von Andreas Neumann
Zentrum fr Europische Integrationsforschung
Bonn
Stand: August 2001
Der Prozess der Liberalisierung des Telekommunikationssektors ist in der Bundesrepublik Deutschland und den anderen Staaten der Europischen Gemeinschaft mageblich durch Vorgaben des europischen Gemeinschaftsrechts geprgt worden. Erst die Impulse aus Brssel ermglichten hierzulande die verschiedenen Stufen der Postreform und die berfhrung des Staatsmonopols in eine Vielzahl von Wettbewerbsmrkten bis zur vollstndigen Liberalisierung des Telekommunikationssektors zum 1.1.1998. Doch auch die neuen regulatorischen Herausforderungen - z.B. mit Blick auf neue Technologien (UMTS) - wurden von der Europischen Gemeinschaft angenommen und fhrten zum Erlass weiterer Rechtsakte auf Gemeinschaftsebene mit der Folge, dass sich der Rechtsanwender mittlerweile mit einer kaum mehr berschaubaren Zahl von Verordnungen und - zum Teil mehrfach abgenderten - Richtlinien konfrontiert sieht.
Mit der die Ergebnisse eines etwa zweijhrigen Konsultationsprozesses integrierenden Verffentlichung eines "Kommunikationsberichtes" hat die Europische Kommission daher im Jahre 1999 den Weg zu einer grundlegenden Reform des europischen Rechtsrahmens fr die Telekommunikation gewiesen. Mit diesem in der ffentlichen Diskussion auch unter dem englischen Namen des Kommissionsberichtes als "Review'99" bekannten Prozess soll die Vielzahl der bestehenden Rechtsakte durch fnf Richtlinien und eine Entscheidung ersetzt werden. Flankiert werden soll dieser neue Rechtsrahmen durch eine weitere Richtlinie zu den Wettbewerbsregeln im Bereich der Telekommunikation. Bereits beschlossen und in den Mitgliedstaaten geltendes Recht ist schlielich eine ebenfalls im Nachgang des Kommunikationsberichtes entstandene Verordnung ber den entbndelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung, mittels derer die Gemeinschaft den Wettbewerb im nach wie vor von den ehemaligen Monopolisten dominierten Ortsnetz frdern mchte.
Das Ausma der materiell-rechtlichen Vernderungen, die gegenwrtig absehbar sind, unterscheidet sich hinsichtlich der einzelnen Rechtsakte ganz erheblich. Allen Richtlinienentwrfen gemein ist zunchst die Betonung weitgehender Technologieneutralitt, mittels derer ein homogener Rechtsrahmen fr die konvergierenden bertragungstechnologien geschaffen werden soll. Den Eckstein des Richtlinienpaketes bildet die sog. "Rahmenrichtlinie". Mit ihr werden neue Grundstze für die Regulierung der mitgliedstaatlichen Telekommunikationsmrkte geschaffen. Dabei wird es nicht zu dem von den Ex-Monopolisten geforderten "Phasing Out", also einem weitgehenden Abbau des sektorspezifischen Kartell- und Wettbewerbsrechts kommen. Dennoch ist eine gewisse Rckfhrung des auf die Aufbrechung der monopolitischen Marktstrukturen zugeschnittenen Regulierungsinstrumentariums vorgesehen, wobei namentlich die Bestimmung von Mrkten und Marktmachtpositionen einer tiefgreifenden Neuregelung unterzogen werden soll. Besonders eng mit der in der Rahmenrichtlinie angelegten Neuverteilung der Kompetenzen zwischen der Europischen Kommission und den nationalen Regulierungsbehrden sind die nderungen für den Bereich der sog. Vorleistungsmrkte, welche die geplante "Zugangs- und Zusammenschaltungsrichtlinie" mit sich bringen wird. Whrend die in der "Universaldienst- und Nutzerrechterichtlinie" und der "Telekommunikations-Datenschutzrichtlinie" vorgesehenen Neuerungen im Vergleich zur gegenwrtigen Rechtslage vergleichsweise eher marginal sind, sieht dann die fnfte und letzte Richtlinie des Richtlinienpaketes, die "Genehmigungsrichtlinie", wiederum erhebliche Vernderungen zum Status quo vor. Das bislang bestehende Nebeneinander von Einzel- und Allgemeingenehmigungen soll zugunsten eines weitreichenden Vorranges der Allgemeingenehmigungen, die lediglich eine Notifizierungspflicht vorsehen knnen, abgeschafft werden. Unternehmen, die Telekommunikationsdienste anbieten wollen, mssten sich dann nur noch einer strengen und ggf. kostspieligen Genehmigungsprozedur unterziehen, wenn sie Zugriff auf knappe Ressourcen bentigen. Gleichzeitig sollen die Genehmigungsverfahren gemeinschaftsweit strker harmonisiert werden, um in Zukunft Verwerfungen zwischen den Marktutrittsbedingungen in den einzelnen Mitgliedstaaten zu vermeiden, wie sie beispielsweise bei der Vergabe der UMTS-Lizenzen auftraten. Sehr umstritten ist schlielich noch die Neugestaltung der Frequenzpolitik der Gemeinschaft, wobei es im Kern um die Frage geht, inwieweit die Mitgliedstaaten ihre Kompetenz in Fragen der Funkfrequenzverwaltung auf die Europische Kommission zu bertragen bereit sind.
Angesichts der engen Verknpfung zwischen nationalem und europischem Telekommunikationsrecht wird der "Kommunikationsbericht 1999" letzten Endes auch starke Auswirkungen auf das deutsche Recht haben. Angesichts der vorgesehenen Umsetzungsfristen wird mit einer Reform des Telekommunikationsgesetzes sptestens im Jahre 2003 zu rechnen sein. Die auf www.artikel5.de verffentlichten Materialien sollen den "Review"-Prozess dokumentieren und zum Verstndnis der einzelnen Regelungen beitragen helfen.
Weiterfhrende Literaturhinweise:
Beese/Merkt, Europische Union zwischen Konvergenz und Re-Regulierung, Multimedia und Recht (MMR) 2000, 532
Huber/von Mayerhofen, "Review 1999" der EU-Kommission, Multimedia und Recht (MMR) 1999, 593
Kardasiadou, Mitteilung der EU-Kommission: Die Reform des Rechtsrahmens fr den TK-Sektor, Zeitschrift fr das Recht der Telekommunikation und das Recht der elektronischen Medien (RTkom) 1999, 168
Koenig/Khling, Reformanstze des deutschen Telekommunikationsrechts in rechtsvergleichender Perspektive, Multimedia und Recht (MMR) 2001, 80
Krader, Neuer europischer Datenschutz im Internet - Der Entwurf der Europischen Richtlinie ber die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphre in der elektronischen Kommunikation - eine kritische Analyse, Recht der Datenverarbeitung (RDV) 2000, 251
Ladeur, Der neue EU-Regulierungsrahmen fr elektronische Kommunikation - Notwendiger Paradigmenwechsel der Regulierung unter Konvergenzbedingungen, Zeitschrift fr das Recht der Telekommunikation und das Recht der elektronischen Medien (RTkom) 2000, 264
[Home] | [Inhalt] | [Index] | [Gesetze] | [Aufstze] | [Links] | [Suche] | [Hilfe] | [Impressum] |
www.artikel5.de, 2001 / Alle Rechte vorbehalten / Stand: 2001-08-22 / URL: http://www.artikel5.de/aufsaetze/kommunikationsbericht-einfuehrung.html |