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Das Problem des Staates mit dem Internet
Von Ulrich Werner

Inzwischen pfeifen die Spatzen es von den Dächern: Es gibt im Internet keinen Datenschutz.

Schon die im Grunde recht harmlosen Cookies können zur Generierung personenbezogener Daten genutzt und die erreichten Kommunikationsprofile zudem mit den Offline vorhandenen Datensammlungen über abgeglichen werden. Dies schürt die Angst der Verbraucher vor dem "gläsernen Surfer"; eine Angst, die sicherlich nicht jeglicher Grundlage entbehrt - ist sie doch zugleich einer der Träume der marketingtreibenden Wirtschaft.

Die deutschen Datenschutzgesetze klingen alle recht schön, sind aber leider im Internet nicht durchsetzbar. Einerseits gibt es kein deutsches Internet, andererseits werden auch die Märkte, für die der gläserne Verbraucher interessant ist, zugleich immer globaler.

Staatlicher Schutz greift in einem supranationalem Medium wie dem Internet nicht mehr. Der Nutzer muŸ sich um den Schutz seiner Daten und seiner Informationen selber kümmern.

Private SchutzmaŸnahmen vs. Macht

Es gibt zwei Wege, wie ein Nutzer des Internet seine Daten und damit sich selber schützen kann - durch Anonymität (dann ist die Auswertung eines Kommunikationsprofiles relativ uninteressant bzw. für den Nutzer ungefährlich) sowie durch Kryptographie, um Inhalte von Nachrichten vertraulich zu behandeln bzw. die Unverändertheit von Nachrichten zu authentifizieren.

In beiden Bereichen allerdings führt die drastisch zunehmende Nutzung des Internet als Kommunikations- und Interaktionsmedium durch private Nutzer zu direkten Konflikten mit bisher staatlichen EinfluŸbereichen.

Kryptographie als Lehre von der Verschlüsselung von Daten ist ein traditionelles Werkzeug der Militärs, Geheimdienste und Regierungen - und wird plötzlich auch für Otto Normaluser interessant. Das schafft Probleme und erschwert das simple Mithören der allgemeinen elektronischen Kommunikation erheblich - schlieŸlich muŸ mit erheblichem Aufwand erst einmal entschlüsselt werden, bevor der Inhalt beurteilt werden kann. Das stört den betrieblichen Ablauf der Abhörer.

Die œberwachung von Kommunikation hat ebenfalls Tradition im Bereich der Geheimdienste und der Strafverfolgungsbehörden. Die zunehmende elektronische Kommunikation brachte für die überwachenden Institutionen erhebliche Erleichterungen mit sich, die intensiv genutzt werden. Diese Möglichkeiten zur œberwachung bedeuten Macht, die um jeden Preis verteidigt werden soll.

Die vorprogrammierte Interessenkollision

Bislang konnte Ottilie Normaluserin immer noch von dem alten Grundsatz ausgehen: "Was ich nicht weiŸ, macht mich nicht heiŸ." Das BewuŸtsein möglicher staatlicher œberwachungsmaŸnahmen ist bei den Bürgern freiheitlicher Staaten gering ausgeprägt. Für Internet-Nutzer allerdings ist die Notwendigkeit, die eigenen Informationen und Daten schützen zu müssen, erheblich offensichtlicher. Damit aber kollidieren unmittelbar die œberwachungsinteressen des Staates mit den subjektiven Schutzinteressen der Bürger.

Nicht nur der deutsche Staat hat Probleme mit dem Wunsch der Internet-Nutzer, die eigene Kommunikation vertraulich zu behandeln. Die aktuelle Entwicklung in Deutschland ist exemplarisch und stimmt nachdenklich. Dies hat zur Entstehung dieses Specials geführt.

Für eine freie Kommunikation

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland regelt vorrangig nicht das Verhältnis der Bürger untereinander, sondern die Schranken, die dem Staat gegenüber seinen Bürgern auferlegt sind.

Spätestens seit dem Volkszählungsurteil des Bundesgerichtshofes ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein wichtiges Thema. Dieses Recht bedeutet nicht nur, frei Informationen erlangen zu können, sondern zwangsläufig auch das Recht des Bürgers, selber zu entscheiden, wem er eine Information gibt. (Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stellt Rechtsanwalt Thomas Stadler vor.)

Um diese Entscheidungsfreiheit, wem die Information gegeben werden soll, zu erhalten, muŸ Verschlüsselung der Daten in Anspruch genommen werden können. (Diesen Themenbereich der Datenkommunikation sowie das Lauschen am Internet stellt Hartmut Semken vor.)

Der Staat besteht andererseits auf seinem Recht auf œberwachung. Sicherlich gibt es kriminelle Elemente, die ebenfalls auf die Techniken des Internet zurückgreifen. Und ebenso sicher möchten die Strafverfolgungsbehörden die recht einfache œberwachung des Internet-Datenverkehrs für die Erfüllung ihrer Aufgaben nutzen können. Ein aktueller Weg dazu wird vom Bundeskriminalamt gegangen - die anlaŸunabhängige Internetstreife. (Rechtsanwalt Thomas Stadler analysiert die rechtlichen Grundlagen der Internetstreife des BKA und stellt die Frage der RechtmäŸigkeit.)

Und wozu dieses ganze Special Um Sie auf die grundlegenden Fragen aufmerksam zu machen:

Dies alles sind Fragen, deren Antworten in demokratischen Staaten durch einen ProzeŸ der politischen Willensbildung zu suchen sind.

Ulrich Werner


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