesregierung welche Behrden des Bundes oder der Bundeslnder in der Vergangenheit welche Anbieter oder Anbieter-Verbnde aufgefordert, den Zugang ihrer Kunden zu welchen Internet-Inhalten zu sperren Wie lauten in diesen F1len die Antworten auf die vorstehenden Fragen 1 - 3
Der Bundesregierung sind keine weiteren Flle bekannt.
8. Welche Ermittlungserfolge gegen die Urheber und Verbreiter von "radikal" wurden durch die Sperrungsaufforderungen erzielt
Wegen der Verbreitung der Ausgabe Nr. 154 der Druckschrift "radikal" uber das Internet wurden seitens der Bundesan-
waltschaft mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das Ermittlungsverfahren, das sich gegen diejenigen unbekannten Personen richtete, die die strafrechtlich relevanten Inhalte in das Netz eingespeist hatten, ist gem 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, weil konkrete Tter nicht ermittelt werden konnten. In den brigen Verfahren dauern die Ermittlungen an.
9. In welchem Umfang hat die Verbreitung von "radikal" durch die mit der Sperrung verbundene Publizitt und die nachfolgende Spiegelung der Inhalte auf zahlreichen anderen Internet-Servern zugenommen
Zu dieser Frage liegen der Bundesregierung keine Informationen vor.
10. In welcher Weise wurde dieser mgliche Effekt bei der Entscheidung zur Sperrung bercksichtigt
Wie bereits dargelegt, wurden von Seiten des Generalbundesanwalts lediglich Hinweise auf die Sach- und Rechtslage erteilt. Dabei haben Erwgungen zur Publizitt der Druckschrift "radikal" keine Rolle gespielt. Die Entscheidung, den Zugang zu den inkriminierten Inhalten zu sperren oder dies nicht zu tun, wurde von den geweiligen Provider-Firmen getroffen.
11. Ist der Besitz oder die Lektre der inkriminierten Ausgabe der Zeitschrift "radikal" - sei es in Papierform oder am Bildschirm - ungesetzlich
Die Frage ist zu verneinen.
12. a) Welcher Teil - d. h. wieviele Beitrge - der inkriminierten Ausgabe dieser Zeitschrift sind nach Ansicht der Bundesregierung strafrechtlich relevant7
Die Verbreitung strafrechtlich irrelevanter Teile einer Druckschrift stellt keine strafbare Handlung dar. Dies hat selbstverstndlich auch fr die selektive Verbreitung strafrechtlich unbedenklicher Teile einer Druckschrift ber das Internet zu gelten.
13. In welchem Umfang setzt die Bundesregierung gerade auch nach Inkrafttreten des IuKDG-E voraus, da die Anbieter von Internet-Zugngen - denen im Falle von "radikal" Beihilfetatbestnde vorgeworfen werden - bei im Ausland angebotenen Inhalten den zur Beihilfe notwendigen Vorsatz einer Straftat besitzen, zumal, wenn diese Angebote im Ursprungsland nicht strafbar sind
Ob die Anbieter von Internet-Zugngen, denen im Falle von "radikal" Beihilfetatbestnde vorgeworfen werden, hinsichtlich der auf auslndischen Servern belegenen Inhalte den zur Beihilfe notwendigen Vorsatz einer Straftat besessen haben, ist Gegenstand der Ermittlungen des Generalbundesanwalts. Im Hinblick auf die noch laufenden Ermittlungen kommt eine Mitteilung der einen Tatverdacht begrndenden tatschlichen Umstnde nicht in Betracht. Soweit die betroffenen Anbieter von Internet-Zugngen zu den fremden Inhalten lediglich den Zugang zur Nutzung vermittelt haben, wird nach dem Inkrafttreten des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes 5 Abs. 3 des Teledienstegesetzes einschlgig sein. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, da derjenige, der Inhalte ohne auf sie Einflu nehmen zu knnen zum Abrufer durchleitet, nur eine Transportfunktion innehat, die insoweit gleich oder hnlich dem Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen zu beurteilen ist.
14. Wie versteht die Bundesregierung, da dies weder in der Begrndung des IuKDG-E noch in der Gegenuerung zur Stellungnahme des Bundesrats hinreichend przise beschrieben wird, die vorgeschlagenen Regelungen des Teledienstegesetz-Entwurfs (TDG-E) ber die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sowie die Folgen eines Verstoes gegen diese Verantwortlichkeiten
Die Bundesregierung verweist zu dieser Frage auf die Begrndung ihres Gesetzentwurfs (BT-Drs. 13/7385, S. 19 ff.), in der folgende Ziele der Regelung des 5 des Teledienstegesetzes nher dargelegt werden:
a) Soll die in 5 TDG-E umschriebene "Verantwortlichkeit" auch eine straf- und ordnungswidrigkeits-rechtliche Verantwortlichkeit - womglich abschlieend - umschreiben
Bei der Regelung des 5 des Teledienstegesetzes handelt es sich um eine zum Zivil-, Strafrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht akzessorische Regelung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen Anbieter von Telediensten fr die von ihnen zur Nutzung bereitgehaltenen Inhalte einstehen mssen. Die in 5 des Teledienstegesetzes getroffene Regelung zur Verantwortlichkeit stellt daher grundstzlich keine selbstndige Regelung dar. Soweit sie die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter beschrnkt, handelt es sich um eine abschlieende Regelung.
b) Nimmt die Bundesregierung ein "Bereithalten" eigener Inhalte und damit eine Verantwortlichkeit im Sinne des 5 Abs. 1 TDG-E auch bei solchen Anbietern an, die im Ausland ihren Sitz haben oder - wie der Bundesrat in Anmerkung 4 c zu dem Entwurf meint - deren Speichermedium sich im Ausland befindet
In 5 des Teledienstegesetzes wird nicht geregelt, ob und in welchen Fllen im Ausland begangene Straftaten
138 StGB wird durch das Teledienstegesetz nicht gendert oder in seiner Auslegung beeinflut. Die Ausnahmen von der Anzeigepflicht des 138 StGB sind in 139 StGB abschlieend aufgefhrt. Die Regelung des 5 Abs. 4 des Teledienstegesetzes beschrnkt eine nach 138 StGB bestehende Verpflichtung zur Strafanzeige bestimmter Inhalte nicht.
d) Wre eine Strafanzeige durch Anbieter von Internet-Zugngen nicht als Versto gegen 3 Abs. 1 Satz 20 der TDSV und 89 Abs. 6 Satz 1 TKG zu sehen, der vorsieht, da personenbezogene Daten zur Verfolgung von Straftaten nur auf Anforderung nur an die zustndigen Stellen bermittel werden drfen
Die Frage ist zu verneinen. Gem 85 Abs. 3 Satz 3 TKG hat die Anzeigepflicht nach 138 StGB Vorrang vor dem Verbot, Kenntnisse ber Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, an andere weiterzugeben. Gem 89 Abs. 4 Satz 2 TKG erlaubt die Verpflichtung nach 138 StGB dem Diensteanbieter eine Durchbrechung der Zweckbindung auch fr die Nachrichteninhalte, von denen er beim geschftsmigen Erbringen von Telekommunikationsdiensten Kenntnis erhalten hat.
Die Verantwortlichkeit des Diensteanbieters nach 5 Abs. 2 des Teledienstegesetzes setzt vorstzliches Handeln voraus. Wer fahrlssig unwissend ist, hat keine Kenntnis, so da eine Verantwortlichkeit nicht in Betracht kommt. Bedingter Vorsatz liegt nur vor, wenn der Handelnde mit dem Eintreten des tatbestandlichen Erfolges in dem Sinne einverstanden ist, da er ihn billigend in Kauf nimmt. Dies setzt positive Kenntnis der Umstnde voraus, die dem Tter die Voraussicht des Ablaufs der Tathandlung ermglichen. Der Tatbestand des 5 Abs. 4 des Teledienstegesetzes bezieht sich hingegen nicht auf schuldhaftes Handeln, sondern die objektive, verschuldensunabhngige Verpflichtung des Diensteanbieters zur Sperrung.
f) Teilt die Bundesregierung die Annahme des Bundesrats (in Anmerkung Nr. 4 zum IuKDG-E), da sie unter "Kenntnis" gem vorstehenden Normen auch den bedingten Vorsatz im strafrechtlichen Sinne habe verstehen wollen oder da dies jedenfalls so interpretiert werden solle
Auf die Antwort zu Frage 14. e) wird verwiesen.
g) Welches sind nach Auffassung der Bundesregierung die in ihrer Begrndung zu 5 Abs. 4 TDG-E genannten "zustndigen Behrden", durch die Anbieter auf inkriminierte nichtffentliche Inhalte hingewiesen und deren Verpflichtung zur Sperrung dieser Inhalte "angestoen werden msse"
Die zustndigen Behrden sind diejenigen Behrden, zu deren Aufgaben es gehrt, gegen die Verletzung von Rechtsvorschriften einzuschreiten. Dies sind die Strafverfolgungsbehrden, die Polizei- und Ordnungsbehrden.
Ein Hinweis auf eine mgliche Verpflichtung zur Sperrung der Nutzung rechtswidriger Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen kann, je nach den Aufgaben und Befugnissen der handelnden Behrde, sowohl in einem Unterrichten ber die Sach- und Rechtslage als auch in der Anordnung der Sperrung bestehen. 5 Abs. 4 des Teledienstegesetzes begrndet nicht selbst die dort angesprochene Sperrungsverpflichtung, sondern regelt die zu anderen gesetzlichen Tatbestnden hinzutretenden Voraussetzungen, unter denen sie eintritt. Zu diesen Voraussetzungen zhlt es, da der Diensteanbieter von den inkriminierten Inhalten Kenntnis erlangt hat.
i) Wenn die Bundesregierung in 5 Abs. 4 IuKDG ausweislich ihrer Entwurfsbegrndung einen Verweis "auf die allgemeinen Vorschriften ber die Verpflichtung des Strers zur Unterlassung bzw. Beseitigung der Strung der ffentlichen Sicherheit und Ordnung" sieht:
Die Vorschrift des Art. 1 5 Absatz 4 IuKDG enthlt weder eine eigene Verpflichtung der Dienstanbieter zur Sperrung von Inhalten, noch wird eine Garantenpflicht des Dienstanbieters begrndet. Die Vorschrift stellt klar, da eine Sperrung nach den bestehenden, nicht auf ein Verschulden abstellenden allgemeinen Gesetzen nur unter den in Art. 1 5 Absatz 4 IuKDG genannten Voraussetzungen erfolgen kann.
Wenn Diensteanbieter nach den Vorschriften des landesrechtlich geregelten Polizei- und Ordnungsrechts Strer sind, konnen sie unter den Voraussetzungen des Art. 1 5 Abs. 4 IuKDG auch zur Sperrung herangezogen werden. Bei der Festlegung
bb) Unter welchen Voraussetzungen handelt es sich demnach bei Anbietern in Kenntnis inkriminierter Inhalte nach Auffassung der Bundesregierung tatschlich um "Strer" im polizeirechtlichen Sinn oder nur um sogen. Zweckveranlasser
Die Frage, ob jemand als "Strer" oder "Zweckveranlasser" im polizeirechtlichen Sinn anzusehen ist, richtet sich nach den einschlgigen landesrechtlichen Vorschriften; dabei kommt es entscheidend auf die Ausgestaltung des Einzelfalls an.
cc) Welche Manahmen des Verwaltungszwangs knnten auf welcher Rechtsgrunllage gegen solche in- oder auslndischen Anbieter zur Durchsetzung einer Sperrung ergriffen werden
Die mglichen Manahmen des Verwaltungszwangs werden durch die Regelungen des IuKDG zur Verantwortlichkeit der Diensteanbieter nicht berhrt, diese ergeben sich vielmehr aus den hierfr einschlgigen landesrechtlichen Bestimmungen, wie etwa den landesrechtlichen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen.
dd) Unter welchen Voraussetzungen kme insbesondere die Festsetzung von Zwangsgeld, Beugehaft, Ersatzvornahme oder ein Sofortvollzug in Frage
Zu dieser Frage wird auf die Antwort zu 14. i) cc) verwiesen.
Welche Rechtsfolgen die Nichtbeachtung einer behrdlichen Anordnung nach sich zieht, ergibt sich aus der Rechtsordnung insgesamt; nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Lnder knnen behrdliche An-
k) Welche - nach der Entwurfsabgrndung [sic] zu 4 TDG-E "unberhrt" bleibenden - gewerberechtlichen Konsequenzen knnten in dem vorstehenden Fall ergriffen werden
Das Teledienstegesetz sieht fr den Fall der Verletzung der Verpflichtung zur Sperrung der Nutzung rechtswidriger Inhalte keine Sanktionsregelungen vor. Die Rechtsfolgen einer solchen Verletzung ergeben sich aus den bestehenden Tatbestnden der allgemeinen Gesetze, auf die 5 Abs. 4 des Teledienstegesetzes hinweist. Zu den allgemeinen Gesetzen ist auch 35 der Gewerbeordnung zu zhlen; er regelt, unter welchen Voraussetzungen die Ausbung eines Gewerbes von der zustndigen Behrde untersagt werden kann. Fr die Anbieter von Telediensten gilt insoweit nichts anderes als fr andere Gewerbetreibende in der Bundesrepublik Deutschland.
bb) Wre bei Teledienste-Anbietern, die zugleich einer Lizenz nach 8 TKG bedrfen, ein Widerruf dieser Lizenz gem 14 Abs. 1, 84 ff TKG mglich
Die Voraussetzungen des Widerrufs einer Lizenz nach Magabe des Telekommunikations-Gesetzes werden in 15 TKG abschlieend geregelt. Unter den dort genannten, engen Voraussetzungen knnte auch eine Lizenz nach 6 Abs. 1 TKG eines Unternehmens, das zugleich Teledienste anbietet, widerrufen werden. Es gilt insoweit das bereits zu Frage 14. k) aa) Ausgefhrte.
Der Rechtsschutz gegen Anste der zustndigen Behrden zur Umsetzung einer Verpflichtung zur Sperrung rechtswidriger Inhalte richtet sich nach den allgemeinen Gesetzen, auf die 5 Abs. 4 des Teledienstegesetzes verweist. Wird z. B. gegenber einem Diensteanbieter ein Anspruch auf Unterlassung gem 1, ggf. in Verbindung mit 13 Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geltend gemacht, ist der Zivilrechtsweg gegeben. Ordnet eine Ordnungs- oder Polizeibehrde auf der Grundlage des Ordnungs- bzw. Polizeirechts die Sperrung der Nutzung der rechtswidrigen Inhalte an, so bestimmt sich der Rechtsweg nach 40 der Verwaltungsgerichtsordnung. In jedem Fall ist in der Bundesrepublik Deutschland gegen hoheitliche Einwirkungen auf die Anbieter von Telediensten effektiver Rechtsschutz gewhrleistet.
m) Unter welchen Voraussetzungen wre nach Auffassung der Bundesregierung ein deutscher Nutzer, der lediglich durch ein "Hyperlink" auf seiner Internet-Homepage den Zugang zur Nutzung eines fremden auslndischen Anbieters vermittelt und dadurch zum Diensteanbieter im Sinne des 3 Nr. 1 TDG-E wird, strafrechtlich verantwortlich fr die durch jenen auslndischen Anbieter mglicherweise zeitweise zugnglich gemachten - nach deutschem Recht - strafrechtlich relevanten Inhalte
Aus Sicht der Bundesregierung kann die Frage nicht abstrakt ohne nhere Prfung des jeweiligen Einzelfalles beantwortet werden. Handelt es sich, wie in der Frage angenommen, im Einzelfall um einen deutschen Nutzer, der lediglich durch ein "Hyperlink" auf seiner World Wide Web-Homepage auf die bei einem fremden, auslndischen Anbieter bereitgehaltenen Inhalte hinweist, so bestimmt sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit fr die Vermittlung des Zugangs zu den fremden Inhalten nach 5 Abs. 3 des Teledienstegesetzes. Der "Hyperlink" stellt allerdings selbst einen bestimmten In-
n) Wrde dies nach Ansicht der Bundesregierung auch Anbieter von Internet-Suchmaschinen beinhalten
Die auf Anfrage durch sog. "Internet-Suchmaschinen" erzeugten Verweise beruhen auf einem rein technischen Vorgang, der automatisch abluft; es fehlt daher grundstzlich an einer strafrechtlichen relevanten Beteiligung an der Tat eines anderen.
o) Unter welchen Voraussetzungen des Einzelfalls hlt die Bundesregierung an ihrer Gegenuerung zur Stellungnahme Nr. 5 des Bundesrats zum IuKDG-E fest, wonach in einem solchen Fall dann nicht "lediglich" eine Zugangsvermittlung mit der folgender fehlender Verantwortlichkeit [sic] gem 5 Abs. 3 TDG-E vorliege, wenn der inlndische mit dem auslndischen Anbieter zusammenwirkte
Wenn ein Diensteanbieter ber die Vermittlung des Zugangs zur Nutzung von Inhalten hinaus ttig wird, beispielsweise in bewutem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Hersteller eines strafbaren Angebots, ist Art und Umfang seiner Verantwortlichkeit nach den allgemeinen Gesetzen unter Beachtung der Regelung des Art. 1 5 Abs. 1 und 2 IuKDG zu beurteilen.
p) Hlt die Bundesregierung in dieser Konstellation fr eine auch strafrechtliche Verantwortlichkeit als Mittter, Anstifter oder Gehilfe insbesondere einen nur bedingten Vorsatz des inlndischen Anbieters fr ausreichend, wenn dieser es also nur billigend und ohne weitere Nachprfung fr nicht ausgeschlossen hlt, da
Die Beantwortung der Frage ist aus Sicht der Bundesregierung ohne Prfung des jeweiligen Einzelfalles nicht mglich. Grundstzlich ist, wie bereits ausgefhrt, der Autor des "Hyperlinks" fr den Inhalt desselben gem 5 Abs. 1 des Teledienstegesetzes voll verantwortlich. Je nach dem Kontext, in dem der "Hyperlink" in der Homepage steht, kann auch die bedingt vorstzliche Verweisung auf fremde, strafbare Inhalte von dem Autor des "Hyperlinks" zu verantworten sein; eine sogenannte bewute Fahrlssigkeit begrndet hingegen keine Verantwortlichkeit.
Es wird auf die oben stehenden Ausfuhrungen der allgemeinen Einleitung zu der Kleinen Anfrage verwiesen. Nach Kenntnis der Bundesregierung ist es bisher in einem Bundesland im Hinblick auf einen "Hyperlink" zu einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der nach 140 Nr. 2 i.V.m. 126 Abs. 1 Nr. 6 und 7, 311 Abs. 1, 316 b Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbaren ffentlichen Billigung von Straftaten zu einem Ermittlungsverfahren gekommen. Der Bundesregierung ist bekannt, da ein solcher Verdacht in diesem Fall bejaht wurde und zur Erhebung einer Anklage vor dem Amtsgericht - Einzelrichter - gefhrt hat; die Hauptverhandlung steht noch aus. Im Hinblick auf das laufende Strafverfahren kommt eine rechtliche Bewertung durch die Bundesregierung nicht in Betracht.
16. Aus welchen Grnden hlt die Bundesregierung die Rechtslage fr Anbieter von Internet-Zugngen nach Inkrafttreten von IuKDG-E und Mediendienste-Staatsvertrag fr klarer als zum gegenwrtigen Zeitpunkt
Art. 1 5 Abs. 3 IuKDG stellt eindeutig klar, da Diensteanbieter, die - wie in aller Regel die Anbieter von Internet-Zugngen - lediglich den Zugang zur Nutzung von fremden Inhalten vermitteln, hierfr nicht verantwortlich sind. Diese Rechtsfrage war nach bislang geltender Rechtslage fr Anbieter von Informations- und Kommunikationsdiensten nicht zweifelsfrei geklrt. Die Bundesregierung sieht insbesondere in der in 5 Abs. 2 und 3 TDG vorgesehenen Grenzziehung gegenber einer unangemessen weiten Haftung der Diensteanbieter einen Gewinn an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit.
17. Ist sie insbesondere der Ansicht, da durch die genannten Regelungen derartige Ermittlungen gegen solche Anbieter in Zukunft nicht mehr zu erwarten sind - wenn ja, warum
Auf die Antwort zu Frage 16 wird verwiesen. Ergnzend ist darauf hinzuweisen, da Art. 1 5 IuKDG nichts an dem in Deutschland geltenden Legalitatsprinzip ndert. Danach mssen die Strafverfolgungsbehrden bei Vorliegen von Anhaltspunkten fr Verste gegen das geltende Strafrecht ttig werden. Die genannten Regelungen sind vielmehr bei der Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit heranzuziehen; sie stellen klar, unter welchen Voraussetzungen eine Verantwortlichkeit mglich ist.
18. Inwiefern lt sich nach Ansicht der Bundesregierung bei der Schaffung von strafrechtlichen Verantwortlichkeiten und Sperrungspflichten sinnvoll zwischen den verschiedenen funktional gleichwertigen Zugangsmglichkeiten zu multimedialer Information - z. B. per Satellit, per Digital-TV, per Telefon oder Kombination davon [sic] - differenzieren
Die Regelung der Verantwortlichkeit fr telekommunikativ bertragene Informationsinhalte hngt grundstzlich nicht von der technischen Ausgestaltung des bertragungswegs oder einer Kombination funktional unterschiedlicher ber-
tragungswege ab. Demzufolge sind die Regelungen des IuKDG technikunabhngig ausgestaltet worden; es ist bei Nutzung der verschiedenen Kommunikationswege jeweils gesondert zu prfen, ob die Voraussetzungen des Art. 1 5 IuKDG vorliegen.
19. Haben nach Kenntnis der Bundesregierung die zustndigen Behrden die rechtliche Mglichkeit und tatschliche Absicht, in Zukunft auch Telekommunikationsanbieter zur Sperrung des Telefonzugangs zum xs4all-Server und damit zu mglicherweise illegalen Angeboten aufzufordern Wenn nein, wie ist dies mit dem Gebot eines einheitlichen Rechtsrahmens vereinbar
Die Rechtslage zur Verantwortlichkeit der Telefondienstanbieter nach dem TKG wird durch das IuKDG nicht berhrt; das IuKDG nimmt Telekommunikationsdienstleistungen und das geschftsmige Erbringen von Telekommunikationsdiensten nach 3 des TKG vom Geltungsbereich des Artikels 1 IuKDG aus. Die hierzu bislang bestehende Rechtslage bleibt damit unverndert bestehen.
20. Inwieweit ist die Kenntnisgabe strafrechtlich relevanter Inhalte durch Telekommunikationsnetze - etwa bei sogenannten nationalen Infotelefonen - an Telekommunikationsanbieter rechtlich anders zu bewerten als die Kenntnis ber die Verbreitung derselben Inhalte per Internet
Fr die Frage, ob der Autor oder Verbreiter einer verffentlichten Information gegen Normen des materiellen Strafrechts verstt, ist das benutzte Verbreitungsmedium grundstzlich ohne Bedeutung.
Unterschiede ergeben sich jedoch fr andere Personen, die von strafbaren Inhalten Kenntnis erlangen: Wer den Verpflichtungen des Fernmeldegeheimnisses gem 85 TKG unterliegt, darf derartige Kenntnisse an Dritte nur weitergeben, soweit dies unter ausdrcklicher Bezugnahme auf Telekommunikationsvorgnge gesetzlich vorgesehen ist. Eine derartige Ausnahme besteht gem 85 Abs. 3 Satz 3 TKG in bezug auf anzeigepflichtige geplante Straftaten, die in 138 StGB aufgefhrt sind.
21. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung einerseits - im Sinne des IuKDG-E - "technisch mglich und zumutbar" und andererseits verhltnismig, den gesamten Zugang zu einem Anbieter aufgrund eines einzigen inkriminierten Angebots zu unterbinden
Die Bestimmung des Art. 1 5 Abs. 2 IuKDG zur Verantwortlichkeit fr Inhalte setzt zunchst voraus, da es technisch mglich sowie zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern. Die Bestimmung beinhaltet mit dieser Formulierung auch das Gebot fr die zustndigen Behrden zu prfen, ob bei einzelnen inkriminierten Inhalten die Forderung nach der Sperrung des gesamten Zugangs zu einem Anbieter verhltnismig ist. Diese Prfung mu jeweils im Einzelfall geschehen. Manahmen zur Verhinderung des Zugriffs auf fremde Inhalte sind nach Auffassung der Bundesregierung insbesondere unzumutbar, wenn sie einen erheblichen Aufwand erfordern, ihre Wirksamkeit jedoch durch einen Zugriff auf entsprechende Informationsangebote im Ausland oder ber andere Netzverbindungen mit einem vergleichsweise geringen Aufwand umgangen werden kann.
22. Wie weit ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Entwicklung von Systemen gediehen, mit denen eine generelle Zugangsunterdrckung zu einem Anbieter durch eine selektive Unterdrckung des Zugangs zu diesen Einzelangeboten ersetzt werden kann
Art und Einsatzmglichkeiten von technischen Systemen zur selektiven Unterdrckung des Zugangs zu Einzelangeboten hngen von der Art des jeweiligen Informations- und Kommunikationsdienstes ab. Bei proprietren Systemen oder Inhalten, die ber Verteildienste angeboten werden, bestehen andere Mglichkeiten zu einer solchen selektiven Sperrung als bei offenen Systemen, die den Abruf gespeicherten Daten ermglichen. So kann jedenfalls bei Internet-Diensten der Zugang zu Informationsangeboten durch das Unterbinden des Routings zu bestimmten InternetAdressen (sog. IP-Adressen) gesperrt werden. Nach Kenntnis der Bundesregierung ist nach heutigen technischen Gegebenheiten ist [sic] eine selektive Sperrung von Teilinhalten unterhalb einer
IP-Adresse - z. B. eine einzelne Webseite - auf dem Transportweg nicht mglich.
23. Inwieweit treffen Aussagen aus der BAW zu, derartige Systeme seien noch innerhalb dieses Jahres einsatzfhig und knnten Internet-Providern zur Verfgung gestellt werden In welcher Art und Weise hat sich die Bundesregierung bei der Entwicklung derartiger Systeme beteiligt
Es ist nicht ersichtlich, auf welche Aussagen der Bundesanwaltschaft die Frage Bezug nimmt; offizielle uerungen der Bundesanwaltschaft zum Stand der Entwicklung von Systemen zur selektiven Unterbindung des Zuganges zu einzelnen Angeboten im Internet existieren nicht.
Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, da ein solches System entwickelt wird. Vor dem Hintergrund der Antwort zu Frage 22 sind solche Systeme mglich, die am Beginn oder am Ende des bertragungswegs ansetzen, nicht aber solche, die in die Datenstrme innerhalb der Netze der Service Provider eingreifen. In der Entwicklung befinden sich daher Systeme fr den Nutzer, damit er ggf. anhand von Suchworten bestimmte Informationen herausfiltern kann; dem Internet Service Provider hilft diese Software zur Sperrung einzelner Inhalte nicht.
24. Welche Grnde sprechen nach Ansicht der Bundesregierung dafr, da die im IuKDG-E entworfenen Regelung [sic] zur Sperrung des Zugangs zu Internet-Angeboten im Einklang mit den von ihr in der BT-Drs. 13/4800 (Frage 13) als einschlgig bezeichneten internationalen Abkommen und vlkerrechtlich bindenden Vertrge stehen
Die Bundesregierung sieht keine Grunde, die dafr sprechen knnten, da die im IuKDG getroffenen Regelungen zur Sperrung des Zugangs zu Internet-Angeboten nicht der europischen.Menschenrechtskonvention und im internationalen Pakt ber brgerliche und politische Rechte im Einklang stehen. [sic]
Fr die Vereinbarkeit von Regelungen zur Sperrung des Zugangs zu Internetangeboten mit der Europischen Menschenrechtskonvention sowie dem Internationalen Pakt ber brgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 ist
magebend, da die dort verankerten Rechtsgarantien nicht schrankenlos gewhrleistet sind. Soweit Artikel 10 EMRK (Informations- und Meinungsfreiheit, Freiheit von Radio und Fernsehen) einschlgig ist, ist zu beachten, da die Ausbung dieser Freiheiten, Pflichten und Verantwortung mit sind [sic] bringt und daher bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschrnkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden kann, wie sie vom Gesetz vorgeschrieben und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse unter anderem der Verbrechensverhtung, des Schutzes der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind (Artikel 10 Abs. 2). Auch Artikel 19 des Internationalen Pakts ber brgerliche und politische Rechte steht einschrnkenden Regelungen grundstzlich nicht entgegen. Artikel 19 Abs. 3 bestimmt vielmehr, da die Ausbung der in Absatz 2 vorgesehenen Rechte mit besonderen Pflichten und einer besonderen Verantwortung verbunden ist und daher bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Einschrnkungen unterworfen werden kann, die erforderlich sind fr die Achtung der Rechte und des Rufs anderer sowie fr den Schutz der nationalen Sicherheit, der ffentlichen Ordnung (ordre public), der Volksgesundheit oder der ffentlichen Sicherheit.
25. In welcher Weise lassen sich nach Ansicht der Bundesregierung diese Abkommen und Vertrge auf die Medienangebote und Individualkommunikation vereinenden Internet-Angebote bertragen
Die Bundesregierung ist der Auffassung, da Artikel 8 und Artikel 10 EMRK und die korrespondierenden Rechtsgarantien des Internationalen Pakts ber brgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 auch die Individualkommunikation und die Massenkommunikation im Internet schtzen.
Fr die Medienangebote kann auf die Antwort zu Frage 24 verwiesen werden. Fr die Individualkommunikation gelten Artikel 8 Abs. 1 EMRK, der ebenfalls nicht schrankenlos gewhrleistet ist, sowie Artikel 17 des Internationalen
Paktes ber brgerliche und politische Rechte (Freiheit der Kommunikation).
26. Inwieweit wird diese Ansicht von welcher anderen Regierung sowie der EU-Kommission geteilt
Die Kommission hat in ihrem am 16. Oktober 1996 verabschiedeten Grnbuch ber den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwrde in den audiovisuellen und den Informationsdiensten zu den Grundgestzen [sic] der Meinungsfreiheit und Achtung der Privatsphre folgendes festgestellt:
"Der Grundsatz der Meinungsfreiheit ist in verschiedenen internationalen Konventionen verankert, wobei die Europische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (nachstehend "Konvention" genannt), die auch ein wichtiges Bezugsdokument fr die Europische Union ist, dies am deutlichsten formuliert. Alle Mitgliedstaaten sind Mitglied dieser Konvention und haben - mit Ausnahme des Vereinigten Knigreichs -, die Meinungsfreiheit zu einem Verfassungsprinzip erhoben.
Obwohl die Europische Gemeinschaft nicht direkt durch.diese Konvention gebunden ist, hat sie ihren Inhalt in ihre eigene Rechtsordnung bernommen, zum einen in Gestalt von Artikel F Abs. 2 des Vertrages ber die Europische Union und zum anderen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europischen Gemeinschaft hinsichtlich der allgemeinen Grundstze des Gemeinschaftsrechts.
Der Grundsatz gilt jedoch nirgendwo absolut. Die Meinungsfreiheit kann durch den Staat beschrnkt werden, jedoch unterliegen diese Beschrnkungen einem sehr przisen Rahmen.
Der Grundsatz der Achtung der privaten Sphre nimmt den gleichen Rang ein wie der der Meinungsfreiheit. Er wird insbesondere durch Artikel 8 der Konvention gewhrleistet und lt Beschrnkungen unter hnlichen Voraussetzungen,
wie sie vorstehend fr die Meinungsfreiheit genannt wurden, zu.
Im Rahmen der Anwendung von einzelstaatlichen Verbotsregeln fr bestimmte Inhalte knnen Beschrnkungen dieses Grundsatzes erforderlich sein (vor allem was die Identifizierung und Bestrafung privater Mitteilungen mit kriminellem Charakter betrifft), auch hier jedoch unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhltnismigkeit."
Dieser Auffassung hat bei einer Anhrung der EU-Kommission am 27. Februar 1997 kein EU-Mitglied widersprochen.
27. Welche Flle sind der Bundesregierung bekannt, in denen bundesdeutsche Anbieter von Internet-Inhaltsangeboten aus dem Ausland - aufgrund eines Verstoes gegen dortige Regelungen - entweder aufgefordert wurden, diese vom Netz zu nehmen, oder dort der Zugang zu ihnen gesperrt wurde
Derartige Flle sind der Bundesregierung nicht bekannt.
28. Wo sieht die Bundesregierung Grenzen in einer derartigen Kooperation mit auslndischen Behrden
Die Grenzen einer Kooperation mit auslndischen Behorden ergeben sich aus den entsprechenden Rechts- und Amtshilfeabkommen mit einzelnen Staaten.
29. In welchem Umfang und aus welchen Grnden darf nach Ansicht der Bundesregierung in die im Vertrag von Maastricht garantierte Freiheit des Waren- und Dienstleistungsverkehrs innerhalb der EU eingegriffen werden Inwieweit deckt dies nach ihrer Ansicht eine Verpflichtung auslndischer Anbieter zur Sperrung von Internet-Angeboten
Nach stndiger Rechtsprechung des Europischen Gerichtshofes sind Manahmen von EU-Mitgliedstaaten, die die Ausbung des in den Art. 30 und 59 EG-Vertrag gewhrleisteten freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs in der Gemeinschaft beschrnken oder behindern, nur zulssig, soweit sie aus zwingenden Grnden des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind. Die Manahmen mssen ferner geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu
gewhrleisten, und drfen nicht uber das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich ist. Solche Manahmen sind auf das Hoheitsgebiet der betreffenden Mitgliedstaaten beschrnkt und knnen nicht unmittelbar auf Vorgnge und Personen in anderen Mitgliedstaaten einwirken. Jedoch knnen Personen, die von anderen (Mitglied) - Staaten aus in Deutschland Straftaten begehen, nach deutschen Strafrecht belangt werden.
30. Ist die Bundesregierung der Ansicht, da der im Ausland durch die Sperrungsaufforderung gegen xs4all entstandene Schaden durch die von ihr in BT-Drs. 13/7371 (Frage 9) angegebenen Ermittlungserfolge aufgewogen wird
Die Frage einer Strafverfolgung richtet sich nach dem Legalittsprinzip und nicht nach Kosten/Nutzen-Analysen; unabhngig davon ist der Bundesregierung hierzu kein konkreter bzw. bezifferbarer Schaden bekannt.
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