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Firmennamen im Internet
Domain Grabbing, beschreibende Bezeichnungen
und Herausgabestreitigkeiten
von Patrick Mayer
Übersicht:
I.
Technische Grundlagen: IP-Adresse und Domain Name System
II. Erwerb
von Domain-Namen
III. Handel
mit Domain-Namen
IV. Rechtlicher
Schutz von Domain-Namen, Firmennamen und bürgerlichem Namen
1.
Marken
2.
Firmennamen
3.
Bürgerlicher
Namen
4.
Namen von
Institutionen
5.
Titel
6.
Allgemeine
Bezeichnungen
V. Neue Top-Level-Domains
VI. Zurückbehaltungsrecht
an Domain Namen
VII. Weiterführende
Literatur
Weitere Informationen zum Thema:
Staatsvertrag
über Mediendienste (MStV)
Amtliche
Begründung zum MStV
Informations-
und Kommunikationsdienste- Gesetz (IuKDG)
Amtliche
Begründung zum IuKDG
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]
I. Technische
Grundlagen: IP-Adresse und Domain Name System
Die Nutzung des Internet für individuelle
Zwecke verlangt eine weltweit eindeutige Adressierung jedes angeschlossenen
Rechners. Diese eindeutige Adressierung erlaubt das Internet-Protokoll
(IP) über numerische Adressen. Da die numerischen Adressen schwer
zu merken sind, wird dieses Adress-System überlagert durch das "Domain
Name System" (DNS). Im DNS wird die numerische Adresse übersetzt in
eine alphanumerische Adresse (Uniform Ressource Locator, URL), die sich
aus einer Top Level Domain (Länderkennung wie DE, UK, FR, Kennung
der Dienstgruppe wie MIL, EDU oder COM) und einer Second Level Domain (quelle,
cosus, spiegel...) sowie gegebenenfalls weitere Subdomains (www, info etc.)
zusammensetzt. Die Vergabe von Top Level Domains ist restriktiv; es gibt
derzeit ca. 180 Länderkennungen nach dem ISO-Standard ISO-3166 sowie
fünf sogenannte "generische" Top Level Domains (gTLD):
"GOV = Government, any government
related domains meeting the second level requirements.
EDU = Education, any education related
domains meeting the second level requirements.
COM = Commercial, any commercial
related domains meeting the second level requirements.
MIL = Military, any military related
domains meeting the second level requirements.
ORG = Organization, any other domains
meeting the second level requirements."[1]
Mit RfC 1591 wurden darüber hinaus
die gTLD's INT (für internationale Organisationen wie die EU) und
NET (für die Rechner von Internet Service Providern) geschaffen. Mittlerweile
verschwimmen die zulässigen Verwendungen aber: NET wird zunehmend
auch im kommerziellen oder halbkommerziellen Bereich genutzt, auch EDU
wird nicht streng kontrolliert. Allein MIL und GOV werden weiterhin restriktiv
verwendet.
II. Erwerb von
Domain-Namen
Domain-Namen der Top Level Domain DE
werden vom Deutschen Network Information Center (DENIC) vergeben. Domains
werden sinnvollerweise über Internet Service Provider (ISP), die Mitglied
in der DENIC-Genossenschaft (DENIC e. G.) sind, beantragt. Eine Beantragung
beim DENIC selbst ist möglich[2],
jedoch kann nur ein ISP, der Mitglied der DENIC e. G ist, die Domain auch
"konnektieren", d. h. mit einer gültigen IP-Adresse verbinden[3].
Eine Liste der in der DENIC e. G. vertretenen ISP findet sich auf dem DENIC-Server[4].
Allerdings kann auch bei anderen Dienstleistern (bspw. Web-Agenturen) eine
Domain beantragt werden, sofern diese mit einem DENIC-Genossenschaftsmitglied
zusammenarbeiten.
Der ISP wickelt die Domain-Beantragung
und die tatsächliche Netzanbindung ab. Für die Anmeldung ist
grundsätzlich das Prioritätsprinzip (englisch: "first come, first
served") entscheidend: wer als erster eine Domain reserviert oder einträgt,
hat das Recht zu ihrer Nutzung. Inzwischen werden allerdings rechtliche
Vorbehalte gemacht, nach den Nutzungsbedingungen bspw. des DENIC muß
der Antragsteller versichern, zur Namensnutzung berechtigt zu sein[5].
Bei der Eintragung einer Domain sind
mehrere Ansprechpartner zu benennen, die sich in den Datenbanken beim DENIC
abfragen lassen. Eingetragen werden müssen der administrative Kontakt
(ADMIN-C) und der technische Kontakt (TECH-C). Nicht zwingend angegeben
werden muß der Kontakt für einen ganzen IP-Adressraum (ZONE-C).
Der administrative Kontakt wird von der Organisation gestellt, die für
das Angebot verantwortlich ist, während technischer Kontakt (und gegebenenfalls
der ZONE-C) in der Regel beim Service Provider angesiedelt sind[6].
III. Handel mit
Domain-Namen
Aufgrund der ursprünglich weitgehend
freien, unkontrollierten Registrierbarkeit von Domains setzte mit der kommerziellen
Nutzung des Internets seit etwa 1994 eine Entwicklung ein, fremde Namen
- Marken- oder Firmennamen - zu registrieren, um die Marken bzw. Namen
anschließend an die Berechtigten zu verkaufen. Dabei wurden zum Teil
erhebliche Preise erlöst. Berühmtheit erlangte der Fall der Domain
mcdonalds.com, die von einem Journalisten des Namens reserviert und später
für einen hohen Betrag an die Hamburger-Kette übertragen wurde.
Der Erlös wurde angeblich für wohltätige Zwecke verwendet.
Mittlerweile haben sich in Deutschland
zahlreiche Gerichtsentscheidungen[7]
mit der Frage eines Schutzes von Firmen- oder Markennamen bei der Nutzung
als Domain befaßt. Erste Grundlinien der Rechtsprechung sind erkennbar.
Grundsätzlich läßt sich sagen, daß Markennamen, Firmen-
und Produktbezeichnungen, aber auch Namen von Institutionen vor einer unbefugten
Verwendung als Domain Name geschützt sind. Wie weit dieser Schutz
reicht, ist jedoch noch nicht vollständig klar. Insbesondere ist nach
wie vor unklar, ob beispielsweise auch eine Nutzung als Subdomain verhindert
werden kann und wie bei Kollisionen von Gleichnamigen zu verfahren ist.
Der Handel mit Domain Namen ist in
Deutschland daher nur noch mit Namen möglich, für die noch keine
vorherige Nutzung bestand. Insofern ist es auch sinnvoll, den eigenen Servernamen
markenrechtlich zu sichern.
IV. Rechtlicher
Schutz von Domain-Namen, Firmennamen und bürgerlichem Namen
Hinsichtlich des rechtlichen Schutzes
einer unbefugten Verwendung von Namen im Internet sind verschiedene Kategorien
von Namen zu unterscheiden[8].
1. Marken
Eingetragene Marken[9]
(Firmen- oder Produktnamen) unterliegen strengem rechtlichem Schutz. Allerdings
kann nicht jeder Begriff als Marke eingetragen werden; insbesondere allgemeine,
beschreibende Namen unterliegen einem sog. "Freihaltebedürfnis", sie
sollen dem gesamten Markt, der mit entsprechenden Gütern handelt,
zur Beschreibung der Ware zur Verfügung stehen. Sofern eine Marke
eingetragen ist (durch Anmeldung beim Bundespatentamt, München), ist
die Verwendung der Marke rechtlich geschützt. Eine Marke bezieht sich
stets auf Güter oder Dienstleistungen einer (oder mehrerer) bestimmten
Kategorie (also beispielsweise Computer, EDV und Software, Telekommunikation
oder ähnliche). Für die Nutzung der Marke in der jeweiligen Kategorie
(Klasse) ist die Marke geschützt, nicht aber für andere Dienstleistungs-
oder Warenkategorien. Allerdings ist ein Schutz auch für mehrere Kategorien
möglich.
Der Schutz von Domain Namen mit Hilfe
von Marken ist in zweierlei Hinsicht denkbar: Zum einen kann evt. der Domain-Name
selbst als Marke eingetragen werden, zum anderen fällt die Nutzung
von Domain Namen, die als Second Level Domain eine geschützte Markenbezeichnung
verwenden, unter den Schutz der Marke, d. h. der Markeninhaber kann Dritten
die Nutzung der Marke für ihre Domain untersagen.
Eine Markenanmeldung sollte nicht
ohne sachkundige vorherige Beratung erfolgen.
2. Firmennamen
Auch Firmennamen sind aus § 12
BGB sowie evt. aus wettbewerbsrechtlichen Gründen geschützt.
Auch die Verwendung eines bekannten Firmennamens kann daher gegen unbefugte
Nutzer von Domains durchgesetzt werden.
Probleme wirft allerdings auch
hier das Recht der Gleichnamigen auf. Während zunächst der Prioritätsgrundsatz
gilt (wer zuerst reserviert hat, kann den Namen nutzen), können Ausnahmen
durch die überragende Bedeutung eines Firmennamens begründet
sein, wenn der Firmenname im Geschäftsverkehr sehr hohe Bedeutung
hat.
3. Bürgerlicher
Namen
Wie der Firmenname, ist nach §
12 BGB auch der persönliche Namen gegen die Verwendung durch Dritte
geschützt. Auch hier wirft aber die Gleichnamigkeit von Kontrahenten
erheblicheh Probleme auf.
4. Namen von
Institutionen
Wie individuelle Namen sind vereinzelt
auch die Namen von Institutionen für schutzfähig gehalten worden.
So hat das LG Mannheim in der Sache "heidelberg.de" entschieden, daß
auch die Gemeinde- und Städtenamen dem namensrechtlichen Schutz insb.
des § 12 BGB unterfallen.
5. Titel
Auch der Titel eines Werkes kann rechtlichem
Schutz unterliegen. Ein Werktitel kann auch bei der Benennung von Internet-Seiten
entstehen.
6. Allgemeine
Bezeichnungen
Die Verwendung allgemeiner Bezeichnungen
oder von Gattungsnamen für Internet-Angebote wirft besondere Probleme
auf. So wird etwa die Domain bier.de von der Werbeagentur Terramedia betrieben.
Unter anwalt.de ist die Kanzlei eines einzelnen Anwalts zu finden, ähnlich
unter kanzlei.de. Unter zahllosen weiteren Allgemeinbegriffen sind entsprechende
Angebote registriert. Die Anbieter haben durch die Verwendung der Gattungsbezeichnung
oder des allgemeinen Begriffs erhebliche Vorteile beim Nutzerzugriff, weil
viele Nutzer "auf Verdacht" diese Begriffe eingeben und so zunächst
beim Angebot des jeweiligen Anbieters landen.
Markenrechtlich ist die Schutzfähigkeit
von allgemeinen Begriffen eingeschränkt[10].
Das Gesetz geht davon aus, daß für solche allgemeinen Begriffe
ein Freihaltebedürfnis besteht. Würden sie als Marke geschützt,
könnte der Rechtsinhaber in vielen Fällen die Nutzung des Begriffs
durch Wettbewerber unterbinden. Damit wäre aber in vielen Fällen
die Information über die Ware selbst beschränkt. So wäre
Bierwerbung erheblich erschwert, wenn ein Bierbrauer sich die Begriffe
"Hopfen" und "Malz" als Marke schützen lassen würde und damit
jedem anderen Bierbrauer die Nutzung dieser Begriffe verbieten könnte.
Eine derartige Rechtslage besteht
bei der Registrierung von Domain Namen allerdings nicht. Kein Gesetz verbietet
oder beschränkt die Verwendung von allgemeinen Begriffen als Domain
Name. Die Verwendung ist auch weniger bedenklich, da die Nutzung als Domain
zwar ausschließt, daß ein anderer dieselbe Domain verwendet.
An der Verwendbarkeit im sonstigen Sprachgebrauch ändert die Nutzung
als Domain jedoch nichts. Jeder Wettbewerber kann den Begriff auch weiterhin
für seine Produktbeschreibungen, seine Werbung usw. verwenden. Allein
die "verkehrsleitende" Wirkung im Internet rechtfertigt nach herrschender
Meinung jedoch kein Verbot allgemeiner Begriffe als Domain[11].
V. Neue Top-Level-Domains
Aufgrund einer Verständigung einer
Gruppe von internationalen Organisationen und Internet-Gremien wird derzeit
eine Erweiterung des Katalogs an gTLD's vorbereitet. Zukünftig sollen
sieben weitere gTLD's genutzt werden können, die durch im Wettbewerb
stehende Registrierungsstellen weltweit vergeben werden können. Es
handelt sich um die Domains
.firm for businesses, or firms
.shop for businesses offering
goods to purchase
.web for entities emphasizing
activities related to the WWW
.arts for entities emphasizing
cultural and entertainment activities
.rec for entities emphasizing
recreation/entertainment activities
.info for entities providing
information services
.nom for those wishing individual
or personal nomenclature.[12]
Die Domains können bereits reserviert
werden[13],
es besteht aber weiter heftiger Streit, ob die derzeit maßgeblichen
Institutionen überhaupt zur Regelung dieser Frage befugt sind, ob
die Lösung dem Problem angemessen ist und ob nicht weiter gTLD's erforderlich
wären. Darüber hinaus löst die Erweiterung des Namensraums
nicht das Problem, das durch die Exklusivität und den hohen Marktwert
von Domains mit "starken" Marken- oder Firmennamen aufgeworfen wird. Vielmehr
ist zu befürchten, daß sich solche "starken" Marken jetzt statt
nur der COM-Domain weitere, mehr oder weniger passende TLD's sichern. So
könnte Coca Cola nicht nur unter coca-cola.com, sondern auch unter
coca-cola.web, coca-cola.info, coca-cola.firm, coca-cola.shop und coca-cola.rec
firmieren. Unter Umständen wäre dies - für verschiedene
Kommunikationszwecke, beispielsweise unter .firm nur mit Firmeninformationen,
unter .shop mit Informationen zur Direktbestellung von Produkten usw.,
sogar sinnvoll. Jedenfalls aber kann diese Vorgehensweise zu weiteren Kostenbelastungen
bei den Unternehmen führen, ohne daß die grundlegenden Probleme
des DNS damit gelöst werden könnten.
VI. Zurückbehaltungsrecht
an Domain Namen
Der "Besitz" einer Domain kann auch
zur Durchsetzung anderweitiger Ansprüche genutzt werden. Dazu kann
der Besitzer, also der die Domain konnektierende Provider, ein Zurückbehaltungsrecht
an der Domain nach § 320 BGB geltend machen und die Freigabe eines
Domain Namens verweigern, wenn sein Kunde, der den Namen (grundsätzlich
zu Recht) beansprucht, sich grundlos weigert, offene Rechnungen zu begleichen[14].
VII. Weiterführende
Literatur
-
RA Dr. Stroemer hat die gesamte
Rechtsprechung zur Domain-Namensproblematik
übersichtlich auf einer Seite zusammengestellt; die meisten Entscheidungen
können online gelesen werden.
-
Einen guten Überblick über
die Rechtsfragen bei der Domain-Namen-Wahl gibt Ulrich Werner auf seiner
Webseite
"Schutz von
Kennzeichen, Marke und Name".
-
Ebenfalls informativ ist eine
Übersichtsseite
der Akademie Online Recht zum Thema. Auf den Rechtsprechungsseiten der
Akademie finden sich zahlreiche Entscheidungen, die sich mit der Frage
der Domain-Namen befassen.
-
Der sehr lesenswerte Aufsatz
"Identität zu verkaufen"
über das Domain-Name-System und seine Weiterentwicklung stammt von
Martin Recke.
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]
[1]
RFC 920
[2]
DENIC eG,
RICHTLINIE ZUR VERGABE
VON DEUTSCHEN INTERNET- DOMAIN's, Stand: 15.05.1997, überarbeitete
Fassung vom 01.11.1997
[3]
DENIC, Ihre häufigsten Fragen, unsere Antworten, Abschnitt "
Wie und wo beantrage ich meine
eigene Domain?"
[4]
Mitgliederliste
des DENIC
[5]
DENIC eG,
RICHTLINIE ZUR VERGABE
VON DEUTSCHEN INTERNET- DOMAIN's, Stand: 15.05.1997, überarbeitete
Fassung vom 01.11.1997
[6]
DENIC eG,
RICHTLINIE ZUR VERGABE
VON DEUTSCHEN INTERNET- DOMAIN's, Stand: 15.05.1997, überarbeitete
Fassung vom 01.11.1997
[7]
Einen guten Überblick bietet der Website der Rechtsanwälte Strömer
und Withöft, "
Entscheidungssammlung Online-Recht";
auch auf den Seiten der Online-Akademie "Akademie.de" findet sich eine
umfangreiche
Rechtsprechungssammlung
sowie eine kurze
Zusammenfassung
des Standes der Rechtsprechung
[8]
Vgl. zum Ganzen Weinknecht, Jürgen,
Gutachten zu dem Urteil
des LG Bochum vom 24. April 1997 - "krupp.de"; Bettinger, Torsten,
Anmerkung zum Beschluß
des OLG Fankfurt am Main vom 17. 2. 1997 (6 W 5/97)
[9]
Das
Markengesetz ist
online zu finden bei Transpatent
[10]
Der BGH hat in einem Beschluß vom 23. Oktober 1997 ("BONUS") eine
neue Linie eingeschlagen, nach der auch allgemeine, beschreibende Markennamen
unter bestimmten Bedingungen zulässig sind.
[11]
Oberlandesgericht Frankfurt/Main,
Beschluß vom
13. Februar 1997, Geschäftsnummer: 6 W 5/97
[12]
THE GENERIC TOP LEVEL DOMAIN MEMORANDUM OF UNDERSTANDING (gTLD-MoU), FREQUENTLY
ASKED QUESTIONS (FAQ), Punkt 2.1, "
What are the
new generic Top Level Domains?"
[13]
Informationen zur Situation finden sich auf dem
DENIC-Server
[14]
Landgericht Hamburg,
Urteil vom 17. September
1996, Geschäftsnummer: 404 O 135/96
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©
Patrick Mayer, 1998 / Alle Rechte vorbehalten / Stand 1998-05-20
/ URL: http://www.artikel5.de/artikel/domain.html
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